Alte Männer auf Motorrädern

12 Jahre bin ich Harley gefahren. Eigentlich, um der Wahrheit die Ehre zu geben, bin ich eher gestanden. Vielleicht 2000 km in der Zeit. Hab mich gefreut, wenn ich sie in der Garage angeschaut hab. Aber es hat mir keinen Spaß gemacht zu fahren. Früher, ja da bin ich gern unterwegs gewesen. Mit 16 mit der MC 50 (die in Wahrheit verbotene 65 ccm hatte) und dann mit der Sachs Ultra. Meist mit meinem Mädl – mit dem bin ich heuer übrigens 30 Jahre verheiratet – drauf. Bei Regen und Schnee. Es folgten viele Motorräder – immer was Anderes. Von der Enduro über die Supermotto bis zur großen Bandit. Dann wollt ich mir nicht mehr wehtun. Und ich wollt auch nicht anreissen müssen, wenn ein Gschwinder zum Überholen ansetzt. Ich war nie so gefestigt da drüber zu stehen. Ich war es leid nach diesen Fahrten, vor Adrenalin zitternd, nicht mal die Zigarette halten zu können. Daher die Harley. Wegen der Idee, der langen staubigen Straße, der Freiheit und, ganz wichtig, wegen dem Leo in dem du damit stehst. Weiß doch jeder, dass das keine Renngurke ist. Aber irgendwie war das nix. Wennst zweimal nur bis zum Bäcker fährst, springt das nicht mehr an weil die Kerzen verdrecken. Es bremst, na sag ma fast nicht, dafür kannst du aber auch nicht schnell ausweichen, wenn wieder mal ein Hutträger nicht aufpasst. Ich hab sie also verkauft. Aber es war trotzdem scharf, so was gehabt zu haben.

Dann war der Platz in der Garage ein Monat leer. Ich ging vorbei und überlegte ob das mein letztes Radl war. Ich hab das immer von den alten Männern gehört: „Das ist das letzte Auto das ich mir kauf“. Vor dem Sterben ist der unausgesprochene Teil des Satzes. Nein, soweit bin ich denn doch noch nicht.

Was aber passt für eine zu mir. Kurz mal einkaufen in der Stadt, eine kleine Hausrunde oder auch eine größere zu zweit. Keine Rennen aber dafür bequem sitzen. Als ich meine neue (für Experten CB 500X, lächerliche 48PS) beim Händler abholte, war die Übergabe ein Aufeinanderprallen zweier Welten. Ich fragte wo der Benzinhahn sei. Der junge Mann hatte keine Ahnung was ich damit mein. Offenbar haben Motorräder so was nicht mehr. Da haben wir einige Zeit aneinander vorbeigeredet. Mit dem Choke war das ähnlich – gibt’s auch schon lange nimmer. Langsam beschlich mich der Verdacht, vielleicht doch nicht am richtigen Platz zu sein. Wer so aus der Zeit gefallen ist, sollte vielleicht nicht mehr aufsteigen auf so ein Ding. Egal. Gekauft ist gekauft.

Alter, wie leicht die Kupplung geht! Und wenn ich den Einser reingibt machts keinen Kracher als ob die Zahnräder aus dem Motordeckel fahren. Der kleine Motor dreht wirklich fein und sitzen tu ich auch gut. Das fährt sich wie ein Klapprad. Ich fahr also meine alten Strecken. Die gibt’s wenigstens noch: Dopplerhütte (ist zwar geschlossen), Katzelsberg, Riederberg, so diese Ecke. Allerdings fahr ich keine Serpentine rund. Verdammt, das konnte ich doch immer. Eine Serpentine besteht immer noch aus einer gebogenen Linie und nicht aus sechs Ecken. Lauter Anfängerfehler: Ich schau knapp vor das Vorderrad und fahr viel zu eng rein. Aber es beginnt mir wieder Spaß zu machen.

Samstag hatte ich 500 km drauf und war bereit für die erste „große“ Ausfahrt zu zweit. Purkersdorf-Pressbaum und dann nach Süden Richtung Hohe Wand unter der Außenringautobahn durch. Ich erkundige mich. Auch die Gattin sitzt bequem. Das Wetter ist angenehm und ich erinnere mich wieder daran, um wie viel näher man an der Natur ist wenn man auf dem Motorrad sitzt. Im Wald wird es kühler, zwischen den Wiesen duftet es betörend und in einem Dorf hält jemand Schweine – nicht zu überriechen. Ich fühl mich wohl, es ist ein bisschen wie früher. Nicht viele Dinge machen dir diese Türe auf, die eigentlich längst zu ist. Manchmal passiert es aber doch. Mir auf dem netten kleinen Motorrad, gemeinsam mit meiner Frau an diesem Samstag. Ich summe „the wanderer“ in den Helm und swinge dahin.

Als mich auf einer breiten Bundesstrasse – ich roll mit einem Hunderter dahin – ein alter Sharan dringend überholen muss, ficht mich das nicht an. Links und Rechts steht das Gras sehr hoch, ich muss kein Reh schnupfen. Gute Fahrt mein eiliger Freund. Es ist nicht nur scheisse 48 zu sein. Mit 18 hätte ich gemusst. Jetzt nicht mehr. Mag sein, dass ich der Wappler bin, den ich damals belächelt habe. Aber ehrlich: Es ist viel entspannter.

Nach einem Rindsbraten mit Nudln beim Postl machen wir uns wieder auf den Weg. Es donnert und es fallen einige schwere Tropfen. Ich fahr nicht gerne im Regen. Wir sind aber schneller als das aufziehende Gewitter und kommen trocken zu Hause an. Was für ein super Tag.

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Michlmayr

Michlmayr bewertete diesen Eintrag 06.06.2017 21:51:25

Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 06.06.2017 21:49:08

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