Memoiren einer Geschäftsreisenden - mein erstes und letztes Golfturnier

Bei allem, was mit Bällen zu tun hat, bin ich eine Niete. Ein ständiges Ärgernis für meine Turnlehrerin beim Volleyballspielen, gab ich all meine Ball-Ambitionen am Tag meiner Matura auf. Allerdings machte ich hie und da manchen Golfspielern die Freude und probierte es auch einmal aus. So ein Golfplatz ist ja oft in einer schönen Landschaft, und das Essen im Clubhaus kann auch sehr interessant sein. Aber mein Schläger beim Abschlag zog entweder nur durch die Luft oder landete im Sand. Jeweils mehrwöchige starke Schmerzen im Ellbogen waren die Folge.

Im Geschäftsleben lässt sich allerdings der Gang auf den Golfplatz nicht immer vermeiden. So nahm ich an einem großen Meeting in Vancouver, Kanada, teil. Die Freizeitgestaltung war - ein Golfturnier! Sich drücken geht nicht, man darf kein Spielverderber sein. So wurde ich noch schnell mit einem Handschuh ausgestattet und erhielt einen zehnminütigen Crash-Course in Golf. Dann wurde ich schon auf den Platz gejagt, der übrigens optisch ein Traum war mit den Bergen im Hintergrund. Die Kanadier sind ja bekanntlich sehr freundliche Leute und so kam ich ins Team eines passionierten Golfspielers. Der Arme musste mich jetzt das ganze Turnier lang mitschleppen. Er erzählte mir, dass er jeden Tag extra früh aufstand, um seine Arbeit schon am Nachmittag beenden zu können. Dann trainierte er fast täglich drei bis vier Stunden. Na das konnte was werden!

Ich durfte anfangen. Es war wie immer - ich traf den Ball nicht, schlug in die Luft oder brachte ihn gerade einmal zehn Meter vorwärts. Mit einem Wort ein Trauerspiel. Mein armer Mitspieler gab mir Tips, aber nichts half. Dann durfte er ran. Ein Abschlag und ich konnte den Ball nicht mehr sehen. Er flog über Baumgruppen und sonstige Hindernisse und landete da, wo ich ihn mit freiem Auge gar nicht mehr erkennen konnte. Aber er landete immer nahe beim Loch. Unglaublich! Noch zwei, drei Schläge und drin war er!

So ging das dahin, über mehrere Stunden. Ich versagte kläglich, und er wurde immer besser. Irgendwie war ich froh, als das Drama sein Ende nahm.

Am Abend gab es ein großes gemeinsames Abendessen. Die Ergebnisse des Turniers wurden bekanntgegeben. Mir tat mein Mitspieler Leid, denn ich hatte ihm sicher total die Wertung versaut. Doch nein, der erste Platz ging an ihn und mich! Er hatte so gut gespielt, dass mein Versagen sich überhaupt nicht auswirkte. Ich bekam einen Mega-Applaus, eine Trophäe mit der Aufschrift "Gewinnerin des Golfturniers" und eine Dose superteure Golfbälle. Es war irgendwie peinlich.

Die Trophäe stellte ich mir im Büro ins Regal und die Dose mit den Golfbällen zu Hause im Vorraum gleich neben dem Eingang. Auf diese Weise beeindruckte ich noch viele Jahre meine Besucher mit meinen hervorragenden golfspielerischen Leistungen …..

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Silvia Jelincic

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