[…]
Drei Tage lang zelebrierte [man] ein fröhliches Fest für Hunderttausende Jugendliche, die […] in die Hauptstadt gereist waren. Brot und Spiele für alle, die für ein paar Tage ihre Alltagstristesse vergessen wollten. Wer mit Rock und Theater, Eisshows und Go-Cart-Rennen in Stimmung gebracht ist, so das schlichte Kalkül, muckt nicht auf […].
Selbst die alternative Szene wollte bei diesem Gemeinschaftserlebnis nicht fehlen: Als […] eine der erfolgreichsten "anderen Bands", am Sonntag nachmittag in der Innenstadt rockten, war die Allee "Unter den Linden" übersät mit Punks, die Polizei schaute zu.
[…]
Der 18jährige Thomas, Schlosserlehrling in Magdeburg, vermutete, die meisten seien sowieso nur nach Berlin gekommen, "um zu saufen und Frauen aufzureißen". So war's denn auch. Gleich nach den Treuebekundungen […] landeten die Transparente in den vorbereiteten Müll-Containern, schlüpften die Kids aus ihrer blauen Einheitskluft und zogen sich T-Shirts, Jeans und Lederjacken über.
Sie wollten Spaß. Für die mehr als 2000 Veranstaltungen hatte [man] fast alle bekannten Künstler der Republik nach Berlin karren lassen. Dutzende Rockbands spielten auf Freilichtbühnen rund um den Alexanderplatz, Unter den Linden und auf den Freilichtbühnen am Stadtrand. Wo immer auf den Straßen Pop aus den Lautsprechern dröhnte, tanzte die Jugend.
Nur am Rande, in einigen Diskussionsforen konnten die Jugendlichen ausdrücken, was sie wirklich bewegt. Kritisch, aber vorsichtig formulierend fragten sie nach […] Meinungsfreiheit, äußerten Besorgnis […] und forderten klare Perspektiven.
Doch auch hier bekamen sie abgestandene Antworten.
Keiner weiß, wie lange sich die Jugend noch mit dieser Doppelstrategie aus neuer Musik und alten Sprüchen abspeisen läßt. Noch rebelliert diese Jugend nicht, aber sie ist kritisch und distanziert - eine Generation in Wartestellung.