Die Verfassung ist tot! Es lebe die Verfassung! Während im "rechten" Lager viele von Diktatur sprechen und damit eigentlich die Einhaltung der Verfassung und rechtsstaatlicher Normen, die nicht ihrer Auffassung entsprechen, meinen, sind es zunehmend mehr Regierungen in Europa, die den Intercity33 "Weimar" in Richtung Abschaffung der Demokratie besteigen. Budapest. Warschau. Wien. Rechtsbeugung durch eine Regierung ist DAS Kennzeichen einer Diktatur.
Nachdem zuvor schon Gerhart Holzinger, Präsident des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), die österreichische Obergrenzenregelung als verfassungswidrig bezeichnet hat, tut dies nun auch der renommierte Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk. Pikantes Detail: Er wird von der Regierung für ein Gutachten zur Obergrenze bezahlt. Wenn einem sogar der eigene Gutachter Totalversagen an den Kopf wirft, sollte man als Politiker mal kurz das Haupt in Demut beugen und sich in der Sache mehr überlegen als Worthülsen und Ausreden. Link
Die Verfassung eines Staates hat üblicherweise die Bedeutung insbesondere das Zustandekommen von neuen Normen, Regeln und Gesetzen in einen legalen Rahmen zu bringen. Damit ein Gesetz Gültigkeit erlangen kann, muss es nach den Regeln die die Verfassung vorgibt, zustande gekommen sein, und es darf der Verfassung inhaltlich nicht widersprechen. Eine Regierung, samt ihren beamteten Experten sollte das im Prinzip wissen.
Änderungen der österreichischen Verfassung bedürfen einer Zweidrittelmehrheit im Parlament. Tiefgreifende Änderungen der Verfassung, die die Grundprinzipien maßgeblich berühren, werden als Gesamtänderung der Bundesverfassung bezeichnet. Diese Änderungen müssen zusätzlich zum oben beschriebenen Verfahren durch eine Volksabstimmung bestätigt werden.
Wenn also die österreichische Bundesregierung der Überzeugung ist, dass eine Obergrenze von 37.500 Aslyanträgen notwendig ist, dann muss sie einen rechtskonformen Weg einschlagen und der heißt: Parlamentarische 2/3 Mehrheit und anschließende Volksabstimmung. Ich fände das insofern gut, weil dann nämlich feststünde, ob eine Mehrheit der Österreicher das will. So wie es jetzt ist, ist es Murks. Die Politik verbeugt sich im vorauseilenden Gehorsam vor einer vermeintlichen Mehrheit, von der sie wiedergewählt werden will, und es ist ihr dafür kein Preis zu hoch, nicht einmal die faktische Abschaffung der Demokratie durch offenen Verfassungsbruch. Immerhin muss man anerkennend sagen, dass die österreichische Regierung eine Spur weniger dreist ist als jene in Ungarn oder gar Polen, wo de facto die Gewaltenteilung aufgehoben wurde.