Der Blitzkurs oder Chinesisch in 10 Minuten

Ballfit in 4 Wochen, Blitzkurs für Kurzentschlossene, Chinesisch in 10 min,….

So oder anders lauten öfter einmal die Werbeeinschaltungen von Tanzschulen. Angespornt durch die Nachfrage von Kunden „Ich muss mal schnell tanzen lernen“ bietet man Kurse an, die dieses Kundensegment abdecken sollen. Aber was handeln wir - wir Tanzschulen - uns damit ein?

Unseriosität, falsche Erwartungen, enttäuschte und verärgerte Kunden?!

Warum?

Ganz einfach, wir können diese Erwartungen einfach nicht erfüllen. Ich bin mir sicher hier werden Postings kommen, die mir bestätigen, dass sie es aber immer schaffen den Kunden in 4 Wochen alle wichtigen Tänze beizubringen.

Aber auch nachhaltig? Auch so, dass er, sie mit einem anderen Partner auf einem Ball, einer Hochzeit tanzen können, ohne einen Schweißausbruch zu bekommen? Wohl nicht!

Also verabschieden wir uns von solchen Slogans und starten damit, der Öffentlichkeit die Wahrheit zu vermitteln:

Tanzen ist ein Langzeitprojekt!!!

Keine 4 Wochen und eigentlich auch keine 3 Monate reichen um wirklich Tanzen zu lernen. Unter einem Jahr geht gar nichts.

Wer würde sich trauen seriös zu behaupten „Ich bereite sie auf einen Marathon in 12 Wochen mit einem Training einmal pro Woche vor?“ Oder "Zum Ironman in 3 Monaten" mit einem Training zweimal pro Woche? Dies würde kein halbwegs seriöser Trainer machen.

Tanzen ist aber nicht nur Kondition, sondern auch Koordination, mentales Training, musikalisches Training und muskuläres Training. Wir müssen unsere Kunden konditionell vorbereiten auch einmal länger als 3 min zu tanzen. Sie sollen koordinativ zwei bis drei Dinge gleichzeitig durchführen – Schritte tanzen, führen, oder geführt werden und sich noch um die anderen Tänzerinnen und Tänzer kümmern, indem sie ausweichen und die Schritte dosieren. Wir müssen sie trainieren in der Musik einen Takt zu hören, diesen zu interpretieren und durchgehend einzusetzen. Wir müssen sie trainieren nicht nur Gedichte – im Sinne von Schritten – in einer fremden Sprache aufzusagen, sondern diese Worte – Figuren – vielleicht auch noch frei zu ganzen Sätzen zusammen zu setzen.

Und nicht zu vergessen, wir müssen ihre Muskeln dazu bringen sich überhaupt einmal zu bilden, ihr Gleichgewichtsgefühl soweit wieder herzustellen, dass sie sich von einem auf den anderen Fuß bewegen können. Übertreibung? Nein inzwischen Realität!

Also nichts anderes, als ein chinesisches Gedicht vor einer Zuschauergruppe von muttersprachlichen Chinesen aufzusagen und dabei fehlerfrei mit Stäbchen ein Reisgericht zu essen und dabei noch ein Lied einer Volksweise zu interpretieren und dass alles nach 4 Wochen bei einem Unterricht einmal pro Woche?

Welches Multitalent kann dies?

Also sind wir doch ehrlich - "Lernen sie das Tanzen einmal kennen, schnuppern sie hinein in eine neue Welt, neue Bekannte, entspannen Sie sich mit Musik und Bewegung"!

Und wenn jemand nachfragt: "Ich brauche einen Schnellkurs mit 5 Tänzen in 2 Privatstunden" sagen wir Ihm doch einfach "Schwofen ja, American Two Step, ja, aber kein Wiener Walzer, Quickstepp, ChaCha, Rumba und Tango in 2 Stunden!"

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 04.02.2017 22:02:00

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