TEIL 1: Der Bestellkrimi
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Jeder möchte heute Anbindung ans Netz der Netze, das Internet (aber doch nicht so?), auch vollzeitberufstätige Frauen über 50, die nicht zur digitalen Generation gehören, wenn auch auf herkömmliche Weise über ein klassisches Schnurtelefon. Regelmäßig von 8 nachbarlichen WLAN Anschlüssen gut "versorgt", erstrebe ich als eigenen Beitrag nicht nur für meine Gesundheit definitiv vollständiges Festnetzinternet mit Totalverkabelung, nach dem Motto sicher ist sicher.
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Jetzt habe ich die Qual der Wahl, oder in Wahrheit nicht einmal, denn B1 ist in Österreich der Festnetztraditionsanbieter, von dem die ganze Telekommuni- kationsinfrastruktur stammt. Der "Traditionsanbieter" B1 wirbt genau jetzt in seinem Angebot überall mit kostenloser Herstellung. Ich freue mich, denn ich bin ja Neukunde. Davon darf ich zumindest ausgehen, nachdem an meiner Adresse vorher noch nie jemand anderer gewohnt hat, ich Wohnungs-eigentümerin bin und last but not least, mein letzter Telefonanschluss an einer alten Adresse beim selben Anbieter schon 20 Jahre her ist. Doch dass B1, damals noch noch nicht fusioniert, sondern als Telefonanbieter AG ohne Doppelnamen, keine Daten vergisst, werde ich noch erfahren.
Einem B1 Ausdruck entnehme ich gerade folgenden genauen Wortlaut: "Bei Bestellung von B1 Inernet S..., entfallen für B1 Breitband-Neukunden (Kunden , bei denen am angegebenen Herstellungsort in den letzten 3 Monaten kein fixer Breitbandinternetanschluss von B1 bezogen wurde) mit Herstellungsort in ausgewählten Gebieten (abrufbar unter.., ich rufe natürlich ab und Hurrah!) die Herstellungsentgelte (bei Regelbauweise). Ausnahme: Falls Selbstinstallation technisch möglich ist, der Kunde jedoch Neuherstellung durch B1 wünscht, kommt dafür ein reduziertes Herstellungsentgeld (gemäß Regelbauweise) von €99,90 zur Verrechnung. [...] Zusätzlich erhalten B1 Breitband-Neukunden bei Bestellung von B1 Inernet S ein Tablet (chinesischer Hersteller) oder gleichwertiges gratis."
Ich freue mich schon auf das Kundengeschenk. Das chinesische Tablet werde ich gut gebrauchen können. Am 28.06.2000 wird es mir auf der B1 Website noch versprochen, ebenso wie die kostenlose Herstellung. Ich muss also noch heute online zuschlagen, denn ab morgen gibts kein Tablet mehr, die Aktion ist zu Ende, so die Werbung im Wortlaut. Beim Bestellen habe ich dann die Auswahl zwischen a) Selbstinstallation und b) Technikerherstellung, wobei mir bei Techniker- herstellung dann automatisch die 99,90 verrechnet werden, also geht es wieder einen Schritt retour und ich wähle vorsichtshalber die a) für Selbstinstalation. Ich weiß nicht ob diese bei mir technisch möglich ist, woher auch. Hmm, also mir steht die übliche Warteschleife der Hotline bevor.
Dann kommt die nächste Herausforderung. Das Häckchen bei den zig Seiten kleingedruckter AGB, um das komme ich nicht herum, wenn ich bestellen will, Widerstand zwecklos. Kein Mensch liest sie, ich natürlich auch nicht. Dann das Häckchen bei Zustimmung zur aktuellen Datenschutzerklärung mit a) für ja und b) für nein. Vorsichtshalber klicke ich als alte Datenschützerin auf b) nein und bin gespannt was jetzt passieren wird. "Wollen Sie trotzdem bestellen?" Ja, no na, denke ich, klicke also auf "ja".
Dann poppt die nächste Seite auf: "Vielen Dank, Frau Kundin. Wir haben Ihre Bestellung mit der Bestellnummer HAOO..... erhalten. Sie erhalten in Kürze eine Bestellbestätigung an folgende E-Mail-Adresse: richtigeKundenEmail-adresse@....at."
Unten finde ich: "Gesamtkosten "€0,00 einmalig, €29,90 monatlich." Meine Kontodaten habe ich zuvor eingegeben müssen.
Doch was muss ich jetzt auf der rechten Seite lesen: "Selbstinstallation & Lieferung. Ihre bestellten Produkte erhalten Sie per Post zugestellt."
