1175 wird der jüngste Sohn Stefan Nemanjas, des Einers der serbischen Fürstentümer, geboren und in der Taufe Rastko genannt. Er erhält die übliche Prinzenausbildung, flieht aber, als er mit siebzehn Jahren verheiratet werden soll, auf den Berg Athos. In dem zum Panteleimon-Kloster gehörenden Rossikon wird er nach nur wenigen Tagen zum Mönch mit Namen Sava geschoren. Bald übersiedelt er in das Kloster Vatopedi, wo er die ganze oströmisch-griechische Bildung in sich aufnehmen kann. Hier findet Sava unter anderem die Hymnen des Göttlichen Lichts und der Göttlichen Liebe des heiligen Symeon des Neuen Theologen (949-1022) und versenkt sich in sie. Er war also bestens vertraut mit der authentischen orthodoxen Spiritualität der Vergöttlichung, der „Theosis“.
Stefan Nemanja akzeptiert den Schritt seines Sohnes schließlich und wird durch ihn zum Wohltäter des Heiligen Berges. Im hohen Alter selbst Mönch mit Namen Simeon geworden, zieht er zu Sava auf den Athos. Gemeinsam gründen sie 1198 ein Kloster für Serben: Hilandar. Simeon entschläft am 13./26. Februar 1200.
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Fünf Jahre nach Simeons Tod überführt Sava, der inzwischen Archimandrit geworden ist, den Leib seines Vaters in dessen Gründung, das Kloster Studenica. Er bleibt dann, die Notwendigkeit einsehend, über zehn Jahre in der Heimat.
Nach einem erneuten, zweijährigen Athosaufenthalt wird Sava 1219 vom Ökumenischen Patriarchen in Nikäa zum ersten Erzbischof für eine selbständige serbische Kirche geweiht. Mit dieser Würde bekleidet, krönt er 1220 seinen Bruder Stefan im Kloster Zica zum ersten serbischen König. Als Mönch in steter Zwiesprache mit Gott, sucht der Erzbischof als Ratgeber in politischen Dingen und als Erleuchter des Volkes durch den Bau von Kirchen und Klöstern ein im orthodoxen Glauben einiges Serbien zu schaffen. So will er das Werk seines Vaters vollenden. Sava denkt aber auch an die orthodoxe Welt insgesamt. Das zeigt sich besonders auf einer Pilgerreise ins Heilige Land.
Savas Abscheu erregt der Machtkampf zwischen dem neuen König Radoslav und seinem Bruder Vladislav, der bald nach dem Tod König Stefans im Jahr 1228 ausbricht. Nachdem er die Wogen geglättet hat, widersetzt sich Sava dem Unabänderlichen nicht und krönt Vladislav zum König. Darauf aber dankt er ab, übergibt die erzbischöfliche Würde seinem Schüler Arsenije und tritt eine sehr ausgedehnte zweite Pilgerreise an. Auf dem Rückweg macht er Station in der bulgarischen Residenzstadt Veliko-Trnovo. Und dort entschläft Sava – „der erste Erzbischof“ – , wie er seinen letzten bekannten Brief an seinen geistlichen Sohn Spiridon, den Abt von Studenica, unterschreibt. Es ist der 14./27. Januar 1236. Sein Leib wird zwei Jahre später in das von König Vladislav gestiftete Kloster Milesevo überführt.
– Wer nun war Rastko Nemanjic also, der heilige Sava? Er war in erster Linie jemand, der danach trachtete, Gott zu finden und in ihm sein Leben als Mensch zu gründen. Deshalb ließ er sich als Jugendlicher nicht in die politisch-dynastischen Pläne seines Vaters einspannen, den er gleichwohl sehr liebte, sondern floh auf den Athos und wurde Mönch. Deshalb suchte er auch in seinem ganzen weiteren Leben immer wieder die Einsamkeit. Deshalb führte ihn seine erste Pilgerreise ins Heilige Land, wo er in den Fußstapfen seines Herrn und Meisters Jesus Christus wandelte. Und deshalb erklomm er schließlich auf der zweiten Pilgerreise in prophetisch-zeichenhafter Vorwegnahme seines Lebenszieles so oft wie möglich den Gottesberg auf der Halbinsel Sinai.
Wirkliche Gott-Bezogenheit eines Menschen allerdings gebiert tiefstes Verantwortungsgefühl, gebiert wahre und ungeteilte Liebe. Und sie manifestierte sich bei Sava im nimmermüden Einsatz für sein serbisches Volk, für dessen geistliches und leibliches Wohlergehen, und im Kampf um eine stabile kirchliche und politische Ordnung.
In der Kirche des Klosters Milesevo, in der Savas Leib bis zu seiner Verbrennung durch die Türken 1595 ruhte, hat sich ein Fresko erhalten, das wahrscheinlich kurz nach seinem Tod entstanden ist (Titelbild). Es zeigt ein Antlitz, das die Spuren strengen Fastens trägt und gleichzeitig von großer Gefühlstiefe geprägt ist. Es zeigt den in der Schau des Göttlichen Lichts verweilenden, hochgebildeten Mönch aus fürstlichem Geblüt und den um die Menschen besorgten Erzbischof: Sava, einen unserer wahren Väter unter den Heiligen.
Die Kirche singt (Troparion, Ton 3, Kiever Weise): „Du warst des Weges, der zum Leben führt, / Unterweiser, Du, Erzhirte und Lehrer. / Denn Du kamest zuerst, Hierarch Sava. / Dein Vaterland hast Du erleuchtet / und als Wiedergeborene durch den Heiligen Geist / Deine ganz geheiligten Kinder Ölbäumen gleich / in das geistige Paradies eingepflanzt. / Deshalb verehren wir Dich als gemeinsam thronend / mit den Aposteln und den Hierarchen, / und wir bitten Dich: Bitte Christus Gott, / uns zu gewähren das große Erbarmen.
Das von Diplom-Theologe Michael Schulte ins Deutsche übersetzte Buch „Das Leben des heiligen Sava“ ist in den serbisch-orthodoxen Kirchen in Deutschland, Österreich und der Schweiz erhältlich.