Von Jürgen Fritz.
Die legendären Wimbledon-Championchips beginnen, das älteste und prestigeträchtigste Tennisturnier der Welt. Seit 1877 hat noch nie ein Spieler mehr als sieben Mal die Herreneinzelkonkurrenz für sich entscheiden können. Doch nun schickt sich einer an, genau dies zu tun.
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Der Mythos Wimbledon
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Wenn es einen Namen gibt, der wie kein anderer mit dem Tennissport verknüpft ist, dann ist es wohl dieser: Wimbledon. Die Championships in dem Vorort von London, die 1877 erstmalig ausgetragen wurden, sind das älteste und prestigeträchtigste Tennisturnier der Welt. Wer hier die Siegertrophäe erringen kann, geht in die Tennisannalen ein.
Der siebenfache Champion Roger Federer greift nach seinem achten Titel
Einer, der im Herreneinzel schon jetzt mehr Tennisgeschichte geschrieben hat als jeder andere, könnte in dem am Montag beginnenden Turnier erneut einen Rekord brechen. Seit 1877 hat noch nie ein Spieler mehr als sieben Mal die Herreneinzelkonkurrenz für sich entscheiden können. Doch nun schickt sich einer an, genau dies zu tun: der größte aller Zeiten, der 18-fache Grand Slam- und siebenfache Wimbledon-Sieger Roger Federer. Doch wie stehen seine Chancen, dieses Einmalige tatsächlich zu vollbringen?
Die vier Top-Favoriten
Die Tennissaison hat vier ganz große Highlights, die sogenannten Grand Slam Turniere (A-Kategorie). Am morgigen Montag beginnt das wohl wichtigste dieser vier Turniere. Auf dem heiligen Rasen von Wimbledon kämpfen 128 Herren um den begehrten Titel in der Einzelkonkurrenz. Vier dieser 128 Spieler sind die absoluten Favoriten auf den Turniersieg. Es sind zugleich die vier, die in den letzten 14 Jahren alle 14 Wimbledontitel erringen konnten:
1. der siebenfache Sieger Roger Federer,
2. der fünfmalige Finalist und zweimalige Wimbledonsieger Rafael Nadal, der vor drei Wochen gerade zum zehnten Mal die French Open gewonnen hat, was nie zuvor jemandem gelang,
3. der dreimalige Wimbledon-Sieger Novak Djokovic, der seit einem Jahr in einer Formkrise steckt, und
4. der Titelverteidiger, zweifache Wimbledon und zweifache Olympia-Sieger (ein Olympiasieg ebenfalls auf dem Rasen von Wimbledon) Andy Murray.
Wie sind ihre jeweiligen Chancen auf den Titelgewinn einzuschätzen?
Favorit Nr. 1: Federer
Der fast 36-jährige Schweizer (35,8) ist in bestechender Form. Im Januar gewann er die Australian Open (A) und baute damit seinen Vorsprung in der ewigen Bestenliste der Grand Slam-Erfolge auf 18 aus. (Auf Platz 2 liegt Nadal mit jetzt 15 A-Titeln vor Sampras mit 14).
Im März gewann Federer die beiden ersten B-Turniere des Jahres in Indian Wells und Miami, spielte hierbei wieder Tennis wie von einem anderen Stern. Dann machte er eine lange Pause bis Juni. Die Sandplatzsaison ließ er komplett aus, um sich ganz auf die Rasensaison, vor allem Wimbledon zu konzentrieren. Vor einer Woche gewann Federer zum neunten Mal das Rasenturnier in Halle, Westfalen (C). Im Finale überrollte er förmlich den jungen Deutschen Alexander Zverev, das derzeit größte Talent im Tennissport, mit 6:1, 6:3. Damit hat Federer 2017 wie Nadal bereits vier Turniersiege auf seinem Konto und das trotz der langen Pause!
In Wimbledon selbst war Federer bereits sieben Mal erfolgreich: 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2009 und zuletzt 2012. Nur Sampras (1990-2002) und Renshaw (1881-1889) schafften das zuvor, wobei der Titelverteidiger in den 1880er Jahren direkt im Endspiel stand, also nur ein Match gegen seinen Herausforderer zu bestreiten hatte, der zuvor quasi ein komplettes Turnier gegen alle anderen Herausforderer erfolgreich meistern musste.
