39 Jahre nach dem großen Wurf eines neuen Familienrechts, das unter anderem den Mann als Familienoberhaupt abschaffte, treten zögerlich und tröpferlweise weitere Gesetze in Kraft, die ein, seit mehr als hundert Jahren überkommenes Familienmodell langsam, aber sicher aushöhlen. Jetzt das neue Fortpflanzungsgesetz (wohlgemerkt vorerst nur ein Entwurf), das es lesbischen Frauen ermöglicht, ihren Kinderwunsch durch Inanspruchnahme der Fortpflanzungsmedizin zu verwirklichen. In den Genuss des neuen Gesetzes kommen ebenfalls Frauen, die nicht verheiratet sind und „nur“ einen Lebenspartner haben. Verheiratet oder heterosexuell zu sein ist also nicht mehr Qualitätsmerkmal für künftige (Wunsch-) Mutterschaft. So schön, so gut.
Die große Schwäche dieses Entwurfes ist jedoch, dass er dieses Recht alleinstehenden Frauen, die weder Partner noch Partnerin haben verwehrt. Da kann es in der Realität noch so viele alleinerziehende Mütter geben, die sich zwar, als sie schwanger wurden wahrlich nicht gewünscht hatten, allein dazustehen, weil der Mann sich nach der Geburt des Kindes vertschüsst, die aber trotzdem erfolgreich ein Kind aufziehen. Dieses Faktum will immer noch nicht ins Bewusstsein der gesetzgebenden, Gesetz entwerfenden Gremien dringen. Immer noch wird unterstellt, dass eine Frau allein nicht „Manns genug“ ist, die Erziehung ihres Wunschkindes zu übernehmen. Wann wird diese Ungleichbehandlung von Frauen endlich aufhören? Und wo siedelt sich dieser Denkfehler überhaupt an? Immer noch in dem Konzept der Frau als Mangelwesen, als bloße Rippe eines Adam oder, aus lesbischer Sicht, einer anderen Eva, die für sich allein nicht genügt, um Kindeswohl zu gewährleisten? Schwangerschaft und Geburt kann sie allein, den Rest, der daraus folgt, nicht, oder wie?
Vielleicht geht’s um finanzielle Gründe. Kinder großziehen ist teuer, ein Mensch allein hat da schon seine Probleme. Dann sollte der Staat aber auch bei den anderen Müttern mehr Schutz vorsehen: bessere Aufklärung zur Verhütung von Teenagerschwangerschaften zum Beispiel, mehr Konsequenz beim Festsetzen und Eintreiben von Alimenten der Kindesväter, bessere Aufklärung Jugendlicher darüber, wie viel Geld man verdienen muss, um ein Kind, ob zu zweit oder allein großzuziehen.
Interessant bei diesem in erster Linie Frauen angehenden Thema ist auch, dass in öffentlichen Kommentaren vorwiegend Männer zu Wort kommen, also das Geschlecht, das nicht schwanger werden kann. Männer als Philosophen, Theologen, Soziologen und als sonstige Experten grübeln und argumentieren zur Fortpflanzungsmedizin und Schwangerschaft - ob über „die Anmaßung des Menschen Gott sein zu wollen“ (Michael Prüller, derzeit Pressesprecher der Erzdiözese Wien) oder „das Recht des Kindes auf ein gemischt-geschlechtliches Elternpaar“ (Dietmar Krug, Autor der Presse). Aber auch diese Argumentationslinien werden hoffentlich bald nur mehr ein Auslaufmodell sein.