https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Juergen_todenhoefer.jpg
Kaum ein anderer Publizist und Facebookpromi macht in den letzten Jahren so viel von sich Reden wie Jürgen Todenhöfer. Dabei sind er und seine Fangemeinde nie um sich stetig steigernden, menschenverachtenden Geschichtsrevisionismus verlegen!
Ein zwischen dem 26.03.2016 und dem 05.04.2016 mehr als 800.000 Mal angesehenes Video markierte jüngst einen neuen Gipfel der Geschichtsfälschung und Täter-Opfer-Umkehr (siehe: https://www.facebook.com/JuergenTodenhoefer/videos/10153602021380838/).
Das Video besteht aus einer willkürlichen Aneinanderreihung von meist falschen Behauptungen ohne Einbettung in historische Kontexte. Darin verharmlost bzw. bewirbt Todenhöfer türkischen und arabischen Kolonialismus. Er polemisiert gegen Interventionen anderer Staaten. Diese Form der Geschichtsfälschung ist unerträglich! Um auf alle willkürlich aneinander gereihten Punkte, die Todenhöfer aufzählt einzugehen, müsste man ein ganzes Buch schreiben. Im Folgenden gehen wir auf vier exemplarisch ausgewählte historische Lügen des Jürgen Todenhöfer ein.
Beispiel 1: Jürgen Todenhöfer, der heimliche Verfechter der alten Kolonialreiche!
Bei Todenhöfer heißt es:
1918 – 1923 Osmanisches Reich: Zerschlagung und Aufteilung unter den Siegermächten des Ersten Weltkriegs.
Was Todenhöfers verschweigt ist, dass das Osmanische Reich zu diesem Zeitpunkt nicht nur an der Seite des deutschen Kaiserreichs und Österreich-Ungarns gekämpft hatte, sondern auch noch einen Völkermord an insgesamt mehr als 2 Millionen Christen (Armenier, Assyrer / Aramäer / Syro-Chaldäer, pontische und ionische Griechen) sowie mehreren zehntausend jesidischer Kurden beging. Dass es seine Kolonien weggenommen bekam, war nur allzu logisch. Schließlich verloren alle Kriegsverlierer okkupierte Gebiete. So wurden z.B. die slawischen Völker des Balkans in die Unabhängigkeit von Österreich-Ungarn entlassen.
Das deutsche Kaiserreich verlor u.a. Posen, Westpreußen und Elsaß-Lothringen. Weil Todenhöfer die Verluste der meisten osmanischen Kolonien als antimuslimische westliche Aggression bezeichnet, muss man ihm im Umkehrschluss unterstellen, dass er die Unabhägigkeit der Balkanstaaten als unrechtmäßig betrachtet, und von einem deutschen Reich träumt, dass sich polnische und französische Gebiete wieder einverleibt.
Irgendwie passt das zusammen, bedenkt man dass Deutschland bereits vor 100 Jahren mit dem Osmanischen Reich verbündet war. Todenhöfer verschweigt letztgenanntes direkt und sein Geburtsland indirekt. Er outet sich also als Befürworter dieses genozidalen Bündnisses.
Beispiel 2: Die Halbwahrheit von der griechischen Aggression
Bei Todenhöfer heißt es:
1919 – 1922 Osmanisches Reich: Militärischer Angriff durch Griechenland.
Richtig ist zwar, dass das erst seit kurzer Zeit unabhängige Griechenland einen offen Krieg suchte, den es nur verlieren konnte und auch verlor. Dieser zog sich allerdings nicht, wie Todenhöfer behauptet von 1919 bis 1922, sondern von 1921 bis 1922 (siehe: http://www.regis-net.de/krieg/griet%FCrk.html)
Was Todenhöfer aber nicht erwähnt ist die Vorgeschichte
Nachdem nämlich vorher von 1912 an, fast eine 3/4 Million pontische und ionische Griechen von den Osmanen im Rahmen des bereits angesprochenen Völkermords abgeschlachtet wurden, ist die Behauptung Todenhöfers in ihrer Wortwahl reinste Propaganda und Geschichtsfälschung.
Auch vom "Massaker von Smyrna" hat Todenhöfer offenbar noch nichts gehört.
Daher möchten wir mit dem Text des Historiker Lou Ureneck (Wer ist das: http://www.bu.edu/com/about-com/faculty/lou-ureneck/), dessen Buch „The Great Fire“ hier vorgestellt wird: http://www.smyrnafire.com/ aufklären.
The Armenian Genocide Museum Institute http://www.genocide-museum.am/eng/photos/smyrna-34.jpg
Der 19. September 1922 in Smyrna, dem heutigen Izmir: Der Hafen und das Ufer sind voll mit mehreren zehntausend Flüchtlingen. Jede Nacht bahnen sich berittene türkische Soldaten ihren Weg durch die Menschenmassen, um junge Frauen aus ihr herauszugreifen.
