Ein Kaffee, zwei Butterbrote und der Zonko

Ich war nie das, was man einen Fan nennt. In sehr jungen Jahren hat mich zwar der Winnetou beeindruckt, später der Prohaska Herbert, einen echten Fankult habe ich aber nicht getrieben.

Einen gibt es jedoch, der mich über die Jahrzehnte begleitet und mir viel Freude gemacht hat:

Den Mag. Fritz Triendl alias Zonko.

Für die, die nicht Motorrad affin sind: Der Zonko ist DER österreichische Motorradjournalist.

Er begann seine Karriere beim Reitwagen zu einer Zeit, als für mich das Thema interessant wurde. Ich verschlang seine Berichte. Das Besondere war für mich, die Betonung der Gefühlsebene. Die Implikationen fernab von Beschleunigung, Lenkkopfwinkel oder Kurvenstabilität. In seinen Betrachtungen schwang stets der Blick des studierten Philosophen mit. Im Geiste konnte ich mitfahren und erleben, was er erlebt hat.

Ich fahre inzwischen das 10. oder 11. Motorrad. Viele davon kaufte ich, weil er mich angespitzt hat. Mich lockte nie der Haufen Eisen. Angezogen hat mich die Geschichte, die ihm der Zonko, durch den Auspuff über den Tank, eingeblasen hat.

Ich war gierig nach den Abenteuern. Wollte auch, nach hunderten Kilometern, hinter der nächsten Kurve das Meer daliegen sehen. Den Salzgeruch hätte ich ja schon seit Minuten in der Nase gehabt.

Es gab andere Schreiber, die das Thema Zweirad, hoch professionell und nüchtern abhandelten. Da blieb keine technische Frage offen. Die interessierten mich kaum.

Nein, es mussten die beseelten Erzählungen des Zonko sein. Das Herbrennen der „Bürgerkäfige“ – seine Wortschöpfung – und der emotionale Zugang zum Gerät entflammten meine Begierden.

Er war für mich die Antithese zum teutonisch, sachlichen Zugang der Anderen.

Irgendwann entfernte ich mich etwas vom Thema. Ich las den Reitwagen nur mehr sporadisch. Ich hatte zwar immer ein Motorrad, meist parkte es aber in der Garage.

Wenn ich es startete, fuhr ich in aller Regel in die Arbeit und nicht in den Sonnenuntergang.

Vor einigen Jahren beendete er seine Mitarbeit beim Reitwagen. Vielleicht war es auch umgekehrt – keine Ahnung. Das hätte es gewesen sein können, mit mir und dem Zonko.

Als ich, es war irgendwann im vorigen Jahr, mich wieder für das Thema zu interessieren begann, verwendete ich das Medium unserer Tage: Ich schaute mich im Netz um.

Groß war die Freude, als ich dort auf meinen alten Freund – er weiß gar nicht, dass er das ist – stieß. Er verbreitet nun seine Geschichten über Videos. Zum Teil auf youtube aber auch auf FB. Er macht das über seine eigenen Kanäle und als Mitarbeiter des neuen Platzhirschen „1000PS“. Er schreibt auch noch für Zweiradmagazine, die haben aber ihre marktbeherrschende Position inzwischen eingebüßt.

Für mich war Zonko synonym für den kunstvoll geschriebenen Text. Ich war wirklich überrascht, dass er seine Tugenden in das neue Format übertragen konnte. Etwas anders, aber nicht schlechter. Ich bin begeisterter Zuhörer/Seher, wenn er die Triumph an der kroatischen Adriaküste einparkt, sich daneben hinsetzt und zu erzählen beginnt. Über das Radl, über den Valentino Rossi in Wien, über einen wheelenden Kollegen und über Cevapcici.

Er überträgt auch direkt aus seinem Wohnzimmer. Er baut dort seine Gerätschaften auf, verheimlicht nicht, dass er kein großer Techniker ist, drückt auf Aufnahme, geht zu seinem Sessel, raucht sich ein Pfeiferl an und erzählt. Manchmal spaziert sein Kater durchs Bild. Ich habe meinerseits bereits ein Häferl Kaffe und zwei Butterbrote auf dem Couchtisch neben mir stehen und freue mich auf das Kommende. Er erzählt etwa, wie sich das so verhalten hat in seinem Leben. Als er etwas studiert hatte, das ihn interessiert und ständig gefragt wurde, was er denn später damit machen wolle. Da sei nicht viel anzufangen mit seinem Studium. Und seine verständnislose Reaktion: „Das ist aber irrsinnig leiwand. Des mach ich gern.“ Was in zehn Jahren sein wird, hat ihn nie beschäftigt, sagt er. Er stellt sich das so vor, dass er in einem Fluß schwimmt und da treiben immer wieder Hölzer vorbei. Na, und wenn ihm eines passt, dann greift er zu. Er erzählt, dass das eigentlich immer so funktioniert hat. Ich sitz vor dem Fernseher und freu mich. Ich kann das gar nicht, dieses Laufenlassen. So schön, dass einer mit diesem sympathischen Entwurf durchkommt. Ich hoffe, es gelingt ihm immer wieder. Ich vermute, dass das einer der Gründe ist, weshalb ich ihm so gerne zuhöre: Er vermittelt dieses grundsätzlich Weltvertrauen. Und er ist positiv – aber wie! Selbst wenn es um Vandalismus geht in seinem „Brennraum“. Dort können die virtuellen Gäste mit ihm plaudern. Es schüttet ihm des Nachts ein Bösewicht eine pickerte Limonade über das blitzblanke Motorrad. Er ärgert sich, aber er ufert in seinem Ärger nicht aus. Er überlegt angestrengt, was die Leute dazu bringt, so was zu tun. Er ist sicher, dass Vandalismus fast ausschließlich auf das Konto junger Männer geht. Er fragt sich mehrerlei: Wieso keine jungen Frauen? Was sind die Motive der Vandalen? Und, woher kommt eigentlich der Begriff „Vandalismus?

Er ist interessiert an der Welt, aber er scheißt nie klug. Er ist einer von denen, die sich in der Selbstdarstellung eher den Zentimeter kleiner als den üblichen Meter größer machen. Eine Wohltat.

Ich hab mir grad einen seiner Berichte angesehen und mir gedacht, dass dieser feelgood-Nachmittag auch anderen gefallen könnte. Machts Euch einen Kaffee und mindestens ein Butterbrot. Und schauts Euch den Zonko an. Selbst wenn Euch Motorradln so gar nicht interessieren.

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