Der seit Monaten anhaltende Flüchtlingsstrom trifft in Österreich auf einen warmen Gegenstrom der Menschlichkeit. Die vormalige Nörgler-Gesellschaft erstaunt sich selbst durch ungeahnt aufkeimende altruistische Attribute. Womit ist die Warmherzigkeit der Österreicher im Umgang mit Flüchtlingen zu erklären?

Niederösterreich, 26. August 2015: Nachdem eine im Regen ausgesetzte Flüchtlingsfamilie den Wunsch äußert, nach Belgien zu wollen, fährt ein 61-jähriger krebskranker Mann sie eigenständig in einer 13-stündigen Fahrt nach Brüssel.

Nickelsdorf, 6. September 2015: „You are safe now, you are in Austria“, sagt ein 52-jähriger Burgenländer an diesem Tag immer wieder zu seinen Mitfahrern- Familien, die keinen Platz mehr in ungarischen Zügen bekamen- und beobachtet dabei wie diese nach seinen Worten in Freudentränen ausbrechen. Der Mann nennt sich selbst den Schienenersatzverkehr und fährt an diesem Tag acht Mal von Ungarn nach Österreich.

Wien, 6. September 2015: Sowohl Caritas als auch ÖBB verkünden dankbar, dass die Annahmestellen für Sachspenden vorerst übervoll sind. Es wäre nun genügend da, um alle Flüchtlinge ausreichend zu versorgen. Auch an Helfern mangle es nicht.

Sind die Hilfeleistungen in Österreich gerade deshalb so intensiv, weil auch der kleine Mann etwas bewegen kann? Im Gegensatz zur gewissenserleichternden Weihnachtsspende an eine Hilfsorganisation gibt es nun die Möglichkeit, Direkthilfe zu leisten, Dankbarkeit zu spüren, lachende Gesichter zu sehen. Die bislang verwendete, durch STS-Songtexte gestärkte,  Aussage „Was soll man denn ändern, das ist ja alles so weit weg“ erfährt keine Gültigkeit mehr.

Eine Mitarbeiterin der Spendenausgabe am Wiener Westbahnhof meint, die Hilfsbereitschaft habe andere Gründe: „Durch die vielen Helfer, mit denen ich hier zu tun habe, habe ich den Eindruck gewonnen, dass es vielen leicht fällt zu helfen, weil die Flüchtlinge nur auf der „Durchreise“ sind, und wir uns nicht langfristig um sie kümmern müssen. Für kurze Zeit gut zu sein ist leicht.“

Ist Österreich wirklich die lächelnde Kaufhausangestellte, die nur solange freundlich bleibt, bis der Kunde wieder das Geschäft verlässt?

Dagegen spricht, dass immer mehr Initiativen gestartet werden, um die in Österreich verbleibenden Flüchtlinge erfolgreich ins Dorf- und Stadtleben zu integrieren. Sportveranstaltungen und Gemeindefeste werden für und mit Menschen organisiert, welche nunmehr als „asylsuchende Gäste“ bezeichnet werden.

Altruismus-Beispiel Nickelsdorf: Künstler, Landwirte, Lehrer, Kaufhausbesitzer und Co. aus dem gesamten Bezirk Neusiedl am See und darüber hinaus schließen sich zusammen: räumen Supermärkte leer (von welchen manche bis zu 20% auf Einkauf ermäßigen, wenn es den Flüchtlingen zu Gute kommt), fahren abwechselnd an die Grenze, bilden menschliche Lieferketten, geben stündlich Updates über die momentan notwendigen Spendengüter auf Facebook, bringen mittlerweile sogar warme Speisen unter das Flugdach der Grenzstation Nickelsdorf. Die Hälfte der Helfer-Autos an der Grenze haben ungarische Kennzeichen. Auch unsere Nachbarn zeigen sich hilfsbereit, gehen nicht d’accord mit den Handlungen ihrer Regierung.

Wenn die Flüchtlingskrise etwas Positives hat, so ist es, dass Österreich zusammenrückt, hilft und aufhört zu jammern.

Letzteres, weil man den Vergleich seiner Probleme mit jenen der Ankömmlinge scheut.

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Knöbl

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fischundfleisch

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