Ein nicht enden wollendes Klagen der Hilflosigkeit und des Leids war aus der Mengen zu vernehmen. Aus diesem Klagen erheben sich ständig und immer wieder Schreie. Die alliierten Schiffe im Hafen versuchen die Flüchtlinge zu beruhigen, indem sie ihre Scheinwerfer auf das Ufer richteten, um die türkischen Soldaten zu verscheuchen.
Dieses alptraumhafte Detail stammt aus Ernest Hemingways (siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Ernest_Hemingway) bekannter Kurzgeschichte „On the Quay at Smyrna“ (An den Ufern Smyrnas / Izmirs). Hemingway selbst war niemals in der Stadt. Er erfuhr von den dortigen Zuständen aus den Erzählungen eines britischen Offiziers, der gerade von dort nach Konstantinopel (Istanbul) zurückgekommen war.
In Hemingways Kurzgeschichte heißt es außerdem: „Das Schlimmste, sagte er, waren die Frauen mit den toten Babys. Sie hatten Babys bei sich, die bereits sechs Tage tot waren. Jedoch würden sie sie niemals aufgeben. Es gab nichts, was man dagegen hätte tun können. Ich musste sie ihnen letztendlich wegnehmen.“
In derselben Nacht feierte Mustafa Kemal Atatürk seinen Sieg auf einer Party. Latife Hanum, die neue Frau an seiner Seite faszinierte ihn, und während das Leid der Flüchtlinge sich fortsetzte, tanzte er die ganze Nacht mit ihr.
Beispiel 3: Gute Osmanische Besatzer, böse Briten und Franzosen
Bei Todenhöfer heißt es:
1920 – 1946 Libanon: Französische Besatzung.
1920 – 1946 Syrien: Französisch-Syrischer Krieg und Besatzung.
1920 – 1948 Palästina: Britische Besatzung.
Die Osmanische Besatzung war also laut Todenhöfers Logik gut, während die britischen und französischen Mandate böse waren!
Was für eine Logik!
Tatsächlich waren die Mandate Frankreichs und Großbritanniens notwendig, um die nicht-sunnitischen Minderheiten die erst von Sultan Abdul-Hamit und dann von den Jungtürken systematisch und massenhaft umgebracht wurden, zu schützen.
Syrien und der Libanon boten gerade Armeniern und Aramäern / Assyrern / Syro-Chaldäern wichtige Rückzugsorte, wovon noch heutige Bevölkerungsanteile zeugen. Sie mussten durch die britischen und französischen Mandate geschützt werden.
Die Rettung armenischer Genzidüberlebender durch Franzosen beschreibt z.B. Franz Werfel in "Die vierzig Tage des Musa Dagh".
Die Massaker und Progrome an Juden im heutigen Israel erwähnt Todenhöfer ebenso wenig.
Beispielsweise während des „Hebron-Massakers“ am 23. August 1929, das unter dem Zeichen des muslimischen Schlachtrufs, „das Gesetz Mohammads wird mit dem Schwert durchgesetzt“ stand, kamen 67 jüdische Zivilisten ums Leben. In Safed wurden zur selben Zeit 45 Juden ermordet, insgesamt wurde durch das vom Großmufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, dem unumschränkten Führer der „Palästinenser“, inszenierte Blutvergießen in diesen Tagen 133 Juden ermordet und 339 verletzt. Viele arabische Einwohner in Hebron versteckten ihre jüdischen Nachbarn, so dass einige Juden das Massaker überlebten. (siehe: https://fidelchescosmos.wordpress.com/2011/05/15/vom-zerfall-des-%E2%80%9Eosmanischen-reiches%E2%80%9C-bis-zur-grundung-israels/)
4. Beispiel: Todenhöfer verteigt den Giftgasmörder von Halabdscha
Bei Todenhöfer heißt es:
2003 – 2011 Irak: Krieg und Besetzung durch USA, Großbritannien und die "Koalition der Willigen".
Hier wird also seitens Todenhöfer der Sturz des Diktatoren Saddam Hüseyin verurteilt.
Dass dieser am 16.03.1988 beim Massaker von Halbdscha 8.000 Kurden durch Giftgas töten lies, ist Todenhöfer und seinen Fans egal. Ausgrechnet jene, die sich über Bilder toter und verletzter palästinensischer Kinder empören, verhöhnen mit ihrer gezielten Desinformationen, die kurdischen Opfer Saddam Husseins.
Es ist schlimm zu lesen, dass immernoch unglaublich viele Menschen auf Todenhöfer hereinfallen!
Todenhöfer betreibt Geschichtsfälschung im großen Stil.
Aron Sperber weist zurecht darauf hin, dass er durch seine Propaganda, die bei Facebook täglich mehr als 2 Millionen Menschen erreicht, zur Radikalisierung junger Muslime beiträgt (siehe: https://www.fischundfleisch.com/aron-sperber/autochthone-hassprediger-deutscher-muslime-18743)