Der selbstmitleidige Opferkomplex der FPÖ (Wähler). Replik auf Fritz Langberg

Oh Gott. Es ist passiert. Da hat sich doch tatsächlich ein Magazin getraut, eine Grafik mit der Korrelation von formeller Bildung und Wahlverhalten zu veröffentlichen. Für die Fans der FPÖ und Fritz Langberg offenbar ein Zeichen der "dekadenten Arroganz der Eliten". Die Anhänger der FPÖ neigen dazu, wie Don Quijote, Riesen zu sehen wo doch nur Windmühlen stehen.

@Fritz Langberg unterstellt, ohne jeden schlüssigen Beweis, dass diese Veröffentlichung ausschließlich dazu dient, um FPÖ Wähler zu diffamieren und als minderwertig abzustempeln. Es ist schon erstaunlich, einerseits die Presse als Lügenpresse abzustempeln, wenn sie die Herkunft von Straftätern verschweigt, gleichzeitig aber die Veröffentlichung von Fakten als Propaganda und Hetze gegen die armen, geschundenen und missverstandenen FPÖ Wähler zu brandmarken. Abgesehen davon, dass eine universitäre Ausbildung nicht wertvoller ist als eine handwerkliche Berufsausbildung, zeigt das das Problem vieler FPÖ-Wähler. Sie fühlen sich häufig als Opfer. Als Opfer gesellschaftlicher Entwicklungen, Opfer der Politik der Altparteien, Opfer der Medien, Opfer der Zuwanderer, und vor allem als Opfer intellektueller Eliten, die sie völlig zu Unrecht als Rechte, undifferenziert denkende und leichte Beute für Populisten abstempeln.

Während Langberg über die "eigentliche Niederträchtigkeit" der Eliten schreibt behauptet er gleichzeitig, dass es hauptsächlich die Langzeitstudenten und Universaldilettanten der diversen Orchideenfächer seien, die die GrünInnen wählen, natürlich keine Juristen oder Ökonomen. Dafür bleibt er den Beweis schuldig. Ein Vorurteil ist noch kein Beweis. Das ist natürlich keinesfalls niederträchtig.

Dafür schreibt Langberg dann, in bester marxistischer Diktion, dass vor allem die Sorgen und Bedürfnisse der Arbeiter relevant seien, denn "sie sind es, die den Staat auf ihren Schultern tragen." Er missversteht, wie schon viele Klassenkämpfer vor ihm, dass es einer Dualität bedarf. Natürlich braucht es den Arbeiter (wobei sich das Momentum der FPÖ eben genau darin begründet, dass es den klassischen Arbeiter immer weniger braucht), aber es braucht auch den intellektuellen, den Denker, den Erfinder, den der sowohl Technik als auch Gesellschaft jeneseits des Existierenden vorausdenken kann.

"Das Beste an Norbert Hofer ist, dass er wie die FPÖ im Gesamten die direkte Demokratie fördern will.", schreibt Langberg, doch das kann man mit gutem Grund auch kritisch sehen. Direkte Demokratie kann funktionieren, muss aber nicht. Sie benötigt große Disziplin der Politiker, der Medien und der Staatsbürger gleichermaßen. Desinteresse, gepaart mit Parteipropaganda und Mediengekreische ist keine gute Grundlage für vernunftbetonte Entscheidungen, ganz im Gegenteil. Die islamische Verfassung Ägyptens nach dem "arabischen Frühling" ist der beste Beweis dafür, welches Unheil falsch verstandene Direkte Demokratie anrichten kann.

