Eine Szene kürzlich in einer Arztpraxis, die ich als Patient aufsuchte. Wortwechsel zwischen der Sprechstundenschwester und einer Patientin, wie schlimm alles sei und dass „die Ampel“ Deutschland in den kommenden Monaten wohl völlig in den Abgrund reißen werde. Ich höre eine Weile zu, will an diesem Ort und in dieser Situation eigentlich nicht diskutieren, es ist mir unangenehm. Tue es aber dann doch. Frage nach, welche konkrete Entscheidung der Bundesregierung ihnen aktuell das Gefühl vermittelt, in naher Zukunft ihrer Existenz beraubt zu werden und unterzugehen. Ob ich denn die extremen Preissteigerungen „für alles“ gar nicht mitbekommen hätte, werde ich gefragt. Ja, antworte ich, manches ist deutlich teurer geworden, wir hatten zeitweise hohe Inflation, wie alle Staaten um uns herum auch, wegen des russischen Krieges gegen Ukraine und Europa, das wirbelte die Energiepreise hoch, aber das haben wir bewältigt. Ob ich denn nicht wisse, dass Deutschland vor dem Untergang stehe wegen der Ampel, fragen sie. Nein, antworte ich, davon wisse ich nichts, die deutsche Wirtschaft lahme zwar aktuell aus unterschiedlichen Gründen, der Wirtschaftsminister sei sich einig mit den Wirtschaftsweisen, was da zu tun sei, die FDP wolle das jedoch nicht, aber in einer echten Wirtschaftskrise steckten wir nicht. Weshalb sie den Eindruck hätten, persönlich vor ihrem eigenen wirtschaftlichen Untergang zu stehen, frage ich die Frauen, aber sie nennen mir da keine Gründe. Was denn für sie persönlich in ihrem Alltag völlig anders wäre, wenn die verhasste „Ampel“ gestürzt wäre und wieder die CDU regierte, aber sie sagen mir da nichts. Sie warfen auch Unpässlichkeiten durcheinander, ohne zu unterscheiden, ob Bund, Land oder Kommune dafür zuständig sind. Sie wussten darüber nichts. Und ich wollte nicht streiten oder agitieren. Ich wollte lediglich Patient sein und darf es mir deshalb mit der Frau am Tresen nicht verderben. Immerhin bin ich nur Kassenpatient, dies aber aus vollstem Herzen.
Wolfgang Wetzel (aus dem Netz)