Ich fühle mich restlos überfordert, denn einerseits ist es sehr wahrscheinlich, dass mir das, nach Eingabe meiner Kontonummer wahrscheinlich von mir bereits bezahlte, Päckchen einfach wie üblich vor die Tür oder über den Zaun geworfen wird, während ich in der Arbeit bin, andererseits brauche ich für das in Aussicht gestellte Homeoffice auch einen Festnetztelefonanschluss, den ich natürlich gleich mitbestellen möchte. Sonst hätte ich ja jeden anderen Anbieter auch nehmen können, Mobilmodem anstecken und fertig. Nein, nein, nein, das darf nicht wahr sein. Außerdem habe ich Papierrechnung angekreuzt und finde die Onlinerechnung hinterher bestätigt.
Noch schlimmer allerdings it, es steht kein weiteres Kästchen für den Telefonanschluss zur Auswahl. Wenn ich mir schon selbst ein analoges Festnetztelefon im Handel einkaufen muss, was ich zuvor bei Conrad online erledigt habe, übrigens mit verlässlich gutem Kundenservice, dann kann es nicht sein, dass ich die großartige kostenlose Herstellung restlos selbst erledigen muss. Ich bin schließlich kein Fernmeldetechniker. Das war einmal ein eigener Lehrberuf. Ich kann mich noch gut daran erinnern, aus einer traditionellen Postlerfamilie stammend, habe ich als kleines Kind im Wähleramt herumgeturnt. Ich sehe noch uns Kinder vor meinen inneren Augen wie wir die Geländer vom dritten Stock bis in den Keller hinunterrutschen und dort mit und ohne Filzpatschen verstecken spielen. Eine Woche später wird mir zufällig auffallen, dass der Beruf, in einzelne Tätigkeiten zersplittert, heute auch als viele einzelne freie Gewerbe ausgeübt werden kann. Komisch, denn einfacher ist er sicher nicht geworden. Sparen, sparen, sparen lautet da vermutlich die Devise, wenn da nicht prekäre Dienstverhältnisse im Spiel sind.
Zur Stunde recherchiere ich aber noch aufwendig und finde immer wieder, dass das Festnetztelefon anscheinend irgendwie im Nachhinein "jederzeit kostenlos" möglich ist. Ohne Anruf bei der Technikerhotline und Abklärung des WIE wird das aber sicher nichts.
Ich rufe an und jeder kennt das, WARTE und WARTE und WARTE. Ich probiere es wieder, lasse mein Handy in der Tonbandschleife und will es jetzt wirklich wissen. Ich WARTE und WARTE und WARTE, nach 1 Stunde 37 Minuten in der Technikerhotline gebe ich auf. Morgen ist auch noch ein Tag. Dass ich wirklich die Nächste sein werde, glaube ich bei aller Gutgläubigkeit jetzt nicht mehr. Dieser Anrufversuch war jedenfalls vor 18:00 Uhr, also der Zeit bevor der "B1 Guru", ein Schlem der sich jetzt denkt, das könnte der einzige Mitarbeiter mit Fachkenntnis an der Hotline sein, dicht macht.
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Bevor ich mit der Hotlinesisyphosarbeit weitermache, lese ich die erhaltene E-mail: "Liebe Kundin, wir haben Ihre Bestellung mit der Bestellnummer HA00..... erhalten. Ihre Bestellung können Sie uner b1.net/status verfolgen."
Nur, - da ist nichts zu finden, weder unter dem Link, noch unter der erwähnten Bestellnummer. Gibt es einen Vertrag, oder gibt es keinen Vertrag? Ohne Hotlineanruf geht gar nichts. Vielleicht können die mich auch schneller zu einem Techniker durchstellen, der mir sagen kann ob Selbstinstallation überhaupt möglich ist. Irgendwo im Haus gibts auch Glasfaser hat es vom Bauträger her geheißen und im Vorraum meiner Wohnung befindet sich ein eingemauerter Blechkasten mit ein paar Kabeln, die bisher noch keine Verwendung hatten. Er sieht mir verdächtig nach nicht völlig funktionslos aus. [Nachfolgende Recherchen auf der B1 Website, zwei Wochen später, (und natürlich über einen Konkurrenzanbieter) werden schließlich ergeben, dass sich das Ding "Medienverteilerkasten" nennt, und tatsächlich die 1. Wahl für einen FTTH Anschluss ("Fiber to the Home" ) gewesen wäre.] Lautet das Angebot deswegen auf "kostenlose Neuinstallation", weil ich dort selbst mit einer Beißzange ans Werk gehen soll? Ich darf gespannt sein.
Fortsetzung folgt...