Nun haben sie Zeit genug, hemmungslos können sie nun umherirren, Gedanken, die irgendwo schon immer im Verborgenen herumgeisterten. Jetzt ist endlich die Zeit gekommen, sie öffentlich zu äußern. Angefangen von Debatten, bei denen jeder den Begriff Rassismus nach eigenem Gutdünken interpretiert bis hin zu den verrücktesten Verschwörungstheorien.
Hört man die diversen Kreuz- und Querdenker, die derzeit gegen alles Mögliche protestieren, liest man die Kommentare und Beleidigungen in den elektronischen Medien (oft in Duden-freiem Deutsch), dann sollte man bei den Beteiligten nicht nur einen Corona-Test, sondern auch einen IQ-Test durchführen. Das Ergebnis wäre bei vielen wohl 2-stellig, bei Manchen sogar mit einem Komma in der Mitte.
Selbsternannte „Sprachexperten“ suchen nun nach neuen Möglichkeiten, mit Genderstern*innen die Sprache zu aktualisieren – oder verwirrend zu erweitern. Da werden Begriffe wie Eskimo, Neger oder Indianer plötzlich als diskriminierend bewertet und schwarzfahren wohl bald zur farbneutralen Fortbewegung umgetauft.
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Ein neues Beschäftigungsfeld für arbeitslose Historiker sind die aktuellen Straßennamen-Debatten. Lange akzeptierte Namen werden da infrage gestellt, weil man plötzlich, erst jetzt, Näheres über die Schriften oder Taten bislang „berühmter“ ehemaliger Zeitgenossen findet.
Nun wird man im Lebenslauf eines Menschen bei genauer Suche immer eine Stelle finden, die einen Schatten auf sein Image wirft. So soll die Universität Tübingen nun nicht mehr nach Eberhard Karl benannt werden, weil er im Mittelalter gegen die Juden polarisierte. Bei Luther ist man allerdings trotz seiner antisemitischen Äußerungen zu dem Thema eher zurückhaltend. Der aktuell ansteigende Antisemitismus richtet sich wohl weniger gegen die Religionsangehörigen, sondern eher um die Siedlungspolitik Israels, für die Palästinenser eher eine Entsiedlungspolitik.
Da hat die Innenstadt von Mannheim echt einen Vorteil, denn dort haben Straßen keine Namen, sondern Nummern wie H3, B5 oder ähnliche Kombinationen. Es bleibt nun abzuwarten, bis einige unbeschäftigte Historiker verdächtige Nummern-Kombinationen entdecken und Anträge auf Änderung stellen. Schließlich gibt es ja auch keine KFZ-Schilder mehr mit der Nummer 88.
Zwar wirken viele der medienwirksamen Themen als stammten sie aus einem Kabarett-Programm. Vielleicht konzentriert man sich aber nach dem Ende der Corona Zeit doch wieder auf echte Themen und Probleme, falls es die Hirnwindungen noch zulassen.