Der konservative Katholik muss ein Lügner sein. Sinngemäß rechtfertigte ein bekannter französischer Journalist auf diese Weise, dass seine Zeitung ungeprüft Vorwürfe eines höchst umstrittenen Blattes übernahm. Alles andere als Werbung für ihn, seine Zeitung und alle, die es ihm gleichtaten! Seine Äußerungen stehen symptomatisch für eine Kampagne, die sich selbst entlarvt!
François Fillon ist Präsidentschaftskandidat der konservativen französischen Partei „Les Républicains“, kurz LR.
Grob vereinfacht, aber durchaus treffend, kann man seine Agenda mit der des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz vergleichen.
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Noch Anfang Januar rangierte er in den Umfragen Kopf an Kopf mit Marine Le Pen vom rechtsnational bis rechtsextremen Front National an der Spitze. Im zweiten Wahlgang galt sein Sieg als überaus wahrscheinlich. Kurz gesagt, er sah wie der sichere Sieger der Präsidentschaftswahlen in Frankreich aus.
Durch „Penelope Gate“ verlor er innerhalb einer Woche zwei bis vier Prozent. Die Kandidaten links von ihm legten deutlich zu, und auch Marine Le Pen steht noch etwas besser da, als ohnehin schon. Es ist nun ungewiss, ob er sich für den zweiten Wahlgang qualifizieren wird.
Wenn „Elitenfeindlichkeit“ kein Problem mehr ist
Seit Ende letzter Woche beschäftigt sich auch die deutsche Presselandschaft mit „Penelope Gate“. So taufte man in Frankreich die Affäre um die vermeintliche Scheinbeschäftigung von Penelope Fillon durch ihren Ehemann François. In der französischen Medienlandschaft kommt man seit nunmehr fast zwei Wochen nicht an dem Thema vorbei.
Obschon die Vorwürfe auf einem brüchigen Fundament stehen, versuchen die meisten Medienvertreter zwischen Rhein und Atlantik den Eindruck zu vermitteln, es handle sich um unumstößliche Fakten. Auch östlich des Rheins hat bislang niemand aus den Fehlern der französischen Kollegen gelernt. Der Spiegel titelte gar ganz klassenkämpferisch „Frankreich und die Gier der Eliten“.
Offenbar findet man die, sonst so viel gescholtene, „Elitenfeindlichkeit“ gar nicht mehr schlimm, wenn man sie gegen einen konservativen Politiker einsetzen kann.
Ein Offenbarungseid der Presselandschaft
Die Kampagne gegen ihn wurde vom Magazin "Le Canard enchaîné" (dt.: Die gefesselte Ente) losgetreten und von einer Vielzahl französischer Medien 1:1 übernommen. Fillon soll, wie erwähnt, seine Ehefrau Penelope auf Staatskosten scheinbeschäftigt haben. Diese Vorwürfe allerdings konnten ebenso wenig einwandfrei belegt noch widerlegt werden, wie angebliche Enthüllungen eines vermeintlichen Whisteblowers, der seit Ende letzter Woche einen Emmanuel Macron nahestehenden, Think-Tank hinter der Kampagne wissen will.
Bankierssohn Macron gilt als Bewunderer der deutschen Politik und ist ebenfalls Präsidentschaftskandidat. Gemäß Umfragen profitierten zunächst er und der Sozialist Benoît Hamon vom angeblichen Skandal und der, damit verbundenen, groß angelegten Kampagne gegen François Fillon. Seit dem Wochenende legt aber auch Marine Le Pen, Kandidatin des rechtsnationalistischen Front National, stark in den Umfragen zu.
Im Allgemeinen loben "Le Canard enchaîné" und seine Fans sich selbst für die Unabhängigkeit der Berichterstattung.
Gegründet wurde das Blatt von Linksextremisten. In vielen Artikeln schlägt sich diese Ausrichtung immer noch wieder. In Vergangenheit standen die Schreiber der Ente wechselweise im Ruf links- oder rechtsextrem zu sein. Auch um Islamismusverharmlosung war man bei der gefesselten Ente nicht verlegen. 2011 z.B. fiel man dort durch die Verbreitung einer Pro-Vollverschleierungs-Karikatur von Lefred Thouron auf.
Außerdem soll ein Interview der walisischen Journalistin Kim Willsher mit Penelope Fillon aus dem Jahr 2007 als Beweis gegen ihren Ehemann herhalten. Die damalige Reporterin des Sunday Telegraph wandte sich am 30. Januar und 02. Februar per Email an Frau Fillon.
