Nachdem ja schon viele sehnsüchtig auf eine weitere Moe-Geschichte warten, will ich mal nicht so sein. Immerhin gibt es ja was zu feiern. Moe 2.0 ist seit gestern offiziell anerkannter Asylberechtigter. Blöd nur, dass man im Ramadan nicht besonders gut feiern kann...

Nachdem unser Moe 2.0 während des Ramadan keinen Alkohol trinkt, war die Feier gestern eine etwas trockene Angelegenheit, zumindest für ihn. Ich hingegen habe mein Goldkehlchen mit ausreichend Cider der gleichnamigen Marke befeuchtet. (He Leute, das muss euch doch ein kleines Sponsoring wert sein!) Das muss der gute Mann aushalten und gestern war es leicht. Die Erleichterung war ihm deutlich anzumerken. Ich glaube sogar bemerkt zu haben, dass er um mindestens fünf Zentimeter größer war als sonst, also einsfünfzig, oder so.

Für ihn hat der Bescheid natürlich keineswegs nur Vorteile. Damit er sich gleich daran gewöhnt, wie es ist, in Österreich zu leben, wird er ab Juli für sein Zimmer eine angemessene Miete zahlen, natürlich ausschließlich aus pädagogischen Gründen, und eher symbolisch. Weil ich aber nicht nur ein zynischer Arsch bin, habe ich ihm auch gleich ein Vorstellungsgespräch bei einem befreundeten IT-Unternehmer beschafft. Immerhin war Moe 2.0 in Damaskus ja im Computerbusiness, und da ist es von Vorteil, dass er noch nicht so gut Deutsch kann. Denn: EDV Experten darf man als Normalsterblicher nicht verstehen. Je unverständlicher desto mehr Expertise gilt hier als Faustregel. Eine gute Karrierevoraussetzung für junge Syrer und solche, die es werden wollen. Eine insbesondere Schwäche zeigt Moe 2.0 vor allem, wenn es um regionale Spezifika der Sprache geht. So kann er beispielsweise ein Liebevolles: "Geh scheißn" noch nicht ganz einordnen, und auch ein "Oida, bist augrennt?" zaubert ihm ein paar Falten auf die Stirn. Immerhin: "Bist deppat", geht schon gut, aktiv und passiv. Ansonsten kann man mit ihm schon ganz gut reden, wenn er nicht gerade schläft, betet, den Mund voll Essen hat oder über Computer spricht.

Auch ansonsten ist es so, dass sich durch unseren Moe 2.0 einige üble Vorurteile gegenüber Muslimen zu bestätigen scheinen. Es heisst ja immer, dass sie sich wie die Karnickel vermehren. Und es scheint tatsächlich zu stimmen. Es werden immer mehr. Am 1.7. werden zwei weitere Syrer bei uns einziehen. Das wurde einfach unvermeidlich, nachdem wir bemerkt haben, dass Moe 2.0 nicht kochen kann und auch nicht täglich frisches Brot bäckt. Da ist es nur konsequent, dass einer unserer neuen Mitbewohner von Beruf Koch ist. Das wird meine Lebensqualität und meinen Umfang vermutlich drastisch erweitern. Aber ein gutes Werkzeug gehört schließlich unters Dach, also freue ich mich erstmal darauf.

Unser "Wettbewerbsvorteil" gegenüber der lokalen Flüchtlingsunterkunft ist dabei, dass wir WLAN nicht nur erlauben, sondern sogar konstenlos mitbenutzen lassen und dass wir versprochen haben eventuell defekt werdende Elektroherde reparieren zu lassen. Für den Betreiber der lokalen Unterkunft ist es nämlich ein Zeichen mangelnden Respekts für seine Gastfreundschaft, wenn E-Geräte, die von fünfzehn Personen täglich verwendet werden kaputt werden. Bei so viel Gastfreundschaft für zwölf Euro am Tag pro Person muss man tatsächlich am Respekt zweifeln, insbesondere, wenn man bedenkt, dass sich bei der Belegung mit fünfzehn Flüchtlingen der Mietwert der Immobilie von neunhundert Euro im Monat auf armutsgefährdende fünftausendvierhundert Euro verschlechtert. Da ist klar, dass der Strombedarf eines WLAN Routers und die Reparatur von E-Geräten vom Vermieter nicht bewältigt werden kann. Als Mensch mit sozialem Gewissen habe ich beschlossen, ihm dabei zu helfen den offensichtlich längst überfälligen Antrag auf Mindestsicherung auszufüllen. Irgendwie fühle ich mich an meine Saisonarbeiter-Tätigkeit in den Schulferien erinnert, als meine Vermieterin am wunderschönen Weissensee zwanzig Schilling im Monat haben wollte, weil ich es mir erlaubt habe, einen sechzehn(!) Watt Gitarrenverstärker im Zimmer zu betreiben.

Nun ja, gut für uns, wir bekommen dadurch zwei wirklich liebe Syrer, aber was noch wichtiger ist - einen Koch. Gut für den Staat, denn er erspart sich in Hinkunft vierhundertachzig Euro im Monat. Und um unsere lokale Unterkunft muss man sich nicht sorgen. Wo die beiden herkommen, gibt es noch viele mehr...

Stay tuned ;)

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