Federers letzter Wimbledon-Sieg ist zwar schon fünf Jahre her, aber der Schweizer ist so stark wie seit vielen Jahren nicht, noch stärker als 2014 und 2015, als er jeweils im Finale Djokovic unterlag. Für mich der absolute Top-Favorit. Wenn Federer abrufen kann, wozu er derzeit wieder fähig ist, wird er unglaublich schwer zu besiegen sein.
Titelchance: 33 %
Favorit Nr. 2: Nadal
Der frisch gebackene French Open-Sieger (A) ist ebenfalls in glänzender Verfassung, hat dieses Jahr bereits sieben Finale gespielt und davon vier gewonnen. Im Champions Race seit dem 1. Januar 2017 liegt er noch vor Federer auf Platz 1, in der 52-Wochen-Weltrangliste auf 2.
Der 31,0-jährige Spanier spielte zwischen 2006 und 2011 exzellentes Rasentennis, stand fünfmal im Finale von Wimbledon und konnte 2008 und 2010 auch den Titel holen. Bei seinen letzten vier Starts schied er aber immer in den ersten vier Runden aus, konnte das Viertelfinale nicht ein einziges Mal erreichen.
Aber auch für den Sandplatzkönig gilt: Er ist so stark wie seit Jahren nicht, ist momentan mindestens so stark einzuschätzen wie Djokovic und Murray, die die letzten vier Jahre dominierten.
Titelchance: 17 %
Favorit Nr. 3: Djokovic
Der Serbe steckt seit seinem ersten French Open-Triumph im Juni 2016, seinem zwölften Grand Slam Titel insgesamt, in einer Formkrise, die sich in den letzten Monaten sogar noch verstärkt hat. Der 30,1-Jährige hat zuvor 24 Monate am Stück das Welttennis dominiert wie nie ein anderer zuvor, war noch überragender als Federer in seinen besten Jahren. Zehn Jahre lang war er jedes Jahr am Ende unter den Top-3. Doch nun ist er erstmalig in eine tiefere Formkrise geraten. Sein Supercoach Boris Becker und er haben die Zusammenarbeit vor einigen Monaten beendet. Seither hat er nochmals nachgelassen.
Im Ranking 2017 steht er für seine Verhältnisse "nur" auf Platz 6. In der 52-Wochen-Weltrangliste ist er von 1 auf 4 zurückgefallen. Das alles spricht gegen den Serben. Aber er hat gestern ein kleines Rasenturnier in Eastburne (D), das er kurzerhand einschob, um auf Rasen in Form zu kommen, völlig problemlos gewonnen. Das könnte ihm wieder Selbstvertrauen geben.
Und wenn der "Djoker" mal wieder richtig ins Rollen kommt, könnte er Nadal und vielleicht auch Federer doch nochmal gefährlich werden. Ganz abschreiben sollte man Nole auf keinen Fall. Für mich Favorit Nr. 3, auf Grund des Turniersieges in Eastburne minimal vor dem Schotten.
Titelchance: 16 %
Favorit Nr. 4: Murray
Der ebenfalls 30,1-Jährige ist der Titelverteidiger und die amtierende Nr. 1 der 52-Wochen-Weltrangliste. Insofern müsste man eigentlich meinen, er sei der Top-Favorit Nr. 1. Seine Form ist dieses Jahr aber alles andere als überzeugend. Murray spielte in der zweiten Jahreshälfte 2016 das wohl beste und erfolgreichste Tennis seines Lebens, war am Jahresende verdient erstmals die Nr. 1. Seit Ivan Lendl wieder an seiner Seite war, konnte die ewige Nr. 4 sich nochmals deutlich steigern.
Dieses Jahr kämpft er aber zum Einen mit kleinen Verletzungen, zum anderen wirkte er über Monate etwas ausgebrannt. Sein Superjahr 2016, in welchem er sehr viele Matches spielte, zeigt 2017 wohl Wirkung. Im 2017-Race lieg er nur auf Platz 7, gewann in der ersten Jahreshälfte 2017 (nach 9 Turniersiegen 2016) nur ein einziges Turnier der C-Kategorie.
Andererseits ist Rasen sein stärkster Belag. Insofern war sein Ausscheiden gleich in der ersten Runde beim C-Turnier in London-Queens vor eineinhalb Wochen, wo er als Top-Favorit an den Start ging, höchst überraschend. Man hört auch von leichten Hüftproblemen. Mit Murray ist auf Rasen immer zu rechnen, aber er ist aktuell mit Sicherheit schwächer einzuschätzen als Federer und auch als Nadal. Dank des starken Auftritts von Djokovic in Eastburne ist Murray "nur" Favorit Nr. 4.