Wiederholt betont sie darin, dass es ihr leid tue, dass "aus dem Kontext gerissene Passagen" gegen das Ehepaar verwendet werden. Obschon Willsher, wahrscheinlich aus Angst unter Kollegen als Nestbeschmutzerin zu gelten, ihre Aussagen in den Emails relativierte, musste sie deren Authentizität doch bestätigen. Während ihre Relativierungen im Presseecho als Überschriften dienten, wurde aus der Bestätigung der Echtheit maximal ein Nebensatz.
Der Wortlaut der Emails jedenfalls spricht eine eindeutige und unmissverständliche Sprache.
Facebook: Fillon 2017 https://www.facebook.com/Fillon2017/photos/a.388964334548056.1073741824.345490872228736/1096891140422035/?type=3&theater
Stundenlange Verhöre, ein demaskierter Redakteur und eine mutige Pressekonferenz
Am Montag wandte sich Fillon mit gewohnt ruhiger und sachlicher Rhetorik sowie Körpersprache an die Presse, um seine Sicht der Dinge darzulegen und zusammenzufassen, was seine Ehefrau und er in den fünf- bzw. vierstündigen Polizeiverhören, denen sie sich freiwillig unterzogen hatten, zu Protokoll gaben.
Er sprach von einer beispiellosen Antikampagne der Medienmehrheit, die er in 32 Jahren politischer Karriere noch nie zuvor erlebt habe. Für seine Version spricht z.B. die Tatsache, dass zahlreiche namhafte, französische Medien meinten zu wissen, dass sein Parteikollege Gérard Larcher ihn dazu drängen wollte seine Kandidatur zurückzuziehen.
„François, es ist vorbei!“ habe Larcher bei einem Gipfeltreffen zu Fillon gesagt.
Die Fernsehgruppe RTL France, der international viel gesehene Sender France 24 und die renommierte Zeitung La Tribune sind nur einige, die sich auf das Gerücht um Larchers Zitat stürzten. Spekulationen darum, ob Larcher sich selbst oder Alain Juppé als Ersatz für den angeschlagenen Fillon in Stellung bringen wolle, durften nicht fehlen.
Larcher selbst dementierte dies entschieden, umgehend nachdem erste derart lautende Meldungen verbreitet wurden.
„Ich weise mit größtmöglicher Entschlossenheit die schrillen Unterstellungen der Medien zurück. Ich bestätige meine bedingungslose Unterstützung für François Fillon“, twitterte er beispielsweise vergangenen Donnerstag.
Damit jedoch nicht genug. Medien brauchen Skandale und harte Schlagzeilen. Wenn man beide Augen fest zudrückt, sind die Meldungen um die, nicht geäußerten, Äußerungen Larchers noch gerade so verzeihlich.
Was Alexis Lacroix von der Redaktion der Wochenzeitung „L’Express“ am Sonntag auf BFMTV von sich gab, ist es nicht mehr. Seine Begründung, warum er an „Penelope Gate“ glaubt, liest sich nicht wie die Aussage eines Journalisten, der ernst genommen werden will.
Zunächst stellte der Redakteur fest: „Er (François Fillon) ist Katholik, also liebt er nicht“, um später hinzuzufügen: „Also gibt es da ein etwas belastetes Verhältnis zur Wahrheit. Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass er ausschließlich aus Lüge besteht, aber der Katholizismus bevorzugt die Wahrheit nicht.“
Fillon jedenfalls erklärte, warum er seine Frau, ebenso wie seine beiden Kinder beschäftigt, aber eben absolut nicht scheinbeschäftigt, habe, und stellte sich dann den Fragen der Presse. Dies möge in der Politik unüblich aber lange nicht illegal sein, und es stehe keinem Journalisten zu ihn zu verurteilen, gab er zu bedenken.
Ferner appellierte er an die Bürgerinnen und Bürger Frankreichs, ihn als Kandidaten der Veränderung und der Mitte zu begreifen; einer Mitte zwischen einer extremen Rechten, die von einer parteiintern „unantastbaren“ Familie geführt würde, und einem linken Spektrum, das dem Land Jugendarbeitslosigkeit, Mittelstandssterben und eskalierenden dschihadistischen Terror gebracht habe. Diese Probleme wolle er in Angriff nehmen. Mit rüden Attacken und Angriffen gegen seine Familie und ihn solle dies verhindert werden.
Fillons Auftreten bei der Pressekonferenz, die extreme Überdosis Antiberichterstattung gegen ihn, der Hintergrund von deren Urheber sowie die gehäuften spekulativen Fauxpas bei der Übernahme von Nachrichten durch zahlreiche Medienvertreter sind Argumente für den 62 Jahre alten Politiker aus Le Mans. Denn nicht zuletzt bleibt unter dem Strich eins in jedem Fall stehen:
DIE PERSÖNLICHE DEMONTAGE SEINER PERSON HAT VOR ALLEM EINEN NUTZNIESSER: EINEN SCHMUTZIGEN, INHALTSBEFREITEN WAHLKAMPF!