Es ist überwältigend: Seit viele Leute wissen, dass ich eine Flüchtlingsfamilie beherberge, haben wir so viele Sachspenden erhalten, dass wir teilweise Spielsachen Wäsche und so an andere weitergeben. Oder der Umstand, dass die Eltern nun bei mir „im Zuge der Wohneinheit" kleinere Arbeiten für eine kleine Aufwandsentschädigung (maximal 110 Euro pro Monat, 5 Euro die Stunde pro Person) verrichten dürfen.
Das ist ein Riesenfortschritt. Die letzten Tage haben wir bei internen Meetings nun die Flüchtlingsfamilie im Betrieb vorgestellt. Das war jedes Mal ein sehr angenehmes Gefühl. Wenn man sich kennt, hat man weniger Angst.
Wir verweisen immer auf unsere Politiker, dass die so unfähig sind. Fakt ist aber, dass diese Situation einfach herausfordernd ist. Und zu sagen: „Die anderen müssen was machen" führt zu nix. Es ist toll, wie die Zivilgesellschaft im Moment in Österreich aufsteht und Dinge organisiert und sofort hilft und auch Stunde um Stunde ihrer Zeit, teilweise natürlich auch gegen Geld, herschenkt. Aber bei allem darf man eins nicht vergessen: Es ist ein Unterschied, ob Sie oder ich nach der Arbeit spenden bringen oder Essen kochen. Die Institutionen sind riesige Apparate, die nicht von jetzt auf gleich dieses und jenes tun können - insofern ist es bewundernswert, was ÖBB, das Heer (diese Aktion macht sogar das Herr sympathisch) oder große NGOs machen. Die Kirche fehlt mir noch ein bisserl.? Die Bundesregierung tut auch ihr Möglichstes, wobei sicher manches flotter gehen könnte.
Schließlich ist es ja so, dass es sich um das kleine Österreich handelt, das an EU-Verträge gebunden ist, wo es eine Koalition gibt. Und ja, die haben wir alle gewählt, beziehungsweise die Situation so hergestellt, dass sie koalieren mussten. Denn das vergessen wir oft in der Situation: WIR sind der Staat. Wenn also "die Zivilgesellschaft" aufsteht und was tut, ist das gedanklich dasselbe, wie wenn es die Bundesregierung macht oder das Ministerium XY.
Es macht halt jeder nach seinen Möglichkeiten. Alle zusammen sind wir der Staat. Was ich vor allem bemerkenswert finde, ist, dass viele mitmachen, die sonst nichts getan haben. Dadurch lernt man sich auch kennen, sieht, dass "die Flüchtlinge" ganz normale Menschen sind, die morgens aufstehen, arbeiten wollen und für ihre Familien da sind. Das können sie bei mir. Da lernt man sich kennen. Und so schließt sich der Kreis. Sie kommen, man lernt sich kennen und alle profitieren davon
Und zum Schluss ganz pragmatisch gesehen: Es könnte es schon so sein, dass unsere Wirtschaft dadurch wieder Fahrt aufnimmt - von der menschlichen Komponente einmal abgesehen.