Wieder ist es in Wien zu einer Demonstration gekommen. Nein, diesmal war es keine unangemeldete Demo der AKP-Lobby mit Gewaltausbrüchen gegen kurdische Cafes. Nein, diesmal war es eine antisemitische Demonstration "für Gaza".
Europa: Schauplatz der Radikalisierung
Ich will dabei gezielt keine inhaltliche Diskussion über den Nahost-Konflikt entfachen. Das Thema ist zu komplex und würde den Rahmen sprengen. Womöglich machen beide Seiten Fehler in diesem Konflikt. Das darf aber nicht als Rechtfertigung dafür dienen, im Herzen Europas, nämlich mitten in Wien, eine hasserfüllte Demonstration mit Gewaltaufrufen zu organisieren.
Hasserfüllte Reden, Gewaltaufrufe gegen andere Staaten, offener Antisemitismus - und das vor laufenden Kameras und vor Kindern. Im Deckmantel des Friedens werden radikale Parolen verlautbart. Schauplatz des Geschehens ist nicht Ramallah, Kabul oder Riad, sondern Wien.
Importierter Antisemitismus und externe Konflikte
Hierbei will ich den Antisemitismus zweifelsohne nicht instrumentalisieren. Dieser ist auch in der Neonazi-Szene nachwievor stark vertreten. Die größere Gefahr ist aber der importierte Antisemitismus, weil dieser viele Sympathisanten findet, in bestimmten Kreisen salonfähig ist, von manchen ethnischen Vereinen sogar gefördert wird und teilweise immun gegen Angriffe von außen ist.
Die übliche Ausrede, es gehe gar nicht um Antisemitismus, die Kritik richte sich nur gegen "Zionisten", ist ein durchschaubares Spiel. Kritik darf und soll an beide Parteien gerichtet werden - dennoch darf es hierbei nicht zu rassistischen Auswüchsen kommen.
Ethnische Segregation und Polarisierung
Im Kontext zum neuen Antisemitismus und der Demo-Kultur zeigt sich vor allem, dass eine gewisse ethnische Segregation stattfindet. Verursacht durch diese Gruppen, die externe Konflikte hineintragen, kein Teil der Gesellschaft werden wollen und die Rechtsstaatlichkeit gefährden. Ich will damit nicht sagen, dass Migranten, die hier leben, sich keine Sorgen über ihre Herkunftsländer machen sollen oder dürfen. Selbstverständlich bleibt trotz Integration eine Verbundenheit zur alten Heimat gegeben. Das ist nicht gefährlich, wenn man für einen zivilisierten und offenen Diskurs bereit ist - entsprechend der Regeln, die hier gelten.
Die eigenen Werte und die eigene Meinung den anderen um den Hals zu wickeln, sich nicht zu integrieren und parallelgesellschaftliche Strukturen zu fördern, ist hingegen unzulässig. Kulturelle Vereine, die diese Art von Radikalisierung fördern, sind eine Gefahr für das harmonische Zusammenleben in Europa.
Europa muss lernen, anderen zu zeigen, dass Errungenschaften wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und die eigenen Werte nicht verhandelbar sind.