Loslassen ist nicht immer leicht. Nein sagen, gehört ebenfalls nicht zu meinen Stärken. Ich bin so ein Mensch, der gerne Kontakt hält. Mag ich eine Person, möchte ich den Kontakt nicht schleifen lassen. Das gilt kurioserweise auch für Personen, mit denen mich keine Freundschaft verbindet.
"Felix fehlt mir." - schrieb ich einem sehr guten Freund, und klebte noch einen traurigen Smilie dahinter. In meinen Kopf hörte ich mich zu mir selbst sagen: "Wie kann dir so jemand fehlen? Sei froh, dass du den Jungen los bist, er hat dich behandelt wie Dreck.". Felix ist Barkeeper in meiner Stammbar. Bis vor knapp einem Monat, kannten wir uns nur vom Sehen. Mehr als "ein Bier bitte", kam an Kommunikation nicht zustande. Eines Nachts nach einer Party in eben dieser Stammbar, erhielt ich auf Facebook eine Nachricht. Anscheinend war ich dem Herren an diesem Abend aufgefallen, und er wollte mal Hi sagen. Das fand ich doch charmant! Etwas jung der Kerl, aber eigentlich ganz süß. Wir begannen zu schreiben, ziemlich intensiv sogar. Leider stellte sich bald heraus, dass er ein ziemlich großer Idiot ist. Die erste Forderung nach Nacktfotos tat ich noch als Scherz ab, aber nach dem sie vehement wiederholt wurde, war mir klar, auf was er hinaus wollte. Zu Beginn spielte ich mit, ging auf seine teilweise sehr sexistischen Kommentare ein, um zu schauen, wie sich das Ganze entwickeln würde.
Umso länger wir sprachen, desto ungeduldiger wurde der Herr. Schließlich solle ich jetzt endlich mal dafür sorgen, dass er ein bisschen Spaß hat. Was er nicht wusste war, dass ich einen guten Freund über die wenig angebrachte Art der Kommunikation informierte. Wir amüsierten uns über Wochen, wie Felix seiner Notgeilheit vehement Ausdruck verlieh. Wie gern würde ich hier das ein oder andere Zitat posten, das müsste ich dann allerdings jugendfrei gestalten, und da würde dann nichts mehr übrig bleiben. Seinen Höhepunkt hatte meine "Freundschaft" mit Felix, als er mir folgendes schrieb: "F*** dich zu kleine Schlam**!". Ab diesem Zeitpunkt war mir klar: Der Kerl muss leiden! So machte ich es mir zur Aufgabe, ihn bei jedem persönlichen Sehen zu verwirren. Aufgesetzt freundlich lächelte ich ihm entgegen, nahm ihn in den Arm und ließ mir nichts anmerken. Meine Beste ging noch einen Schritt weiter, sie packte ihn auf einer Party am Kragen und begrüßte ihn freudig mit den Worten: "Na du kleine Schlam**?". Ich hätte sie am liebsten noch vor ihm gehighfived! Ein Traum diese Frau!
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Felix war mit der Situation komplett überfordert, und verließ den Club. Irgendwann war der Punkt erreicht, an dem er sich nicht mehr zu helfen wusste. Mit den Worten: "Ich blockiere dich jetzt, du bist einfach zu verrückt.", blockte er mich und nahm an, ich würde nun Ruhe geben. Natürlich nicht! Ich freue mich jedes Mal, wenn er in meiner Stammbar Dienst hat. Dann lächle ich freudig und tue so, als wären wir die besten Freunde.
Eigentlich müsste ich so jemanden wie ihn ignorieren! Er bringt mir keine Wertschätzung entgegen. Aber das kann ich nicht! Ein zweites Beispiel gefällig? Nach meiner Firmenweihnachtsfeier am Dienstag, erhielt ich eine SMS. Ein Kollege entschuldigte sich fürs frühe Gehen und bekundete seine Freude, mich getroffen zu haben. Ich antwortete, dass ich noch auf der Party wäre, aber gleich allein nach Hause gehen würde. Recht schnell wurde durch die Art und Weise seiner Kommunikation klar, auf was er hinaus wollte. Ein intimeres Treffen im Kopierraum, würde ihm jetzt gefallen. Ja ne, is klar!
Das hätte der Punkt sein müssen, an dem ich die Kommunikation beende, und ins Bett gehe. Aber die Jule fühlte sich irgendwie geschmeichelt. So entwickelte sich der Chat zu einer nicht jugendfreie Unterhaltung, die laut eines guten Freundes definitiv als sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz durchgehen würde.
Warum zum Teufel kann ich solche Gespräche nicht einfach beenden und die Kerle in den Wind schießen? Ich glaube, ich genieße es sehr, wenn jemand Interesse an mir zeigt. Egal ob das Interesse an meiner Person ist, oder an meinem Körper. Es gibt mir ein gutes Gefühl, begehrt zu werden. Außerdem reize ich solche Situationen gerne aus. Ich möchte dann wissen: Was wäre wenn? Wie weit würde das gehen? Oft ist es auch ein psychologisches Interesse. Wie kommt jemand dazu, solche Dinge zu einer anderen Person zu sagen? Was geht da im Kopf vor? Das spielt alles zusammen und sorgt dafür, dass ich bei solchem Quatsch mitmache.
Es macht ja irgendwie schon Spaß!