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Ich hab so einen pulsierenden Schmerz in der Fußwölbung des linken Beines. Der hat sich vor etwa drei Monaten das erste Mal gemeldet. Ich lieg so auf der Couch, denk an was Schönes, und es blitzt auf, flaut ab, blitzt auf, flaut ab. Ich google sofort „Fußkrebs“. Ich stelle fest, dass es das gibt, verliere mich aber bei den bunten Bildern der kleinen Krebse. Was nicht alles in unseren Gewässern lebt. Die Panik ist im Moment nicht so groß. Ich bin noch leicht abzulenken. Noch! Am nächsten Tag wieder: blink, blink macht der Fuß. Ich beschließe meine, seit 6 Monaten abgelaufenen, Novalgin-Tropfen einzusetzen. 30 darf ich nehmen, steht auf dem zerwuzelten Beipackzettel. Ich lasse 60 in meinen Zahnputzbecher tropfen. Sicher ist sicher. Als ich mich mit meinem Buch über Gerard Depardieu Leben ins Bett lege, beginnt auch das Schienbein zu pochen. Gleich darauf meldet sich noch das Knie und dann solidarisiert sich die linke Arschbacke: poch, poch. Ogottogottogott. Das ist was Ernstes!
Ich nehme noch ein Thomapyrin. Hilft auch nicht.
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Über die nächsten Tage bin ich Schmerz. Nicht, weil der während des Tages so schlimm wäre. Es ist ein fast ausschließlicher Ruheschmerz. Aber ich leide in der Nacht und unter Tags befasse ich mich mit der eigenen Endlichkeit. Werde ich vor der Zeit abberufen? Gibt es ein Leben nach dem Leben und einen gütigen Gott? Ich glaube nicht, bin aber in der Panik bereit zu Konzessionen. Ich verschiebe den Arztbesuch Woche um Woche. Unser Gesundheitssystem leidet ohnehin unter chronischem Geldmangel und der Arzt ist so…ärztlich. Er verwendet allerlei Instrumentarien, darunter Nadeln in verschiedenen Stärken. Da bin ich nicht dafür. Ein Durchstechen der Epidermis stellt eine eindeutige Grenzverletzung dar.
Ich warte also 6 Wochen ab. Verdammt! Das wird nicht besser. Ich fahr also zum Doktor. Meiner hat so einen Polenschnauzer, ist etwa 1,60 groß und trägt solche Anzüge wie sie mein Opa immer vom Nachbarn bekommen hat, nachdem der sie aussortierte. Opa sagte immer: „Die bekommst einmal du Bua.“. Ich liebte meinen Opa sehr. Über dem Anzug trägt meine medizinische Vertrauensperson in der kühleren Jahreszeit eine zerknitterte, grüne Natojacke. Also nicht während der Behandlung, sondern beim Öffnen der Praxis. Ich mag seine Gesamterscheinung ganz besonders. Sie ist so unsteril. Ich trage meine Beschwerden vor. Er wirkt, während er lauscht, wie Horst Eckert, der Schöpfer der kleinen Tigerente. Ich würde mich eigentlich lieber über die mit ihm unterhalten. Ich hab sie immer sehr gemocht. „Herr Doktor, was halten Sie vom kleinen Waldbären mit der Tigernase?“, frage ich trotzdem nicht. Die Sache ist dafür zu ernst. Er sinniert so vor sich hin und schickt mich dann zum Röntgenarzt. Der weitere Plan ist, wenn das nix ergibt, dieser: Venen-Ultraschall und danach MR. Er verschreibt mir Novalgin Tabletten und so ein süchtig machendes Schlafmittel: Zolpiirgendwas. Ich stehe nämlich schon seit Wochen fünfmal pro Nacht auf und wandere durch die Wohnung; wegen dem Pulspuls, Blinkblink. Ich bin schon ganz mürbe. Gibt es nicht so indische Yogis, die es wochenlang ohne Schlaf aushalten? Harte Schweine, die Inder!
