Wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord hat die Vereinigung „Chrétiens d’Orient en Danger“, kurz CHREDO, zu Deutsch „Orientalische Christen in Gefahr“, bei der Staatsanwaltschaft von Paris Klage gegen die französisch-schweizer Firmengruppe Lafarge-Holcim eingereicht.
Der größte Baustoffhersteller der Welt soll indirekt an der Finanzierung bewaffneter Gruppierungen in Syrien, darunter der Islamische Staat (IS), beteiligt gewesen sein.
Die französische Tageszeitung „Le Monde“ enthüllte bereits 2016 die Verstrickungen des Konzerns in Geschäfte mit dem IS.
Das Finanzministerium reichte damals Klage bei der Pariser Staatsanwaltschaft wegen „unerlaubter finanzieller Beziehungen zwischen Frankreich und Syrien“ ein.
Le Monde berichtete nun am 20.September, die vernommenen neun Verantwortlichen des französischen Konzerns Lafarge, der 2015 mit Holcim aus der Schweiz fusionierte, hätten die Zahlungen im Rahmen einer vertraulichen Anhörung gegenüber der Zollfahndung eingeräumt.
Intern sei alles darauf ausgelegt gewesen, den syrischen Standort der Firmengruppe „Lafarge Cement Syria (LCS)“ und seine Belegschaft im, 87 Kilometer von Rakka entfernten, Jalabiya unbedingt zu schützen.
Zum Zweck die Sicherheit von Unternehmen und Personal zu gewährleisten, habe man 2013 und 2014 „indirekt“ bewaffnete Gruppen bezahlt. Unter ihnen habe sich auch der IS befunden, und monatlich umgerechnet 20.000€ aus der Firmenkasse erhalten.
Als Reaktion auf das Bekanntwerden dieser Machenschaften hatte die linke Partei „La France Insoumise“ um Jean-Luc Mélenchon einen Antrag in die französische Nationalversammlung eingebracht, der vorsieht Unternehmen wie Lafarge-Holcim für diese Firmenpolitik zu sanktionieren.
In der, im Juni gewählten, „Assemblée Nationale“, verfügt die Partei „En Marche“ des neu gewählten Präsidenten Emmanuel Macron mit 314 von 577 Stimmen über eine absolute Mehrheit.
Der Antrag wurde Mitte der Woche abgelehnt.
Zeitgleich mit der Entscheidung der Nationalversammlung reichten CHREDO um ihren Präsidenten Patrick Karam, der gleichzeitig Vizepräsident der konservativen Partei Les Républicains im Großraum Paris ist, über ihren juristischen Vermittler Sévag Torossian bei der Pariser Staatsanwaltschaft Klage gegen den Baustoffgiganten wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein.
Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind ein Vergehen gemäß §7 Völkerstrafgesetzbuch.
Außerdem besteht gegenüber dem ehemaligen französischen Außenminister und derzeitigen Präsidenten des Verfassungsrats Laurent Fabius der Verdacht der Mitwisserschaft.
In der Pressemitteilung dazu heißt es wörtlich:
„Falls die Angaben der Manager der Firmengruppe Lafarge stimmen sollten, und der Außenminister das französische Unternehmen ermutigt hat unter derartigen Bedingungen in Syrien zu bleiben, konnte ihm die Existenz der dafür notwendigen Beziehungen zu den kriminellen Organisationen, mit denen ein illegales „Sicherheitsabkommen“ geschlossen wurde, nicht entgehen.
Die Übergriffe der Organisation Islamischer Staat auf dem fraglichen Gebiet entsprechen nicht einfachen terroristischen Aktivitäten, sondern Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Durch die finanzielle Zuwendung an eine kriminelle Organisation, die für Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich ist, haben sich die Geschäftsführer der Firmengruppe Lafarge wissentlich der Hilfe und Beihilfe zu einer Straftat schuldig gemacht, die das Strafgesetzbuch als Mittäterschaft definiert.“
Bereits am 10. September 2014 hatte CHREDO nach eigenen Angaben beim Internationalen Strafgerichtshof Klage gegen den IS eingereicht.
Nachweise:
- Journal de Montréal: Activités de Lafarge en Syrie: une nouvelle plainte pour complicité de crimes contre l'humanité, 26. September 2017
- Le Monde: Ce que révèle l’enquête judiciaire sur les agissements du cimentier Lafarge en Syrie, 20. September 2017
- L'Obs: L'Assemblée rejette un amendement proposant de sanctionner les entreprises comme Lafarge, soupçonnée d'avoir financé Daech, 27. September 2017
- Pressemitteilung von CHREDO: Affaire groupe Lafarge en Syrie : plainte de la CHREDO pour complicité de crimes contre l’Humanité, 25. September 2017