Auch das noch: neben strukturellen Schwierigkeiten wie der Herausforderung, in einem in weiten Teilen ländlich geprägten Bundesland zu reüssieren, sowie organisatorischen Anlaufschwierigkeiten müssen sich die Neos ob der Enns nun auch noch mit schlechter Presse infolge eines veritablen Shitstorms herumschlagen: dieser war über die pinke Partei hinweggefegt, nachdem publik gemacht wurde, dass diese in einer Annonce Wahlkampfhelfer auf 10-40-Stunden-Basis ohne monetäre Vergütung gesucht hatten und lediglich "leckere Croissants und selbst gebackenen Kuchen" sowie "lässige Arbeitskollegen, mit denen man viel Spaß hat und abends auf ein Bier geht" als Lohn in Aussicht gestellt wurden. Prompt sahen sich die Neos als Reaktion darauf einem Schwall an Kritik ausgesetzt, der augenscheinlich von SPÖ-Seite orchestriert und durch einen Standard-Artikel zum Thema befeuert wurde.
Aus dem sozialistischen Umfeld kam freilich die schärfste Kritik, der Grundtenor entsprach dabei den Einlassungen des Gewerkschaftsbosses Helmut Gotthartsleitner, der sich darüber echauffierte, dass, wer "den Berufseinstieg junger Menschen als ehrenamtliche Arbeit bezeichnet" gültige Kollektivverträge unterwandere und "den Betroffenen ihre Zukunftsperspektive" raube. In die selbe Kerbe stießen diverse SPÖ-Mitglieder und unterstützten die offensichtlich parteipolitisch motivierte Kampagne mit allerlei empörungstriefenden Facebook-Postings, die die Neos abwechselnd als unsozial oder weltfremd bezeichneten, da einen solchen Posten - man beachte die obligate Prise Klassenkampf - nur solche Bewerber annehmen könnten, die einen "reichen Unternehmervati" hätten.
Nun stellt sich freilich die Frage, wie es die SPÖ mit dem Ehrenamt hält, schließlich engagieren sich landesweit zahlreiche Bürger auf ehrenamtlicher und damit per definitionem unbezahlter Basis für Vereine und Organisationen, deren Ziele ihren Idealen und Wertvorstellungen entsprechen, und das zumeist in einem Zeitraum, der weit über eine ein- bis zweimonatige Wahlkampfsaison hinausgeht, auf den sich der Arbeitsaufwand des beanstandeten Neos-Posten konzentrieren dürfte. Unterminieren diese etwa auch allesamt "gültige Kollektivverträge" und machen sich somit zum Handlanger der neoliberalen Weltverschwörung, deren Ausläufer die SPÖ im Allgemeinen und Gewerkschafter im Speziellen an allen Ecken und Enden - jetzt offenbar schon im Bereich des ehrenamtlichen Engagements - zu wittern vermeinen? Aber so weit wollen führende Genossen dann offenbar doch nicht gehen: "Das Ehrenamt und die Freiwilligenarbeit sind wesentlich für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Ohne das Ehrenamt wäre die Gesellschaft, so wie sie heute ist, nicht mehr finanzierbar", sagt dazu etwa SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Wie lässt sich dies nun aber mit der Position der oberösterreichischen Genossen in Einklang bringen, die kämpferisch die Kollektivvertragskeule schwingen? Vielleicht so: Ehrenamt schön und gut, aber nur, solange dies nicht dem politischen Gegner zugute kommt. Eine reichliche bigotte Position.
Noch abstruser mutet das Argument an, die von den Neos affichierte Stelle raube Berufseinsteigern ihre Zukunftsperspektiven. Tatsächlich ist es offenkundig, dass sich die Stelle nicht an Berufseinsteiger im eigentlichen Sinne richtet, sondern als teilzeitliches politisches Engagement konzipiert ist, das eine 40-Stunden-Belastung wohl nur zu Intensivwahlkampfzeiten erreichen dürfte. Und als Referenz im Lebenslauf taugt sie allemal, zumal freiwilliges Engagement schon das eine oder andere Mal den Startpunkt für eine profitable Politikerkarriere markiert haben soll - sicherlich auch innerhalb der SPÖ. Über Ehrenämter lassen sich Netzwerke knüpfen und Erfahrungen sammeln, die auch im eigentlichen Brotberuf verwertbar sind. Zuletzt: wen diese Argumente nicht überzeugen, der nehme die Stelle eben nicht an. Wenn jemand aber Zeit und Lust dazu hat und sich für die Neos erwärmen kann, sollte er es sich von grantelnden Genossen nicht vermiesen lassen.
Abschließend sei noch ein Aspekt erwähnt, der in dieser maßlos gehypten Posse ein eher ungünstiges Schlaglicht auf die sich in ihrer vermeintlichen moralischen Überlegenheit suhlenden Sozialisten wirft: während die Neos ihren Wahlkampf aus eigener Kraft und durch private Spenden stemmen müssen und dadurch nur über begrenzte Finanzkraft verfügen, darf die SPÖ-Oberösterreich als Landtagspartei seit Jahr und Tag aus einem vergoldeten Füllhorn schlemmen, das zum Bersten mit Steuergeldern gefüllt ist - Tag für Tag (!) werden auf Landesebene sage und schreibe 75.000 Euro an Parteienförderung ausgeschüttet. Die SPÖ hat also leicht reden, wenn sie den politischen Mitbewerber als unsozialen Geizkragen diffamiert - sie selbst lebt ja relativ sorglos - und ungeniert - auf Kosten des Steuerzahlers, mit dessen Geld sie professionelle Kampagnenmanager einstellen und diese fürstlich entlohnen kann. Wenn sie sich gleichzeitig darüber beschwert, dass die Neos ehrenamtliche Wahlkampfhelfer beschäftigen (müssen), handelt es sich ganz klar um einen Fall, in dem ein bis zum Anschlag vollgefressener roter Krösus mit vollem Mund über den pinken Hungerleider schimpft, weil dieser sich - o Schreck! - anschickt, ihm die steuerfinanzierte Sause zu vermiesen: die Neos fordern immerhin eine Halbierung der Parteienförderung (auch wenn sie sonst in OÖ mit eher wenig Inhalt glänzen und sich stattdessen medienwirksam als Saubermann-Partei inszenieren oder die Landes-ÖVP bekritteln). Zu wessen Gunsten dieser Vergleich ausfällt, sei freilich den Wählern überlassen. Die Umfragen sprechen nicht dafür, dass die SPÖ Oberösterreich am Wahlabend viel zu Lachen haben wird.