Ich war jung und bewarb mich bei einer Firma, in der man tatsächlich der Meinung war, dass man ein Exportgeschäft machen kann, ohne das betreffende Land jemals zu besuchen. Ich nahm den Job trotzdem und dachte mir "Die werden schon noch draufkommen, und im Notfall kündige ich halt wieder".Kroatien hatte gerade den Krieg mit Serbien beendet, oder so dachte man zumindest. Aber dazu später. Die Geschäfte liefen gut an und entwickelten sich bestens. Der kroatische Geschäftspartner lag mir in den Ohren, dass ich mir doch nur ein Bild vom dortigen Markt machen könne, wenn ich vor Ort wäre. Ich war ganz seiner Meinung, aber Reisen waren in der Firma nun einmal nicht vorgesehen und man ging von dieser Regel nicht ab.Nachdem es meinem Kunden aber ein großes Anliegen war, fanden wir eine Lösung. Ich nahm mir drei Tage Urlaub, der Kunde buchte mir einen Flug und ein Hotel in Zagreb - auf seine Kosten. Verrückte Welt, aber so war es.Es wurde mir abgeraten, mit dem Auto zu fahren, es wäre vielleicht noch zu gefährlich. Daher flog ich. Der Anflug nach Zagreb war etwas seltsam, auf geringer Höhe grundelten wir dahin und flogen seltsame Kurven, bevor wir landeten.Untergebracht wurde ich im Hotel Esplanade im Stadtzentrum, heute ein Luxushotel und auch für die damaligen Verhältnisse ganz in Ordnung. Ich bezog ein Zimmer im Dachgeschoß und genoss die Aussicht.Kurz und gut, das Geschäftliche war sehr interessant und brachte mich in meiner Arbeit einen Schritt weiter. Der Kunde war zufrieden und die Basis für eine gute Zusammenarbeit war gelegt.Drei Tage nach meiner Rückkehr nach Wien fand der allerletzte serbische Angriff auf Kroatien statt, und zwar auf das Nationaltheater im Zentrum Zagrebs. Es steht gleich neben dem Esplanade-Hotel. Und weil man schon dabei war, hat man gleich das Dachgeschoß des Hotels auch ein bisschen beschossen. Im Fernsehen sah ich Bilder zweier ausgebrannter Zimmer - meines und des Nebenzimmers.In der Firma wußte man von all dem nichts. Man dachte, ich hätte Kurzurlaub gemacht.