Der unverantwortliche und unsachliche Bischof: Markus Dröge und die Christenverfolgung

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Ein evangelischer Bischof tat sich vergangene Woche zu einem bezeichnenden Zeitpunkt als Fortführer zweifelhafter politischer Ansichten hervor, die ähnlich bereits vor einem Jahrhundert von Vertretern des politischen Katholizismus vertreten wurden.

Man solle Christenverfolgung nicht dramatisieren, meinte Markus Dröge, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag Ende letzter Woche.

Um seine Aussage einordnen zu können, sollte man wissen, dass das EU-Parlament am 03. Februar 2016 in einer Resolution die Verfolgung Orientalischer Christen, Yeziden und Schiiten durch den IS als Völkermord eingestuft hat. Das US-Repräsentantenhaus tat es ihm am 15. März 2016 gleich.

Obschon Dröge es offenkundig anders sieht, sollte wohl ein breiter Konsens darüber herrschen, dass ein Völkermord sehr wohl ein Drama darstellt!

Es ist auf geradezu auf tragische Weise bezeichnend, dass fast exakt zum Zeitpunkt der bischöflichen Äußerung in Ägypten ein Massaker an 26 koptischen Christen stattfand.

Dass Einige den Appel Dröges nun als regelrechte Beihilfe werten, ist mittlerweile nachvollziehbar!

Darüber hinaus ist es nicht das erste Mal, dass der Bischof Gewalt gegen Christen aus dem Nahen Osten herunterspielt.

Im Oktober 2016 veröffentlichten mehrere unabhängige Hilfswerke in Zusammenarbeit mit dem Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland eine, über acht Monate bundesweit durchgeführte und detailliert recherchierte, Studie zu religiös motivierten Übergriffen auf christliche Flüchtlinge in deutschen Asylunterkünften.

In der Erhebung über „mangelnden Schutz religiöser Minderheiten in Deutschland“ wird mehrfach das Wort „Verfolgung“ benutzt.

Dr. Gottfried Martens ist Pfarrer der selbständigen Evangelisch-Lutherischen Dreieinigkeitskirche in Berlin-Steglitz und seit Jahren täglich an vorderster Front in der Flüchtlingsbetreuung aktiv.

Er sprach in Bezug auf die Übergriffe bereits im Herbst 2015 explizit von „Christenverfolgung“ und kritisierte die Kirchenleiter deutlich für ihre Indifferenz angesichts dieses Phänomens.

In Opposition dazu, wollte es Dröge nach einer kurzen Stippvisite in einer einzigen Berliner Unterkunft besser wissen, und posaunte wenige Wochen nach Veröffentlichung der angesprochenen Erhebung heraus, es sei „unverantwortlich und unsachlich“ von Christenverfolgung zu sprechen.

Es ist des Weiteren nicht das erste Mal, dass aus dem Umfeld deutscher Amtskirchen ein Genozid an Orientalischen Christen verharmlost wird.

Der, aktuell an der Universität von Haifa (Israel) tätige, Harvardhistoriker Stefan Ihrig wies 2015 in der Huffington Post auf ein, beinahe vergessenes, Detail der Geschichte hin.

Vertreter des politischen Katholizismus propagierten im Ersten Weltkrieg die Botschaft, Armenier seien als Angehörige einer Ostkirche keine echten Christen.

Obschon dies nicht direkt ausgesprochen bzw. niedergeschrieben wurde, sei diese Botschaft aus zeitgenössischen Zeitungsartikeln klar herauslesbar, schreibt Ihrig.

Daher könne deutschen Christen ihr Schicksal, also der Völkermord durch das, mit Deutschland verbündete, Osmanische Reich egal sein.

Dröge ist zwar nicht katholisch, sondern evangelisch, sein Appel jedoch fällt in dieselbe Kategorie.

Die Botschaften von damals und heute sind nahezu deckungsgleich.

Während des Völkermords durch das Osmanische Reich gekreuzigte armenische Frauen, Bildquelle: katolik.ru http://cs.pikabu.ru/images/big_size_comm/2013-05_1/13676913654541.jpg

Der Bischof hat sich seit dem Wochenende endgültig als ignoranter Fortführer einer historisch unrühmlichen Tradition regelrecht aufgedrängt.

Unverantwortlich und unsachlich sind einzig und allein seine Aussagen!

Belege:

- Evangelischer Kirchentag in Berlin: Wo man den Pragmatismus predigt, der bei uns längst versagt, Focus, 26.Mai 2017

- European Parliament resolution on the systematic mass murder of religious minorities by the so-called ‘ISIS/Daesh’, Europaparlament, 03.Februar 2016

- The U.S. House just voted unanimously that the Islamic State commits ‘genocide.’ Now what?, Washington Post, 15. März 2016

- Ministerium: Mindestens 26 Tote bei Angriff auf Christen in Ägypten, Domradio, 26. Mai 2017

- Gemeinsame Pressemitteilung von Open Doors, Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland, Europäische Missionsgemeinschaft und AVC, 20. Oktober 2016

- Erhebung: Mangelnder Schutz religiöser Minderheiten: Religiös motivierte Übergriffe auf 743 christliche Flüchtlinge in deutschen Asylunterkünften, Open Doors, Oktober 2016

- Christenverfolgung in Deutschland - Christliche Flüchtlinge besser schützen - Übergriffe gegen christliche Flüchtlinge sind keine Einzelfälle, selk.de

- Kirchenleiter ignorieren Christenverfolgung in Deutschland, Idea, 17. Januar 2016

- Bischof bezieht klare Position: AfD, Flüchtlingssituation und Frauenordination, jesus.de, 27.Oktober 2016

- Why Israel and Armenia Should ‘Adopt’ the Yazidis, Huffington Post, 18. August 2015

Update vom 03. Juni 2017:

Die, den zweiten Absatz einleitende, Aussage wurde von Dröge, wie im Folgenden aufgeführt, dementiert.

Daraufhin wurde sie aus dem, als erste Belegangabe verlinkten, Artikel des Focus entfernt:

Auf kath.net heißt es:

"Laut Darstellung des Bischofs wurde seine Aussage allerdings falsch wiedergegeben. kath.net dokumentiert die Stellungnahme in WORTLAUT: "Bischof Markus Dröge erlebt wieder einmal, dass seine Worte in verfälschender Weise zitiert werden. Er hat auf dem Kirchentag von seinen Reisen in den Mittleren Osten zur Unterstützung der bedrängten und verfolgten Kirchen erzählt und von den vielen Gesprächen, die er geführt hat. In diesem Zusammenhang hat er berichtet, dass Bischöfe der verfolgten Kirchen um Unterstützung und Fürbitte gebeten haben, aber auch darum, die Verfolgungssituation ihrer Kirchen im Ausland nicht öffentlich zu dramatisieren, da dies der Situation der Christen in ihrer Heimat noch zusätzlich schadet.""

(siehe: Bischof Dröge und Christenverfolgung - UPDATE, kath.net, 29.05.2017)

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