„Jetzt bin ich endlich frei“, verkündet im Magazin Paris Match die 15-jährige Sabina, die Österreich verlassen hat, sich freiwillig der Terrorgruppe Islamischer Staat anschloss und damit zum Emblem einer orientierungslosen, durch neue Radikalismen verführbaren Jugend wurde.
„Ich bin frei, meine Religion auszuüben.“ Vielleicht wurde ihr dieser Satz mit vorgehaltener Waffe diktiert, vielleicht war es jedoch genau dieses Versprechen, das sie veranlasste, nach Syrien zu gehen. Wir anderen bleiben entsetzt und ratlos zurück.
Sabina kommt nicht aus irgendeinem Land. Österreich gehört zu der Handvoll Staaten, in denen Frauen eine in der Geschichte beispiellose in vielen Jahrzehnten erkämpfte Freiheit leben. Die berufliche Gleichberechtigung lässt zwar noch auf sich warten, aber ansonsten haben Frauen hier Bürgerrechte, die in den meisten Weltregionen ihresgleichen suchen. Im Gegensatz zu der großen Mehrheit der Frauen weltweit hat Sabina hier das Recht auf Bildung, auf freie Berufswahl, auf ärztliche Versorgung, auf adäquate Ernährung, muss sich nicht mit den Essabfällen vom Männertisch begnügen, muss mit einer schweren Erkrankung nicht warten, bis ihr Bruder von ebenderselben geheilt ist, sie kann sich ihren Freundeskreis selbst wählen, wird nicht eingesperrt oder als Minderjährige zwangsverheiratet.
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Sie kann entscheiden, wie viele Kinder sie will und wann, muss einen weiblichen Fötus nicht abtreiben,die Klitoris nicht beschneiden lassen.Sie kann sich auf der Straße frei bewegen, gekleidet wie sie eben Lust hat, treffen, wen sie will, wann sie will, sie kann sogar ungestraft das Geschlecht des Partners frei wählen oder die Sexualität leben, die ihr am meisten taugt und jede andere körperliche Betätigung wie Sport beispielsweise auch. Sie kann sich zu jedem Thema frei äußern. Sie hat das Recht auf ein eigenes Bankkonto und damit auf Vermögen. Ja, und sie darf auch Auto fahren, so zynisch das in unseren Ohren klingt, weil wir nichts anderes mehr gewohnt sind.
Sabina aber entscheidet sich, diese Freiheit hinter sich zu lassen um sich einer Gruppierung anzuschließen, die mal abgesehen von den Gewaltorgien und dem Vernichtungskrieg, den sie führt, in Bezug auf die Stellung von Frauen sogar das finsterste Mittelalter harmlos aussehen lässt. Sie wählt freiwillig ihre eigene Versklavung und ein Milieu, in dem Frauen wieder einmal nicht als Menschen behandelt werden. Warum?
Ist es bloß religiöse Verblendung vor dem Hintergrund der zahnlosgewordenen kirchlichen Institutionen und ihrer Wertesysteme hierzulande,ist es die simple, alte Anziehungskraft männlichen Heroentums?
Ich meine, die „freiwillige“ Selbstversklavung von Frauen hat wieder mal System. Weibliche Freiheit triggert Angst - bei jenen, deren Geschlecht vor 40, 50 Jahren die vielleicht letzten Fesseln losgeworden ist. Muße, Bildung und Loslösung von materiellen Zwängen sind gefährliche Errungenschaften. Da müssen neue Mythen, neue Kulte her, um den Status Ante Quo wieder herzustellen, neue Einengungen und Behinderungen der Bewegungs- und Handlungsfreiheit von Frauen, um sie wieder sicher in häuslichen Mauern verwahren zu können. Und die Überzeugungsarbeit fällt den neuen Rattenfängern nicht schwer.
Denn die vielen de facto Rechte von Frauen korrespondieren ja noch lange nicht mit den Normen, die unterschwellig in den Familien und peer groups von Sabina und anderer weitergegeben werden. Da haben Mädchen oft weiterhin zu kuschen und ihre ersten Schritte in die Unabhängigkeit geschehen auf dem Glatteis familiärer Missbilligung. Als erwachsene Frauen sind sie dann so „frei“, eine Dreifachbelastung auf sich nehmen. Erwerbsarbeit und Kinder gleichzeitig zu schultern, und – das dritte Muss in einem Frauenleben – den Körper immer und überall dem gerade propagierten Schönheitsideal anzupassen. Der Zugriff auf das weibliche Körpergefühl ist damit total geworden. Wie groß mag angesichts dessen die Sehnsucht danach sein, das alles sein zu lassen und sich – wie in den Jahrhunderten zuvor – wieder in die schützenden, fesselnden Arme eines Heldenmannes hineinzubegeben, hinter den isolierenden Mauern seines Domizils zu verschwinden, getrennt von Freundinnen, aufzuhören zu denken und nur zwei Regeln zu befolgen: Gott gehorchen und seinem Stellvertreter, dem Mann.
Denn ‚Gottes‘kriegern kann das nur recht sein, denn wer kümmert sich in den Kriegstrümmern der Männer sonst noch um die Logistik, sprich, wer kocht und putzt und räumt den Mist weg?
Das gesellschaftliche Machtvakuum, das die Frauenbefreiung kurzfristig schaffte ist damit gefüllt. Die unberechenbar gewordene Intelligenz der Frauen endlich gebannt.