Wieder einmal war ich mit meinem Kollegen in Polen unterwegs. Wir hatten alle unsere Termine erledigt und machten uns im Auto auf den Rückweg. Er war der Fahrer. Im Hotel meinte er noch, er dürfe nicht zu tanken vergessen. Wir fuhren also los. Im Gespräch über die Aufgaben, die wir nun zu erledigen hatten, fuhr er an der ersten Tankstelle vorbei. Macht nichts, wir waren ja noch in der Stadt, da würde bald die nächste kommen. Sie kam auch, doch er war gerade am Telefon zu einem schwierigen Thema und fuhr trotz meines Gestikulierens weiter. Nun waren wir aber schon aus der Stadt draußen und fuhren auf die Autobahn auf. Er meinte, zur Not müssten wir halt an der ersten Ausfahrt abfahren und dort eine Tankstelle suchen. Aber auch die ließ er links liegen, denn so wie es aussah, war das nicht nötig. In der Ferne sah ich nämlich ein großes Schild einer Tankstellengesellschaft. Mein Kollege, dem schon die üblichen Schweißperlen auf der Oberlippe standen, atmete sichtlich auf. Nur nicht ohne Benzin liegenbleiben, das wäre umständlich, zeitraubend und irgendwie auch peinlich. Einer von uns müsste per Autostopp zu einer Tankstelle und mit einem Kanister Benzin wieder zurückkommen. Aber das war ja nun alles hinfällig, wo wir die Tankstelle schon vor Augen hatten. Schwungvoll und freudig erregt fuhren wir von der Autobahn ab - und machten eine Vollbremsung. Bei der Abfahrt war nämlich ein Band gespannt und ein Schild aufgestellt - man freue sich auf die morgige Eröffnung!
Was nun? Die letzte Abfahrt war vor der Tankstelle gelegen und wir hatten sie natürlich nicht genommen. Das hieß, wir würden auf jeden Fall 20 km weiter auf der Autobahn fahren müssen. Zu Geisterfahrern würden wir nicht werden. Inzwischen blinkte die Zapfsäule auf der Tankuhr schon ganz heftig und bimmelte dazu. Nichts anderes blieb uns übrig als weiterzufahren. Auch mir stiegen schon die Schweißperlen auf der Oberlippe auf.
Endlich kam die Abfahrt. Aber wo im Ort würden wir den dringend benötigten Treibstoff finden? Da sahen wir einen Mann am Straßenrand gehen. Wir bremsten uns ein. Unser Polnisch bestand wie so viele andere Sprachen aus Bitte, Danke, Guten Tag, Auf Wiedersehen etc. Nach der Tankstelle fragen war nicht inbegriffen. Also baute mein Kollege ein deutsches Wort beherzt um und fragte voller Hoffnung "Benzina?" Der Mann antwortete in perfektem Deutsch "Ach, eine Tankstelle suchen Sie? Einen km gerade aus, dann zwei Mal links. Gute Fahrt wünsche ich!" Na das war ja zumindest ein Lichtblick auf unserer Odyssee. Jetzt mussten wir nur noch den einen Kilometer schaffen. Und es funktionierte! Erleichtert atmeten wir auf, als sich der Zeiger der Tankuhr langsam wieder auf die andere Seite drehte.
Dann brausten wir mit vollem Tank zurück nach Österreich.
Ach ja, Benzin heißt auf Polnisch übrigens bencyna.
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