Gut, stimmen wir über TTIP ab. Ich bin sofort dafür, aber dann möchte ich auch, dass mir, am besten Herr Langberg, eine 10-20seitige Zusammenfassung liefert, was in TTIP steht und welche möglichen Auswirkungen das haben wird. Ich wette, außer den bekannten Allgemeinplätzen weiß auch er nichts darüber. Worüber stimmen wir also ab? Über eine diffuse "Amerika ist scheiße Stimmung", über "die da oben sind sowieso alles korrupte Schweine", über "was von der EU ausverhandelt wird muss ein Topfen sein"? Ich sag es ganz offen, ich habe keine Lust die mehr als 1.000 Seiten + 5.000 Seiten Anhänge zu lesen (und zu verstehen). Dafür wähle ich meine Abgeordneten. Repräsentative Demokratie ist nicht Bevormundung, wie sie von der FPÖ gerne verkauft wird, sondern soziale Arbeitsteilung.

"Wenn die Elite darüber unglücklich ist, dann kann sie ja auswandern. Der Adel war schon immer international, und keinem Volk ging er je ab, wenn er das Weite gesucht hat", endet Herr Langberg mit seinen Ausführungen. Ich widerspreche, der Verlust des intellektuellen Kapitals war eine der Ursachen für Millionen an Hungertoten in der ehemaligen UdSSR. Braindrain, wie es auf neudeutsch heisst ist immer ein Problem. Denker denken nun mal. Die Ergebnisse des Denkprozesses müssen nicht zwangsweise stimmen und sie müssen auch nicht jedem Gefallen. Ohne Denker aber, säßen wir alle noch in Bärenhölen und hätten noch nicht mal Feuer.

Was Fritz Langberg nicht begreift, ist, dass er in seiner selbstmitleidigen Opferhaltung all jene Dinge selbst tut und schreibt, für die er die intellektuelle Elite offenbar so verachtet, dass er sie gerne außer Landes hätte. Wie viele FPÖ Sympathisanten unterstellt er, dass die "Linken Eliten" (und das sind offenbar alle, die die FPÖ nicht gut finden) aktiv am Untergang des Staates Österreich arbeiten, weil sie von den negativen Auswirkungen der "Migranten aus der Levante" nicht betroffen seien.

"Vergewaltigt, geraubt, zerstört und randaliert wird ja anderswo, am Praterstern, am Reumannplatz und in der U6. Weit abseits der ansehnlichen Liegenschaften, in denen die seit der Wahl empörten nun den Nachwuchs für ihre kindischen Demos rekrutieren.", schreibt Langberg und verwechselt damit absichtlich oder unabsichtlich ein paar jugendliche Demonstranten mit den vielen Menschen, die eben einfach, und das vollkommen zulässig, andere Meinung haben als er selbst. Gerade seine Verkürzung lädt doch zu der Replik ein, dass dann natürlich im Umkehrschluss alle FPÖ Wähler Neonazis seien, denn schließlich hört man von denen ja auch am meisten.

"Natürlich wehrt sich zuerst alles vom Mittelstand abwärts, denn diese Leute haben dann den Kater zu ertragen, den ihnen die Moralbesoffenen mit ihrem Toleranzrausch umhängen.", läuft Langberg zu nationalpoetischer Hochform auf. Unsinn ist es dennoch. Es gibt einfach Menschen aller Schichten, die mit den Idealen und Forderungen der FPÖ nichts anfangen können, entweder nämlich weil sie zu grundlegender Empathie gegenüber Menschen fähig sind, die bei uns Schutz suchen, weil Ihnen klar ist, dass es selten einfache Lösungen für komplexe Probleme gibt oder einfach nur, weil Ihnen der Ton der FPÖ, die zahllosen Falschmeldungen und Halbwahrheiten auf den offiziellen und inoffiziellen Parteimedien nicht gefallen.

Zweifellos wird Herr Langberg in meinen Aussagen eine Wertung sehen und sich in seinem selbstmitleidigen Opferkomplex nur umso mehr bestätigt fühlen. Aus meiner Sicht aber ist es keine Wertung, sondern lediglich eine Nennung von Fakten, die man sicherlich auch anders sehen kann. Don Quijote endet einsam, unglücklich und in der Erkenntnis letztlich sein Leben vergeudet zu haben.

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Daniela Noitz

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