Mehr als acht Jahre lang nahm er Anlauf. Jetzt, mit 29,4 Jahren, hat er es endlich geschafft. Die neue Nr. 1 im Tennis-Universum heißt: Andy Murray. Nur einmal war ein Spieler bei der Erstbesteigung des Tennisthrons älter (John Newcombe war 1974 bereits 30,0 Jahre alt).
Schon seit 2008 war klar, dass der damals 21-jährige Schotte nicht nur ein Riesentalent ist, sondern auch große Turniere gewinnen kann. Im September 2008 stieß er in der Weltrangliste erstmals in die Top-4 vor. Sechsmal in Folge war er am Jahresende die Nr. 4 oder maximal die 3. Mehr schien einfach nicht drin zu sein, weil da drei Tennis-Titanen stets vor ihm waren.
Bei den ganz großen, den Grand-Slam-Turnieren (A) hatte er zumeist das Nachsehen. Elfmal stand er in einem A-Finale, achtmal verlor er, dreimal gegen den sechs Jahre älteren Großmeister aller Klassen Roger Federer (Schweiz), fünfmal gegen den nahezu exakt gleichaltrigen Serben Novak Djokovic (beide Jahrgang Mai 1987). Hinzu kamen etliche Niederlagen für Murray in den Halb-, Viertel- und Achtelfinals bei den Majors (A), immer wieder gegen die Big-Three Federer, Djokovic, Nadal (Spanien). Alleine sieben Grand-Slam-Niederlagen gegen den ein Jahr älteren spanischen Sandplatzkönig, davon fünfmal im Halbfinale.
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Murray, der das große Pech hat, in der gleichen Ära zu spielen wie diese drei Giganten des Tennissports, schien dazu verdammt zu sein, die ewige Nr. 4 zu sein. Federer, Nadal und die letzten fünf Jahre Djokovic überragten einfach alles.
Federer konnte 17 Grand Slams gewinnen (einmaliger Rekord in der Tennisgeschichte), Nadal 14, Djokovic 12. Dagegen nehmen sich die 3 A-Titel von Murray natürlich bescheiden aus.
Ewige Bestenliste der Grand Slam Einzel-Erfolge (das erste, Wimbledon, wurde 1877 gespielt):
1. Roger Federer (Schweiz): 17
2.a) Pete Sampras (USA): 14
2.b) Rafael Nadal (Spanien): 14
4.a) Novak Djokovic (Serbien): 12
4.b) Roy Emerson (Australien): 12*
6.a) Björn Borg (Schweden): 11
6.b) Rod Laver (Australien): 11
8. Bill Tilden (USA): 10
(* Kleiner Exkurs: Die 12 Titel von Roy Emerson sind nicht vergleichbar mit denen der anderen, weil Emerson alle 12 Titel als Amateuer in der Zeit zwischen 1961 und 1967 holte, als Profis nicht zugelassen waren bei den Grand-Slams. 1968 wechselte er selbst ins Profilager und die A-Turniere wurden nahezu gleichzeitig endlich auch für Profis geöffnet. Ab da, als er sich mit den besten Spielern der Welt messen musste, gewann er nie wieder ein solches Turnier, ja, kam nie wieder auch nur über das Viertelfinale hinaus. 1968 verlor er bei den French-Open als 31-jähriger Titelverteidiger gegen den 40-jährigen Pancho Gonzales, den überragenden Spieler der 1950er-Jahre, der 18 Jahre lang bei den Grand-Slam-Turnieren gesperrt gewesen war, weil er mit Tennis Geld verdiente. Ende des Exkurses, zurück in die jüngere Tennisgeschichte.)
Seit dem 2.2.2004 hat immer einer von den Dreien - Federer, Nadal oder Djokovic - die Weltrangliste angeführt. Fast 13 Jahre lang. Jede einzelne Woche! Unglaublich!
Roger Federer (35,2 J.) war ab Februar 2004 erstmals die Nr. 1, insgesamt 302 Wochen, länger als jeder andere. Dann stand ab August 2008 Rafael Nadal (30,4 J.), der beste Sandplatzspieler aller Zeiten, insgesamt 141 Wochen ganz oben und seit Juli 2011 Novak Djokovic (29,4 J.), der vielleicht kompletteste Spieler, den es je gab, für insgesamt 223 Wochen. Zwischendurch wechselten die Drei sich immer mal gegenseitig ab. 666 Wochen (12,8 J.) dominierten sie den Tennissport, prägten eine einmalige Ära, die alles toppte, was es jemals gab, und die ab diesem Wochenende beendet ist. Federer wurde viermal gar zum Weltsportler des Jahres gewählt (einmaliger Weltrekord!), Djokovic dreimal und Nadal einmal.
