Über psychische Erkrankungen wird kaum geredet. Natürlich bräuchte es mehr Geld, aber wo braucht es das nicht? Wir bräuchten in Österreich auch mehr Geld für Schulen und Kindergärten, für Infrastruktur und so weiter. Und so wie sich Nachhaltigkeit erwiesenermaßen in der Pädagogik und in der Infrastruktur auszahlt, verhält es sich so auch bei der psychosozialen Betreuung. Es gibt Studien aus den verschiedensten Ländern, die belegen, dass es volkswirtschaftlich auf lange Sicht billiger ist, früh zu investieren, da so die Folgekosten gesenkt werden können. Das fängt mit Krankenhauskosten an, und geht bis zu entgangenen Steuern. Wer nämlich zwar krank ist, aber gut betreut wird, kann möglicherweise wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
Was noch hinzu kommt, ist, dass es in Österreich von Bundesland zu Bundesland einen großen Unterschied gibt, in welchem Ausmaß die Menschen psychosozial betreut werden. Das ist nämlich hauptsächlich Ländersache und somit wird man je nach Bundesland diskriminiert oder nicht. Zwischen Amstetten und Enns liegen in diesem Bereich mehr als 37 Kilometer auf der Autobahn! Manche Bundesländer organisieren die psychosoziale Betreuung zentral, andere lagern diese an NPOs aus. Das sind Aufgaben wie Beratung, mobile Betreuung zuhause oder Drogenberatung. Zudem wird das Budget genau in dem Bereich gekürzt.
Das Hauptproblem dabei ist, dass diese Menschen wenig Lobby haben. Natürlich muss überall gespart werden. Aber wenn es beispielsweise bei den LehrerInnen Veränderungen wie eine Erhöhung der Stundenanzahl gibt, gibt es eine mächtige Gewerkschaft, die das Ausmaß gut zu beschränken weiß. Werden hingegen Mittel für psychische Kranke gekürzt, regt das außer den Menschen, die in dem Bereich arbeiten, niemand auf – da wird niemand vor dem Parlament demonstrieren!
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Aber psychische Erkrankungen – von Schizophrenie über Depression bis zu Suchterkrankungen wie Alkoholismus – sind weitgehend tabu. Viele Menschen haben sich zwar in dem Bereich schon behandeln lassen, es wird aber kaum drüber geredet. Ich habe ja auch VIP-PatientInnen mit Alkoholproblemen. Dazu bekennen will sich aber niemand. Die, die etwas ändern könnten, schweigen. Und der Rest hat einfach nicht die Macht dazu.
Doch es ist schon auch so, dass sich in den letzten Jahrzehnten doch ein bisschen etwas verbessert hat. „Modeerkrankungen“ wie das Burnout, mit dem ich mich in meinem nächsten Beitrag beschäftigen werde, rücken psychische Gesundheit doch auch in den Fokus. Natürlich muss bedacht werden, dass das Burn-Out laut Weltgesundheitsorganisation WHO keine eigenständige Krankheit ist, sondern als „Erschöpfungszustand“ in das Kapitel „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ fällt. Es ist ein Lebensumstand, der krank mach kann, aber nicht muss. Aber es ist schon einmal ein erster Schritt, wenn die Menschen sich eingestehen, dass es ihnen nicht gut geht und sie sich Hilfe holen. Schließlich geht es um den Leidensdruck der betroffenen Personen.
Das Grunddilemma lässt sich fast leicht zusammen fassen. Es gibt viele Erkrankungen, die mit großer Scham behaftet sind und das sind nicht nur psychische. Über Impotenz wird auch kaum geredet. Und wenn, salopp formuliert, der Kopf, der Körperteil, der unser Wesen ausmacht, nicht „normal“ funktioniert, schämt man sich einfach dafür. Aber freilich muss sich weder der Betroffene, noch sein Umfeld, dafür schämen. Und warum ist das Burn-Out nicht schambehaftet? Weil man es mit hoher Leistung assoziiert...