Vielfach wird kritisiert, dass Merkel mit ihrer "Einladungspolitik" ein falsches Signal an die Menschen im Nahen Osten und in Afrika gesendet habe. Das mag stimmen, auch wenn es sich nicht belegen lässt. Ganz sicher ein falsches Signal sind die immer härteren Worte über Obergrenzen, Zäune und Festung Europa. Nicht an die Flüchtlinge, sondern an die "besorgten Bürger".
Brennende Asylantenheime, gewalttätige Blockaden von ankommenden Flüchtlingen sind die neueste Stufe der Esaklation der Besorgten. Mich wundert das nicht, denn sie haben gelernt, dass ihre Aktionen Wirkung zeigen. Das schnellere oder langsamere Einknicken vor dem Mob führt automatisch zur nächsten Stufe der Eskalation. Das ist wie mit der Kindererziehung. Wenn ein Kind einmal gelernt hat wie es sich durchsetzt wird es die Strategie weiter verfolgen und mit jedem Erfolg wird die Durchsetzungsstrategie extremer. Das gleiche erleben wir gerade in Deutschland.
Es mag sein, dass Flüchtlinge in dem Bus die Demonstranten mit Gesten provoziert haben mögen. Aber ganz offen, die Damen und Herren "Demonstranten" haben sich jeden einzelnen Stinkefinger redlich verdient. Hier muss der Rechtsstaat durchgreifen, denn hier werden und wurden Grenzen überschritten, die nicht geduldet werden können. Das hat auch mit Meinungsfreiheit nichts zu tun, denn auch für diese gibt es in einer Demokratie Spielregeln. Wenn von rund 1000 rechtsextremen Gewalttaten (gesamt genommen waren es rund 13.000 im Jahr 2015) nur 4(!) zu einer Verurteilung führen, dann geht auch jedes Recht verloren sich darüber zu beschweren, dass Straftaten von Asylwerbern vertuscht würden.
Deutschland schafft sich ab titelte Sarrazin und er behält recht. Was wir gerade in Deutschland und Österreich erleben müssen ist eine (gar nicht so) schleichende Aushöhlung des Rechtsstaates und der Gewaltenteilung zu Gunsten eines vermeintlichen Sicherheitsbedürfnisses.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Probleme mit der Integration wiegen schwer und werden uns noch Jahrzehnte beschäftigen. Allerdings muss man auch den aktiven Beitrag der Politik und der Gesellschaft dabei sehen. Wir tun ja absolut nichts dafür. Ein paar arme Spinner der Zivilgesellschaft opfern dafür ihre Freizeit und ihr privates Vermögen und werden dafür zum Dank als "Gutmenschen" und "Bahnhofsklatscher" bezeichnet.
Eine völlig verfehlte (oder auch fehlende) Außenpolitik der EU-Staaten hat dafür gesorgt, dass wir heute vor riesigen Problemen stehen. Die Politik hat sich, ob das schön ist oder nicht, zu ihrer Verantwortung zu bekennen und daher für Lösungen zu sorgen, selbst um den Preis des eigenen Machtverlustes. Europa steht vor einer der größten Herausforderung der letzten 70 Jahre. Ich frage mich warum Merkel nicht wie Petry jeden Tag auf einem Marktplatz steht und über die Lösung der Flüchtlingsfrage spricht. Ich halte es für einen schweren Fehler die Öffentlichkeit den Populisten zu überlassen und dann Schritt für Schritt vor dem Druck zurück zu weichen. Die Populisten werden niemals zufrieden sein und aufhören, denn ihnen geht es nicht um die Sache, sondern um Wählerstimmen. Daher führt jedes Entgegenkommen nur zu noch extremeren Forderungen.