Zu Beginn möchte ich klarstellen: Ich bin politisch links orientiert. Nicht radikal, aber schon klar und deutlich. Diese ganze Pegida-Bewegung, ist für mich nicht verständlich. Ich lasse gerne mit mir diskutieren. Gute Argumente bringen mich zum nachdenken, aber das was Pegida vorbringt, gehört für mich nicht dazu. Bis jetzt war meine Heimatstadt relativ "Pegidafrei". Ich spreche hier nicht von Berlin, sondern vom wunderschönen Potsdam, welches aber nur einen Katzensprung entfernt ist. Potsdam ist in meinen Augen eine sehr linke Stadt. Es gibt eine große Studentenszene und jeder ist hier willkommen. Als dann vor einigen Tagen die Ankündigung einer Pegida-Demonstration durch die sozialen Netzwerke ging, machte sich Unmut in mir breit. Zu Beginn habe ich nich daran geglaubt, dass sich Pegida-Anhänger wirklich nach Potsdam trauen. Was wollen die hier erreichen? Suchen die Ärger?
Kurz nach der Ankündigung, formierten sich direkt Gegenbewegungen. Zu Beginn etwas chaotisch, aber am Ende doch gut organisiert, entstanden zwei Gegendemonstrationen. Man kann ja leider nicht immer abschätzen, wieviel Zuspruch die Ausgangs- sowie auch die Gegendemonstration haben werden. 500 Zusagen auf Facebook heißen nicht, dass auch 500 Menschen anwesend sein werden. Die Pegida-Demo hatte am Ende knapp 40 Zusagen, die Gegendemo an die 600. Soweit, so unspektakulär.
Ich bin absolut Demo-unerfahren. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal auf einer größeren Demonstration gewesen zu sein. Nicht weil ich mich nicht interessiere, sondern weil ich die Eskalationen, die Demos gelegentlich mit sich bringen, nicht befürworte. Diesmal ging es aber um meine Heimatstadt. Ich möchte mir die Toleranz hier nicht zerstören lassen! Ich möchte, dass hier jeder frei leben kann. Jeder kann eine Meinung haben, so lange er sie schlüssig begründen kann. Solange niemandem eine Meinung aufgezwungen wird, passt das. Ich verabredete mich nun für den Montagabend, um bei der Gegendemo mitzulaufen. Meine Begleiter waren allesamt sehr Demoerfahren. Sie versprachen mir, dass das alles eine ruhige Sache werden würde. Am Treffpunkt angekommen, machte es wirklich einen ruhigen Eindruck. Viele Menschen, die friedlich auf einem Platz standen und Musik hörten. Die Pegida-Anhänger wurden von der Polizei weitgehend abgeschottet. Wir traten einen Versuch an, näher an diese Menschentraube heran zu kommen. "Möchten Sie zu der Pegida Kundgebung?" - fragte uns einer der voll ausgerüsteten Polizisten. "Neeeeee!" - antworteten wir einstimmig. "Dann dürfen Sie hier nicht vorbei." - entgegnete der Uniformierte. Na gut, war nicht schlimm, da hatten sich sowieso nur knapp 10 Leute versammelt.
Auf dem Rückweg zur Gegendemo kam uns ein vermutlicher Pegida-Anhänger entgegen und sagte mit lauter Stimme: "Na willst du mich mal vergewaltigen?". Ich war verwirrt. Wir liefen doch einfach nur an ihm vorbei, keine Provokation, nichts. Verdutzt schauten wir uns an, und konnten nur anfangen zu lachen. Komischer Kerl! Wieder am Versammlungsplatz angekommen, monierten meine Begleiter schon, dass es doch recht langweilig wäre. Als hätte das irgendjemand gehört, kam langsam Bewegung in die Sache. Ich hörte Geschreie, Böllerschläge und eine gewisse Hektik brach aus. Als ich mich umdrehte, sah ich mehrere vermummte Männer in meine Richtung rennen. Sie liefen zur Straße, da sich dort einige Pegida-Anhänger vor einem Hauseingang versammelt hatten. Es wurde gepöbelt, es wurde geböllert, es flogen Gegenstände. Die Polizei brauchte ein paar Minuten, um den Ernst der Lage zu erkennen. Schnell liefen den Radikalen voll ausgerüstete Spezialkräfte hinterher und stellten sich zwischen die beiden rivalisierenden Gruppen. Das war ein Moment, in dem ich wirklich Angst hatte. Ich wusste nicht, was da gerade passierte. Die plötzliche Hektik versetzte auch mich in Panik. Gottseidank hatte ich meine demoerfahrenen Freunde dabei. Sie beruhigten mich und gaben mir das Gefühl, dass mir nichts passieren könne. Nach einigen Minuten drängte die Polizei uns zurück. Es dauerte nicht lang, und schon begann es an anderer Stelle "spannend" zu werden.
Wie angekündigt kamen Pegida-Busse aus Berlin an. Dies blieb nicht unbemerkt, und die Menschenmassen (vermutlich knapp 1000 Leute), drängte in Richtung des ankommenden Busses. Als dieser sich in Bewegung setzte, wurde er direkt von allen Seiten umringt. Weiterfahren war unmöglich. Auch hier dauerte es einen Moment, bis die Polizei begann, den Bus abzuschirmen. An dieser Stelle möchte ich aber auch ein Lob an die Beamten aussprechen. Trotz verschiedener Eskalationsmomente, hatte ich immer das Gefühl, dass die Lage unter Kontrolle war. Es waren genug Einsatzkräfte vor Ort, um Schlimmeres zu verhindern. Der Bus kam nun nur noch im Schritttempo voran. Leider musste ich zu meinem Entsetzen von anderen Demonstranten hören, dass die Beamten Pfefferspray benutzten, um die Menschen vor dem Bus zu "beseitigen". Ab und zu flogen Gegenstände gegen die Scheiben des Busses, fügten aber keinen allzugroßen Schaden zu. In meinen Augen war die Stimmung generell aufgeheizt. Ich bin da aber wie gesagt unerfahren, meine Begleiter beschrieben die Lage als relativ ruhig. Als der Bus sich dann einen anderen Weg freikämpfen konnte, begannen die Demonstranten zu rennen. Auch der Ausweichweg sollte blockiert werden. Das wurde mir dann alles zuviel. Die latente Angst, dass es gleich eskalieren könnte, machte mich fertig.
Ich finde es toll, dass sich meine Stadt so entgegenstellt! Aber bei dem Werfen von Flaschen und Böllern, hört bei mir der Spaß auf! Nicht selten trifft es nicht die "Gegner", sondern Menschen aus den eigenen Reihen. Ich habe da auch großen Respekt vor den Beamten, sie müssen sich auch denjenigen entgegenstellen, deren Meinung sie vielleicht ebenfalls vertreten. Abschließend stelle ich fest: Demos sind anscheinend nichts für mich. Ich bin da zu sehr Angsthase und distanziere mich von jeder Art Gewalt, zu der es bei solchen Anlässen kommt.