Neunjährige retten die Welt: Bildung als ernstes Spiel

Diese Woche war John Hunter mit seinem World Peace Game, auf Einladung von Globart und NEOS Lab, zu Gast im Haus der Industrie.

Sein TED Talk hat mittlerweile fast 1.2 Millionen views.Ich hatte die Freude, den Abend zu moderieren und erlebte einen Menschen der inspirierend, berührend und dabei bescheiden und selbstironisch war.

The original gameification

Gameification, also der Ansatz Probleme als Spiele zu verpacken, und insbesondere „serious games“, also ernste Spiele, werden immer öfter als Zukunft der Bildung genannt. Spielerisches Lernen funktioniere effizienter und nachhaltiger, so Expert_innen. Hunter entwickelte das World Peace Game als Lehrer an einer kleinen Schule in Virginia bereits vor 40 Jahren. Er war seiner Zeit also weit voraus. Leider ist es noch immer so.

Bei dem Spiel werden 9-jährige mit den großen Herausforderungen und globalen Risiken unserer Zeit regelrecht überflutet: Klimawandel, Atomkrieg, Ressourcenknappheit – mit insgesamt 50 miteinander verknüpften Problemen werden die Schüler_innen konfrontiert. Überforderung und Verwirrung, so Hunter, seien die besten Voraussetzungen für tiefe Lernerfahrungen.

„The teachers are facilitators, the kids run the show“

Die Ernsthaftigkeit wird noch dadurch unterstrichen, dass Hunter den Kindern die Freiheit gibt, mit ihren Armeen gegeneinander in den Krieg zu ziehen, einander zu behindern und zu sabotieren. Er will ihnen keine heile Welt vorspielen, so Hunter, deshalb müssen die Kinder lernen dass ihre Handlungen Konsequenzen haben, und sie dafür Verantwortung übernehmen müssen. Er als Lehrer sei nur der Coach, so Hunter – die Kinder organisierten sich Großteils selbst. Am Ende kann das Spiel nur gewonnen werden, wenn alle gewinnen. Und irgendwann im Laufe des mehrtägigen Spiels macht es Klick, und die Kinder haben verstanden. Empathie und Mitgefühl seien dafür entscheidend.

„What do you want me to tell the President?“

Dass das World Peace Game als ernstes Spiel auch von offizieller Seite ernst genommen wird, zeigt, dass Hunter mit seinen Schüler_innen bereits bei der UNO und im Pentagon sowie vom damaligen US-Verteidigungsminister Leon Panetta im Weißen Haus geladen war. Auch im österreichischen Parlament war Hunter schon zu Gast.

Man kann über Aspekte des World Peace Game diskutieren, etwa warum werden die Premierminister von Hunter bestellt, und nicht von den Kindern selbst gewählt, oder warum es nach der langen Zeit noch keine wissenschaftliche Evaluierung gibt (wer sich vertiefen will, dem sei ein sehr gutes Buch empfohlen).

Klar ist, dass Empowerment, individuelle Potenzialentfaltung und lustvolles Lernen im Zentrum der Erfahrung stehen. Aus meiner Sicht zeigt es einen Weg, wie Erziehung zur Kritikfähigkeit und Mündigkeit erfolgreich funktionieren kann. Besonders in Österreich ist es nach drei Jahrzehnten Stillstand in der Bildung hoch an der Zeit, endlich die notwendigen Reformen anzupacken. Das Rad müssen wir dafür nicht neu erfinden: schließlich gibt es das World Peace Game schon ein Jahrzehnt länger.

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