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Diesmal schreibe ich keinen Beitrag über irgendeine parallelgesellschaftliche Entwicklung. Nein, diesmal will ich ein anderes Thema aufgreifen, was in der Flut an Beiträgen oft untergeht: Wo ist die Differenziertheit der Menschen geblieben? Und wieso leben wir viel lieber in einer Filterblase?
Die Dominanz der Polarisierung und Kampfbegriffe
Schaut man sich die Gesprächskultur und Politlandschaft der letzten zwei Jahre an, erkennt man eine steigende Polarisierung und weniger Akzeptanz für andere Meinung. Zugegeben, das ist nur meine subjektive Wahrnehmung. Es ist seit Jahren ein Trend - auch unter den Bloggern dieses Portals - gegen die eine oder andere politische Richtung zu schießen. Und das am besten sehr scharf, pauschalisierend und sich gleichzeitig als Opfer wahrnehmend. Es hat sich ein Wettkampf darin entwickelt, wer es am besten den "linken Gutmenschen" oder "rechten Nazis" zeigen kann und sich kampfrhetorisch überbietet. Beiträge, die sachlich ein Thema ansprechen, sind zu fad, weil keine Überspitzung und weil das eigene Weltbild - meistens schwarz oder weiß - nicht unterstützt wird.
Machen wir es uns zu gemütlich?
Machen wir uns doch nichts vor: Wir konsumieren Zeitungen und Beiträge, die unser Weltbild untermauern und bezeichnen andere Meinungen als Lüge oder weltfremd. Man muss ja andere Meinungen nicht annehmen, aber nachvollziehen sollte man sie schon können. Wieso versucht man den eigenen Horizont nicht zu erweitern, indem man sich vielleicht auch andere Meinungen holt? Womöglich Zeitungen mit verschiedenen Blattlinien liest, um sich eine halbwegs ausgewogene und realistischere Meinung zu bilden. Stattdessen lebt man lieber in einer Filterblase und beschwört entweder den nächsten Weltuntergang herbei oder geht mit einer naiven Brille durch die Welt.
Moralische Überlegenheit und Inakzeptanz
Früher habe ich immer gewisse politische Spektren dafür kritisiert, dass sie vorgeben, die moralische Überlegenheit bei verschiedenen Themen zu haben. Dass sie alle Andersdenkenden in eine Ecke schieben. Diese Kritik würde ich heute nicht nur an ein politisches Spektrum richten, sondern alle. Denn auch jene, die sich immer beschwert haben, dass "man ja gar nichts in diesem Land sagen darf, sonst steht man in einem Eck", greifen immer öfter zur selben Rhetorik. Ich will auf beiden Seiten keine Opportunisten loben, für die der Parteien- und Meinungspluralismus nur dann wichtig ist, wenn die eigene Partei und die eigene Meinung Oberhand gewinnen. Das merkt man oft in irgendwelchen Kommentarleisten - undifferenzierte Kommentare mit einer Portion Hass. Das gilt für beide Richtungen.
Politisierte Gesellschaft und subjektive Wahrnehmung
Desaströs wird es aber dann, wenn die Politisierung in alle Lebensfelder eintritt. Wenn Bekanntschaften verloren gehen, weil politische Meinungen im Weg stehen und wichtiger sind als Kollegialität und Freundschaften. Abgesehen davon hat man verlernt, zwischen der subjektiven und objektiven Wahrnehmung zu unterscheiden und tendiert oft dazu die eigene subjektive Wahrnehmung als Objektivität zu verkaufen.