Sind wir allergisch auf Eigenverantwortung?

„Ich verwende alle Allergene,“ sagt der Wirt. „Sollten Sie gegen irgendetwas allergisch sein, verlassen Sie bitte das Lokal.“ Ich bleibe. Schließlich komme ich schon jahrelang hier her zum essen. Gestorben bin ich daran bisher nicht. Die Diskussion rund um die Kennzeichnung der Allergene bei Lebensmitteln nimmt kein Ende. Nicht, dass es diesen Diskurs nicht geben sollte, aber ich will dann auch offen sprechen können. Es ist eine Randgruppe, die es tatsächlich betrifft. Irgendwo bei 0,… bis ein Prozent liegt die Quote der „Hardcore-Allergiker“, die bei der kleinsten Spur von z.B. Nüssen einen Asthmaanfall bekommen. Der Rest sind Modeallergiker. Auf der Suche nach einer Allergie gehen die Leute zum Arzt ohne Symptome zu haben. Die Untersuchungsmethoden sind dabei so fein, dass jeder etwas finden kann, wenn er will. Klar, auch veränderte Umwelteinflüsse können dazu beitragen, jedenfalls steigt die Zahl der Allergiker immer weiter und auch die der Testmethoden. Da sagt der Staat wir müssen was unternehmen.  Heuer sind ca. 70 Menschen bei Motorradunfällen ums Leben gekommen. Nach diesem Prinzip müsste also eigentlich Motorradfahren verboten werden, oder?

Der Wandel zu der momentan überempfindlichen Gesellschaft zieht immer weiter ihre Kreise. Wenn eine Mutter ihrem Kind zu dessen Geburtstag einen Kuchen bäckt und diesen dann aus Angst vor Allergien der Freunde nicht in die Schule mitbringen kann, dann läuft wohl etwas falsch. Was ist die Folge? Schulkantinen werden geschlossen. Lieblingsspeisen der Kinder wie Spaghetti, Schnitzel oder Pizza werden zu hochkarätigen Allergielieferanten. Was hat man nun davon? Ist man vielleicht doch etwas über das Ziel hinausgeschossen?

Die Menschen sollten etwas mehr auf sich selbst hören und auf sich selbst vertrauen. Schließlich sind wir alle mit einem Sensorikorgan ausgestattet. Bestes Beispiel Sauerkraut. Sauerkraut ist eine Histaminbombe. Nun glaubt man, dass ein Histaminüberschuss zu Kopfweh führen kann. Wer also vom Essen Kopfweh bekommt, wird ganz automatisch Sauerkraut meiden. Ich mag es übrigens auch nicht.

Die Menschen müssen also wieder lernen, mehr in sich hinein zu hören. Sonst kommt es zu einem Problem. Denn die Gewinner dieser Abhängigkeit ist die Industrie. Die Konzerne haben großes Interesse daran, dass die Bevölkerung auf die ganze Allergene-Thematik anspringt. Was darf ich essen, was nicht? Für den industriellen Pizza-Hersteller ist es kein Problem, bei seiner Massenproduktion auf jegliche Zutaten hinzuweisen. Der Wirt um die Ecke hat es aber schwieriger. Liegt in der Küche Sellerie neben dem Suppentopf, so muss er „kann Spuren von Sellerie“ auf die Suppe schreiben. In einer kleinen Küche ist ein so abgeschirmtes Arbeiten nicht möglich.

Die großen Konzerne drehen diesen Spieß nun um. Sie schreiben nicht bloß drauf was alles drinnen ist, sondern werben damit, was nicht drinnen ist. So wird in den USA glutenfreies Wasser verkauft. Wasser. Glutenfrei. Und die Leute kaufen das – aus Angst krank zu werden.

Natürlich ist es für die Hardcore-Allergiker gesundheitlich wichtig zu wissen, was wo drinnen ist, das ist keine Frage. Ich will auch gar nicht sagen, dass alles schlecht ist mit dem neuen System, nur die Umsetzung kann und wird Probleme mit sich bringen.

Wichtig ist, dass die Menschen nicht all ihre Verantwortung abgeben. Beispiel Laktose: Alle Menschen sind ab ihrem dritten Lebensjahr evolutionsbedingt laktoseintolerant. Nachdem das Stillen beendet ist, verträgt ein Mensch einfach keine Mutter- oder Kuhmilch. Durch den Beginn der Viehzucht hat sich das etwas verändert. Worum es aber geht ist, dass wir bisher damit gelebt haben. Und nur weil ich jetzt erfahre, dass ich eine Laktoseintoleranz habe drehe ich nicht sofort von Null auf Hundert bzw. von Hundert auf Null. Also: Gibt es noch irgendwo Menschen mit Eigenverantwortung? Ich hoffe es. Sonst haben wir in Zukunft nur noch Einheitsbrei.

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Filipp Seiner

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