"Dead Man Walking" - hat das Team Stronach noch eine Zukunft?

Dass das Team Stronach seine besten Tage hinter sich hat (und selbst diese waren abgesehen von einigen Strohfeuer-Erfolgen auf Landesebene nicht sonderlich glorreich), gehört zu den wenigen Erkenntnissen der österreichischen Innenpolitik, über die weitestgehend Einigkeit herrscht und die in den allermeisten Fällen unwidersprochen bleiben, egal, wer sie zum Ausdruck bringt – mit der eigenen Performance einen derart ehernen Konsens in einer Medienlandschaft erzielt zu haben, die ansonsten dafür bekannt ist, aus noch viel nichtigeren Anlässen  handfeste Kontroversen anzuzetteln, kann schon fast als größte Leistung des TS bezeichnen, das sonst nur durch immer undurchschaubarere Personalrochaden, strukturelle Zerfallstendenzen und interne Scharmützel auffiel. Mittlerweile pfeifen es die Spatzen von den Dächern: das Team Stronach ist dem politischen Untergang geweiht, und wenn es in der Berichterstattung ab und an doch noch Beachtung findet, dann nur, weil ein schadenfreudiger Kolumnist einen genüsslichen Abgesang auf die Formation verfasst oder einer ihrer Repräsentanten durch kontroverse Kommentare auffällt.

Freilich beschwichtigt die Parteiführung (wer auch immer diese gerade ausüben mag): die Steiermark-Wahl werde das Ruder herumreißen, heißt es dort, und was dem verbliebenen Funktionärsapparat wohl Mut machen soll, klingt in den Ohren der meisten Beobachter wie der händeringende Aufruf zu einem letzten, verzweifelten Aufbäumen, bevor die Partei endgültig in der Versenkung verschwindet, die sich längst wie ein Abgrund vor ihr aufgetan hat – die nicht gerade ermutigenden Umfragewerte von 1-2% Prozent sprechen da für sich. Wenig hilfreich erscheint auch der augenscheinliche Versuch, die interne Mobilisierung durch Herausgabe einer eigenen Parteizeitung anzuheizen, wenn die darin veröffentlichten Inhalte sich vor allem durch Home-Stories mit zweifelhafter Außenwirkung auszeichnen, die die eigenen Abgeordneten bei einer „Trachtenhochzeit am Strand“, beim „Reindling-Essen“ oder gar im Tierkostüm abbilden.

Es fiele vor dem Hintergrund der jeder Beschreibung spottenden bisherigen Performance der Partei und vieler ihrer Repräsentanten nur allzu leicht, die Implosion des Team Stronach einzig und allein mit Spott und Häme zu quittieren. Wer sich darauf beschränkt, verkennt aber eine andere, wenig beachtete Tatsache, nämlich jene, dass es sich bei dem TS ursprünglich nicht nur um die tragikomische Karikatur seiner selbst handelte, zu dem es mittlerweile verkommen ist, sondern um ein in der Theorie von der Stoßrichtung her durchaus stimmiges Projekt, das nur leider in der Praxis vollkommen unbeholfen und dilettantisch umgesetzt wurde. Richtig aufgezogen hätte die Partei es durchaus schaffen können, ein von den etablierten Parteien wenig beackertes Wählersegment für sich zu besetzen und dadurch eine kleine, aber feine ideologische Nische für sich zu besetzen, der durch vielfältige Koalitionsoptionen mit den übrigen bürgerlichen Parteien im Optimalfall sogar die Position des Königsmachers hätte zufallen können.

Hätte das Team Stronach glaubwürdig wirtschaftsliberale mit wertkonservativen Positionen verbunden und sich auf dieser Basis ein kohärentes, inhaltlich stimmiges Programm  gegeben (das sich nicht nur auf hohle Worthülsen wie „Wahrheit, Transparenz und Fairness“ beschränkt), wäre es zweifellos zum ernsthaften Bewerber um die Gunst vieler bürgerlicher Wählerkreise avanciert, die sich im übrigen Parteienspektrum nicht wiederfinden und denen die ÖVP wahlweise zu konturlos oder zu strukturkonservativ, die FPÖ aber zu dumpf und offen xenophob ist. Auch den Neos hätte eine derartige Bewegung einige Wähler entziehen können, da die urbanen Bobo-Allüren der Pinken und einige ihrer Kandidaten (wie der antiklerikale Klamaukatheist Niko Alm) vielen traditionelleren bürgerlichen Milieus – vor allem auf dem Land – trotz inhaltlicher Affinität nach wie vor suspekt bleiben.

Schade nur, dass das Team Stronach seinen Moment ungenutzt verstreichen und seine Chance auf ein bescheidenes, aber ehrbares und bereicherndes Nischendasein im österreichischen Parteienspektrum verpuffen ließ. Für die Realisierung einer seriösen bürgerlichen Alternative, die sich auf halbem Wege zwischen ÖVP und Neos positioniert, bedarf es eben auch einiger kompetenter Führungsfiguren. Und die fehlen dem Team Stronach eben, dessen Personalreservoir sich primär aus abgehalfterten Polit-Irrlichtern zusammensetzt, die fröhlich zwischen Blau, Orange und Stronach hin- und her hüpfen und damit nicht gerade Rückgrat beweisen. Auch die durchaus nicht inkompetente Kathrin Nachbaur konnte mit ihrer hölzernen Art und ihrer fehlenden Emanzipation vom Parteigründer dieses Vakuum nicht ausfüllen, weshalb der Abwärtstrend scheinbar unaufhaltsam weitergeht. Ein kleiner, blasser Hoffnungsschimmer verbleibt zwar: mit Marcus Franz und Georg Vetter besitzt das Team Stronach immerhin noch zwei intellektuelle Kaliber im Nationalrat, die ein konturscharfes bürgerliches Profil aufweisen. Ob sie alleine den Kraftakt zu stemmen vermögen, das Team Stronach von den Toten zu erwecken, erscheint aber sogar an Ostern fraglich.

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Dieter Knoflach

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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