Ewige Bestenliste der Weltranglisten-Ersten (geführt seit 1973):
1. Roger Federer: 302 Wochen (5,8 J.) - der Größte aller Zeiten
2. Pete Sampras: 286 Wo. (5,5 J.) - der Größte der 1990er
3. Ivan Lendl: 270 Wo. (5,2 J.) - der Größte der späten 1980er
4. Jimmy Connors: 268 Wo. (5,1 J.) - der Größte der frühen 1970er
5. Novak Djokovic: 223 Wo. (4,3 J.) - der Größte der 2010er
6. John McEnroe: 170 Wo. (3,25 J.) - der Größte der frühen 1980er
7. Rafael Nadal: 141 Wo. (2,7 J.) - der größte Sandplatzspieler
8. Björn Borg: 109 Wo. (2,1 J.) - der Größte der späten 1970er
Diese Zahlen verdeutlichen wohl ein wenig, wie schwer es für Murray all die Jahre war, gegen diese drei Überspieler anzukommen. Zuletzt dominierte vor allem Djokovic die Tennisszene wie selten ein Spieler zuvor. Seit seinem Wimbledon-Sieg im Juli 2014 bis zu seinem French Open-Triumph im Juni 2016 war er derart überragend, dass es schon fast beängstigend wirkte, noch dominanter als Federer in seiner Glanzzeit 2004 bis 2007. Der Serbe gewann in diesen 24 Monaten sechs der acht Grand-Slam-Turniere (A) und beide Male auch noch die ATP-Finals (B+). Insgesamt also acht der zehn größten Turniere. Seit Juli schwächelt der Boris Becker-Schützling aber plötzlich wie aus dem Nichts, wirkt seither etwas ausgebrannt. Die Folge: Murray, der eine fantastische Saison spielt, wird seinen ewigen Kontrahenten Montag in der neuen Weltrangliste vom Tennisthron stoßen.
Andy Murrays Weltranglistenposition am Jahresende:
2008: 4 -> Nadal, Federer, Djokovic, Murray
2009: 4 -> Federer, Nadal, Djokovic, Murray
2010: 4 -> Nadal, Federer, Djokovic, Murray
2011: 4 -> Djokovic, Nadal, Federer, Murray
2012: 3 -> Djokovic, Federer, Murray, Nadal
2013: 4 -> Nadal, Djokovic, Ferrer, Murray
2014: 6 -> Djokovic, Federer, Nadal, Wawrinka
2015: 2 -> Djokovic, Murray, Federer, Wawrinka
2016: 1 -> Murray, Djokovic, Wawrinka, Raonic -> das Jahresabschlussturnier, die ATP-Finals stehen noch aus.
Jetzt, mit 29,4 Jahren hat der Schotte es unter seinem Trainer Ivan Lendl also endlich geschafft. Mit seinem Wimbledon- und Olympiasieg und sechs weiteren Turniersiegen, heute dem in Paris-Bercy (B), insgesamt also acht Titeln spielt er dieses Jahr seine beste Saison ever. (Bislang waren sechs Turniererfolge sein persönlicher Rekord.) Die allerbesten Wünsche nach Paris, lieber Andy, und viel Erfolg für das Jahresabschlussturnier der acht Saisonbesten, die ATP-Finals (B+), übernächste Woche in London!
Übrigens gibt es einen Rekord, den Andy Murray hält, der weder Federer noch Nadal oder Djokovic vergönnt war: Der Schotte ist der Einzige, der zweimal die olympische Goldmedaille (B+) im Herreneinzel gewinnen konnte: 2012 und 2016. (2008 holte Nadal Gold, Federer 2012 Silber und Djokovic 2008 Bronze.) Und Murray ist der erste Brite überhaupt, der die Tennisweltrangliste anführt.
DanielJCooper https://en.wikipedia.org/wiki/File:AndyMurrayWimbledon2016.jpg