Titelchance: 14 %
Die drei Geheimfavoriten
Ich gehe davon aus, dass die vier Superstars des weißen Sports sich den Wimbledon-Titel 2017 nicht werden nehmen lassen. Wenn jemand sie überwinden könnte, dann kämen folgende drei Spieler hierfür am ehesten in Frage.
Favorit Nr. 5: Cilic
Der 28,7-jährige Kroate, aktuell die Nr. 6 der 52-Wochen-Weltrangliste, ist derzeit ganz gut in Form. Beim C-Turnier in London-Queens stand er letzte Woche im Finale, beim D-Turnier in s-Hertogenbosch (Niederlande) eine Woche zuvor im Halbfinale. Mit seinem enorm starken Aufschlag ist der 1,98 m-Mann auf Rasen nicht zu unterschätzen. Außerdem hat er schon mal ein Grand Slam Turnier für sich entscheiden können, die US Open 2014. Er und Raonic scheinen mir aktuell die gefährlichsten Rasenspieler nach den Big-Four.
Titelchance: 5 %
Favorit Nr. 6: Raonic
Der 1,96 m große Kanadier stand letztes Jahr im Finale gegen Murray. Seine Aufschläge sind eine Waffe. Aber auch von der Grundlinie vermag der 26,5-Jährige sich gut zu bewegen und hat vor allem eine knallharte Vorhand. Diese Saison kommt die aktuelle Nr. 7 der 52-Wochen-Weltrangliste aber noch nicht so recht in Schwung. In London-Queens schied er letzte Woche wie auch Murray gleich in der ersten Runde aus. Daher auch für ihn nicht mehr als 5 Prozent-Gewinn-Chance.
Titelchance: 5 %
Favorit Nr. 7: Alexander Zverev
Mit 20,1 Jahren ist er der mit Abstand jüngste Weltklassespieler. Dem jungen Deutschen, mit 1,98 m ebenfalls ein Riese, dürfte die Zukunft gehören. In der 52-Wochen-Weltrangliste steht er bereits auf Platz 12. Im 2017er-Ranking sogar schon auf Platz 5 vor Djokovic und Murray.
In Rom konnte er auf Sand vor sechs Wochen zum ersten Mal ein B-Turnier für sich entscheiden, als er im Endspiel Djokovic regelrecht vom Platz fegte. Im Rasenturnier von Halle stand er vor einer Woche im Finale, wurde dort aber von einem glänzend spielenden Federer regelrecht deklassiert.
Ein Turniersieg bei einem Grand Slam-Turnier mit sieben Runden über jeweils drei Gewinnsätze (Best of five) scheint dieses Jahr noch zu früh für das Riesentalent. Aber eine kleine Chance hat er sicherlich. Im Achtelfinale könnte er auf Raonic treffen, was eine hochinteressante Begegnung wäre. Wenn er das gewinnen könnte, träfe er wahrscheinlich auf Federer, so dieser nicht vorzeitig ausscheidet.
Titelchance: 3 %
Mögliche Viertelfinales
Das Tableau sieht so aus, dass die Big-Four erst im Halbfinale aufeinder treffen können. Murray wurde ganz oben gesetzt, Djokovic ganz unten. Nadal wurde in die obere Hälfte gelost, Federer in die untere. In den Viertelfinales könnte es zu folgenden Begegnungen kommen:
1. Murray gegen Tsonga/Wawrinka
2. Nadal gegen Cilic/Nishikori
3. Federer gegen Raonic/Zverev
4. Djokovic gegen Thiem/Berdych/Gasquet
Übertragung erneut nur im Pay-TV bei Sky
Kaum nachvollziehbar ist, dass das bedeutendste Tennisturnier der Welt auch dieses Jahr weder in den öffentlich-rechtlichen TV-Sendern noch bei Eurosport übertragen wird. Wer Wimbledon im Fernsehen verfolgen möchte, muss auf Sky ausweichen. Eigentlich ein Skandal.
Let the Games begin
Im Sinne des Sports und der Tennisfans gleichwohl: Let the Games begin! Möge der Beste gewinnen. Und wenn es denn der Schweizer tatsächlich werden sollte, dann würde er mit diesem neuen Rekord erneut Tennisgeschichte schreiben. Zu wünschen wäre es dem sympathischen Schweizer, der, das muss auch ein bekennender Nadal-Fan zugestehen, wie kein anderer ein Aushängeschild und der bestmögliche Botschafter des weißen Sports darstellt.
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Dieser Artikel erschien auch auf Epoch Times.