Andere Länder, andere Sitten? Aus Fehlern lernen.

Seit Jahren verhärten sich die Fronten zwischen Asylbefürwortern und Asylkritikern. Dabei bleibt die Sachpolitik oft auf der Strecke - und das oft nur, weil jeder seine eigene Wahrheit hat und alles besser weiß. Wir wollen nicht aus den Erfahrungen anderer lernen - zum Teil jener, die selbst aus diesem Kulturraum kommen. Während für "die eine Seite" solche Übergriffe lediglich eine Frage der Zeit sind, spricht "die andere Seite" von voreiligen Vorurteilen.

Andere Länder, andere Sitten

Tabus sind Begleiterscheinungen europäischer Errungenschaften wie "Demokratie und Meinungsfreiheit". Vor allem nach den Ereignissen in Köln versuchten bestimmte politische Kreise den Zusammenhang zwischen Kultur und bestimmter Art von Kriminalität (in dem Fall sexueller) zu bestreiten und zu relativieren. "Kriminalität hat keine Nationalität" - tatsächlich gibt es überall schwarze Schafe und Vorbilder, dennoch spielen die kulturellen, aber auch religiösen Werte eine entscheidende Rolle - unabhängig davon, ob einem das gefällt oder nicht. Bereits lange vor der Silvesternacht haben renommierte Experten verzweifelt zu erklären versucht, dass in den Herkunftsländern der Flüchtlinge andere Sitten und Regeln herrschen. Regeln, die in unserer liberalen Gesellschaft sogar von konservativen Parteien als rückständig und unzivilisiert bezeichnet werden. Um einige bekannte Beispiele herauszupicken: Der Stellenwert der Frau ist in den meisten muslimischen Ländern gering - ganz zu schweigen von Homosexuellen oder Andersgläubigen.

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Vorzeigemodell Skandinavien?

Ein Blick in den Norden Europas, der immer schon als gesellschaftlich offen und liberal galt, zeigt die Folgen der vermeintlich erfolgreichen Integration. Auch in Schweden, welches ein Inbegriff für Toleranz und Multikulturalismus ist, werden Grenzen geschlossen. Und wenn Schweden die Grenzen schließt, dann ist es längst 5 nach 12. Sogar die Regierung sieht zum ersten Mal ein, dass es falsche Entwicklungen gibt. Wärenddessen kommt es auch in Frankreich häufiger zu Auseinandersetzungen in Quasi-Parallelgesellschaften, wo die Polizei ihre Hilfslosigkeit eingestehen muss. Diese Videoaufnahmen und Probleme finden aber kaum mediale Thematisierung (erst seit der Silvesternacht) - tun sie es doch, versucht man Tatsachen mit den Argumenten "populistische Hetze" oder "es werden Ängste geschürt" zu entkräften. Doch wem ist damit geholfen? Auch wenn man den Kopf in den Sand steckt, verschwinden die Probleme nicht.

Da, wo Multikulturalismus funktioniert. Oder doch nicht?

Ein Blick auf andere Regionen der Welt zeigt, dass wir nicht alleine mit diesen Problemen dastehen. Wieso lernen wir also nicht von anderen? Dass die kulturelle und religiöse Differenz einen entscheidenden Einfluss auf die Wertvorstellungen von Menschen hat, ist soweit logisch. Auch in Ländern, wo Multikulturalismus zu funktionieren scheint, kommt es zu größeren Problemen als wir uns vorstellen können. Drehen wir den Spieß um und werfen einen Blick auf muslimische Länder mit großen christlichen Minderheiten, wie etwa den Libanon, Syrien oder den Irak, die einen beträchtlichen Anteil an Christen im Land hatten: Sogar in der Vorkriegszeit haben sich auch hier Subkulturen gebildet - ethnisch und religiös-geprägte Stadtteile, in denen es Spannungen gab. Werfen wir einen Blick auf Syrien, so erkennen wir auch dort solche Entwicklungen, wo christliche Armenier, beispielsweise überwiegend in Aleppo, bestimmte Stadtteile bewohnten. Erwähnenswert ist auch der Faktor, dass in den genannten Ländern die Anzahl der einheimischen Christen deutlich gesunken ist (auch vor der IS schon). Die Liste geht endlos weiter - auch in multiethnischen Ländern wie Russland gibt es eigene Probleme.

Wer ist der bessere Ausländer?

"Es ist sinnlos mit euch zu diskutieren.." - das ist eine Aussage, die wir in letzter Zeit öfter hören, und zwar von beiden Seiten. Die geteilte Gesellschaft scheint dabei verschiedene Sprachen zu sprechen. In diesem Diskurs werden oft die Stimmen der Einwander überhört. Jener Einwanderer, die aus dem Kriegsgebiet geflohen sind und hier ebenso aufgrund ihrer Religion oder Ethnie in den Asylheimen von ihren Mitbewohnern diskriminiert werden. Brechen sie diese Tabus, werden sie selbst mitunter als Nazis bezeichnet. Religiöse Minderheiten (Christen, Yeziden), die in ihren Herkunftsländern oft unterdrückt und zum Teil massakriert wurden, wissen, wovon sie reden. Daher ist es nahezu zynisch, nur weil sie ihre Erfahrungen teilen, ihnen Rassismus vorzuwerfen. Dasselbe kann man über gut integrierte Einwanderer sagen, die das System von beiden Seiten kennen. Aber bekanntlich hört man nur das, was man gerne hören will. Wieso betroffene Fragen, wenn man alles besser weiß?

Die "missverstandenen" Botschaften der Politiker

Während man davon ausgeht, dass die Politiker einen Ausweg haben, stellt man die Inkompetenz der Regierung fest - untermauert mit Aussagen, die sie "nicht so meinten". Die Aussagen der Kölner Bürgermeisterin über die berühmte Armlänge und dem Verhaltenskodex scheinen dabei im Vergleich harmlos zu sein. Der NRW-Innenminister setzt die sexuellen Übergriffe mit der "Hetze im Internet" gleich - eine Verhöhnung der Opfer sozusagen. Im Geiste der Parteilinie wurden neben Relativierungen und Verharmlosungen ebenso sehr widersprüchliche Aussagen in den Raum geworfen. Der Spiegel-Kolumnist Jakob Augstein geriet wegen den Aussagen "Ein paar grapschende Ausländer und schon reißt der Firnis der Zivilisation." und "Der triebhafte Araber ist eine Erfindung des Westens." mehrfach unter Kritik. Der Hamburger Parteivorstand der Grünen schloss mit der verzweifelten Aussage "Alle Männer sind potenzielle Vergewaltiger. Auch ich." von der eigenen Partei auf die ganze Gesellschaft. Eine sachliche Diskussion, in der beide Seiten ihren Beitrag leisten könnten, wäre weitaus sinnvoller als populistische Augenwischerei-Politik. In so einer brisanten Situation ist es letztendlich wichtig, auf beiden Seiten nicht zu polarisieren.

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