"Sie befinden sich in einer Raumstation. Verwenden Sie die Handgriffe, um sich fortzubewegen". Eine Dame, etwa 80, mit einer klobigen Virtual-Reality-Brille (VR) vor dem Gesicht, befolgt die Anweisung. Und entschwebt in den Weltraum.

Das Projekt INEO, mit dem von der Reinprechtsdorfer Straße in Wien-Margareten aus ein kleiner Ausflug in den Erdorbit ganz leicht möglich ist, wurde nicht von einem millionenschweren Spielestudio erfunden. Ganz im Gegenteil. Hinter der Raumstation stehen fünf Schüler der HTL Spengergasse. Es handelt sich um ein Maturaprojekt.

"Die wichtige und stetig wachsende Zielgruppe der SeniorInnen konnte bislang von SpielegestalterInnen kaum bis gar nicht erreicht werden. Themen, Gestaltung und insbesondere Handhabung der gängigen Computerspiele sind nicht an die Bedürfnisse von SeniorInnen angepasst. Die beschäftigen sich dadurch erst gar nicht mit dem Thema", sind sich die fünf Burschen einig.

Dabei funktioniert die Kombination aus modernster Technik und der älteren Generation doch sehr gut:

Technisch betrachtet steht INEO auf soliden Füßen. Für das Spiel selbst wird die Unity-Engine genützt. Dabei handelt es sich um einen der beliebtesten "Baukästen" für 3D-Spiele. Die Basics sind relativ leicht zu erlernen, doch der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Kein Wunder, dass dieses Fundament für tausende kommerzielle und Gratisspiele genutzt wird.

Um sich im Raum bewegen zu können, bedarf es einiger weiterer Komponenten. Zuerst einmal die 3D-Brille, die das Gesichtsfeld vollkommen umschließt. Nur so kann die Täuschung (beinahe) Realität werden. INEO verwendet die HTC Vive, momentan das Topmodell am Markt. SpielerInnen haben einen Controller in jeder Hand. Das sind die "Hände", mit denen in der virtuellen Realität Dinge ergriffen, Knöpfe gedrückt und Hindernisse überwunden werden können. In jeder Ecke des Raumes steht eine sogenannte Basisstation. Die erfasst, wo sich die Person aufhält und setzt Bewegungen des Körpers um.

Das Herz der Operation ist ein hochgezüchteter PC. Um die Bilder realitätsnah und dreidimensional auf die beiden hochauflösenden Bildschirme in der Brille zu bringen, ist sehr viel Rechenpower notwendig. Der Bolide, den INEO dabei hat, packt das ganz locker. Und per Beamer können die Zuschauer live bei den Abenteuern mit dabei sein.

Ich schwebe!

Kaum sitzt die Brille richtig, befinden sich die SpielerInnen in einer anderen Welt. Wie etwa Alice Muttenthaler. Ende 70, mit geblümtem Kleid, begibt sie sich als eine der ersten in die unendlichen Weiten. "Ich schwebe tatsächlich", sagt sie. "Unglaublich!" Um dann ganz professionell in den Betatester-Modus zu gehen, denn das Spiel ist noch nicht ganz fertig. "Hoppla". Irgendwo war eine Pixelwand durchlässig und sie entschwebt der sicheren Raumstation. "Aber die Sterne sind auch sehr schön!" Das Team notiert eifrig mit. Bis zur Matura müssen diese kleinen Bugs noch behoben werden.

Ein Problem, das bei Virtual Reality (und teilweise auch bei den schon länger am Markt befindlichen Egoshootern) auftreten kann, ist "Motion Sickness", auch Kinetose genannt. Die Bewegungen in der VR passen nämlich nicht zu dem, was die Augen sehen. Tastsinn und Innenohr sagen dem Gehirn ganz klar: Du stehst auf festem Boden. Die Augen sehen jedoch Schwerelosigkeit, während die Hände den virtuellen Körper in alle möglichen Positionen bringen können. Das stellt den Gleichgewichtssinn mancher Menschen - egal welchen Alters - auf eine harte Probe. Es kann zu Schwindelgefühlen kommen. Frau Muttenthaler passiert das nicht. Von rund zehn SeniorInnen und zwei jüngeren TestpilotInnen klagt nur eine ältere Dame über kleinere Beschwerden. Nach einigen Minuten ruhig sitzen in der realen Welt ist das aber wieder vorbei.

Und wie kommt man da drauf?

VR und SeniorInnen ist ja jetzt keine Idee, die ganz automatisch entsteht. Wie so oft spielte das echte Leben hier Ideengeber. Projektinitiator Jakob Indra:

Irgendwann habe ich mit meinem Großvater übers Kanufahren gesprochen. Das mochte er immer sehr gerne. Und da dachte ich mir, das könnte man eigentlich als VR nachbauen. Schließlich konnte ich vier Mitschüler von dem Projekt überzeugen - und rausgekommen ist die Raumstation INEO!

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