Zur Zeit werden mal wieder Rufe laut, Frauen für MINT-Berufe zu begeistern. Frau Anja Karliczek (für diejenigen, die mit dem Namen nichts anzufangen wissen: Sie ist die derzeitige Bundesministerin für Bildung und Forschung) unterstützt die Initiative "Komm, mach MINT". Der volle Name der Initiative "Nationaler Pakt für Frauen in MINT-Berufen 'Komm, mach MINT'" lässt allerdings wenig Hoffnung auf Begeisterung von Grüner Seite aufkommen.

Ich für mein Teil habe seit Jahren mit männlichen und weiblichen Entwicklern und Programmierern zusammengearbeitet. Unterschiede in den Quelltexten definieren sich überraschenderweise nicht am Geschlecht, sondern eher am persönlichen Stil des Programmierers (in C# oder PHP natürlich ausgeprägter als in Assembler).

So habe ich auch in den ganzen Jahren nicht erlebt, dass Entwicklungsprojekte anhand des Geschlechts vergeben wurden.

Das Vertrauen in das weibliche Programmiertalent reicht weit zurück: Die Männer, die auf dem Mond landeten, waren auf das Können Margaret Hamiltons angewiesen. Sie prägte unter anderem den Begriff "Software Engineering" und leitete die gleichnamige Abteilung am MIT. Dort wurde die gesamte On-Board-Software für das Mondlandeprogramm entwickelt.

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Hier ist sie übrigens neben dem Quelltext abgebildet.

An dieser Stelle sollten wir uns alle auch an eine Schauspielerin erinnern, die so gut wie alle diesbezüglichen Widersprüche des 20 Jahrhunderts in sich vereint: Hedy Lamarr

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Den Cineasten ist sie primär durch den Film "Ekstase" bekannt, der durch seine für die damalige Zeit expliziten Szenen zum Skandalfilm avancierte. Sie wäre wohl nur als die erste nackte Frau in einem künstlerischen Film in Erinnerung geblieben, wären nicht die verschiedensten persönlichen und politischen Umstände zusammengetroffen.

Geboren 1914 als Kind jüdischer Eltern in Wien, nahm sie Schauspielunterricht und wurde durch den oben genannten Film zu einer Berühmtheit. (Die Nacktszenen wurden übrigens ohne ihr Wissen mit einer hochauslösenden Kamera gefilmt.)

Dann trat Friedrich Mandl in ihr Leben - wenn man den Überlieferungen glauben darf, ein Mann wie das fleischgewordene Feindbild der "Emma".

Waffen- und Munitionshersteller, der drittreichste Mann Österreichs und besessen von Hedy Lamarr, brachte er sie durch seinen Charme und seie Persönlichkeit dazu, ihn zu heiraten. Dass ihre jüdischen Eltern sie von einer Heirat mit einem Mann abbringen wollten, der enge Beziehungen zu Hitler und Mussolini unterhielt, scheiterte anscheinend an ihrem Dickkopf.

Mandl untersagte jede weitere schauspielerische Aktivität und hielt sie wie eine Gefangene. Sie war mehr ein schmückendes Beiwerk bei Geschäftsessen mit Politikern, aber auch Wissenschaftlern. Dies und die politische Entwicklung brachte sie dazu, als ihr Hausmädchen verkleidet nach Paris zu fliehen, von wo aus sie nach Hollywood ging. Das einzige Positive, was sie aus ihrer Ehe mitbrachte, scheint das Interesse an der Wissenschaft gewesen zu sein.

Obwohl sie dort Karriere machte, war sie ein eher introvertierter Typ, der kaum soziale Kontakte pflegte. Sie bildete sich weiter und beschäftigte sich mit den verschiedensten Erfindungen - von Brausetabletten über Ampeln bis hin zu aerodynamischen Designs (Howard Hughes wies seine Ingenieure an, ihre Vorschläge vorurteilslos umzusetzen).

Ihre wichtigste Erfindung jedoch war eine Technologie, um funkgesteuerte Torpedos unempfindlich gegenüber Störsendern zu machen. Durch die Kopplung eines mechanischen Pianinos mit einem Radiosender gelang es ihr, die Frequenzen während der Übertragung zu wechseln.

Im Krieg selber kam die Technologie nicht zum Einsatz.

Jeder von uns, der in diesem Augenblick über WiFi und Bluetooth verbunden ist, hat dies aber einer Frau zu verdanken, die scheinbar vollkommen ungeeignet für MINT war.

Also, liebe Frauen, wir Männer denken schon lange nicht mehr, MINT wäre unsere Domäne. Schwerer als Frau Lamarr habt Ihr es heute bestimmt nicht, und keiner von uns hätte ein Problem, unter Frau Hamilton zu arbeiten.

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