Das Röntgen ergibt eine linkskonvexe Rotationsskoliose und befriedigt den Doc. Das könnte die Beschwerden erklären. Mir wär das auch lieber als Fußkrebs. „Herr Doktor, was mach ma?“. „Hmm“, meint er. „Da kann man nicht viel machen.“. „Ja, aber“, werfe ich ein „Ich kann ja nicht ewig diese Schlafpulver nehmen. Die machen süchtig!“ „Ja“, meint er. Ich hoffe, er glaubt jetzt nicht, ich sei so ein hysterischer Homöopath. Ich steh eh wahnsinnig auf richtige Medikamente. Bachblüten sind nicht so mein Ding. „Wir können es ja mal mit einer physikalischen Behandlung versuchen.“. „Hmm“, sage diesmal ich. An das glaub ich nämlich auch nicht so richtig. Ist das nicht so was Halbärztliches? Aber gut, es ängstigt mich jetzt nicht besonders. Die stechen einen glaub ich nicht. Nein, oder? Er gibt mir eine Überweisung.
Daheim google ich „physikalische Behandlung, Ottakring“. Ich verlasse meinen Bezirk ungern. Ich bin wie Hunde, die sich im eigenen Revier besonders sicher fühlen.
Ja, es gibt da einige. Ich weite aber doch auf die Nachbarbezirke aus, wenn die Lage des Instituts nicht gar so städtisch ist. Eines gefällt mir gut. Ich drehe mich mittels Google auf der Straße und kundschafte die Gegend aus. Das mach ich auch bei Reisen nach Andalusien, um schon im Vorfeld zu klären, wo ich parken werde. Ist dieser Stellplatz dann belegt, bin ich, wenigstens kurz, orientierungslos. Sich überraschen lassen ist nicht meins. Eine Haltung für Hasardeure. Das brauch ich nicht. Also die Strasse vor dem Institut kenn ich. Die gab es schon, als ich noch klein war. Die haben zwar umgebaut – die Trottl – aber besser als absolute Fremde ist das allemal. Ich lese die Bewertungen. Einige waren zufrieden – sicher Fake. Ich schau mal zu den schlechten. Alter Schwede: Unfreundlich! Nein, das kann ich gar nicht brauchen. Ich bin dort in einer psychischen Ausnahmesituation. Und da. Noch eine Klage! Die Dame bekam eine Massage verordnet. Der Masseur machte beim Entre lustige Witze mit ihrem Namen. Ok, passt. Das halt ich aus. Mit meinem Namen bin ich schon durch manches Stahlbad gegangen. Ich bin abgebrüht. Aber, es wird noch schlimmer: „Bei der Massage spreizte er mir immer die Pobacken unnötig weit auseinander.“. „Spreizt die Pobacken!!!?“. Und „unnötig weit!“. Ich fall fast vom Sessel. Erst treibt der Sadist Namensspiele und dann geht’s ans Eingemachte? Ich glaub es nicht! Und es gibt ein „nötiges Spreizen“ der Arschbacken bei der Prozedur. Ohjeohjeohje. Das wird ja immer härter. Das wäre meine erste Massage. Ich hab das stets vermieden. Mit dem Konzept der Fremdberührung wurde ich nie recht warm. Ich halte das wenigstens für hinterfragenswert. Dieses dauernde Gefummel.
So mit 13 erkannte ich, dass das mit Frauen wohl nötig oder gar wünschenswert ist. Allerdings auch nur in speziellen, klar umrissenen Situationen. Männerberührungen brauche ich aber gar nicht. Um es kurz zu machen: In diese Anstalt der Barbarei bringen mich keine zehn Pferde.
Ich habe inzwischen ein anderes Institut gefunden, von dem derlei Dinge nicht an die Öffentlichkeit gedrungen sind. Dort hab ich heute meinen ersten Termin. Beunruhigt bin ich aber doch ein wenig. Was, wenn der Lustmasseur den Ort seiner widerwärtigen Aktivitäten verlegt hat? Er zieht vielleicht eine Spur des Spreizens quer durch Österreich. Und wie es das Schicksal so will, lauert er auf sein nächstes Opfer. Scheiße! Warum immer ich? Das wird ein Gezerre. Er wird nach außen spreizen und ich mit aller Macht zammzwicken. Mir bleibt auch nix erspart.