Als ich zwei war, da wusste ich nicht so genau, was das heißt, zwei zu sein. Aber ich wusste sehr genau, was ich am liebsten sah und hörte. Ich wollte gerne hören, dass jemand mit mir spielen möchte und ich spielte. Ich wollte gerne bei Oma auf dem Schoß sitzen und ein Buch anschauen.

Was ich noch nicht lesen konnte, das las die Oma vor.

Was mich interessierte, da zeigte ich mit meinem kleinen Finger drauf.

Das waren wahlweise Drachen, Kinder, Hunde oder Katzen oder Zwerge, Prinzessinnen, Königinnen und natürlich Schneewittchen.

Das erste Bild von der Welt, das zaubert das Kinderbuch. Es ist die Basis für den Wunsch, selbst zu lesen und zu malen, es ist die Basis für das eigene Schreiben, für das eigene Lernen und Verstehen.

Ein Kinderbuch ist auch die Hoffnung auf die kommenden Generationen, es ist das Einfallstor der Ideen der Zukunft, es ist ein Panoptikum des Möglichen, ein Pflänzchen am Waldrand und vielleicht bald der neue Wald.

Die einzige Einflussmöglichkeit, mit der ein Großer auf die Kleinen einzuwirken vermag, das ist der Versuch

die selbstverlernte Kindersprache in sich neu zu beleben, um mit dem Nachwuchs auf freundliche Art zusammen zu kommen.

Beim Juristen ist das anders. Er verwaltet Regeln im Sinne derer, die in seinem Sinne sind.

Mehr machen Juristen nicht, bekommen dafür viel Geld, müssen dafür aber jahrelang studieren, müssen die Kinderbuchbilder abschalten, müssen die Neugier zähmen und den phantastischen Wildwuchs im Kopf ein für alle Mal verbannen.

Dafür dürfen sie dann ihre Bedeutung überhöhen und wissen dann in erlernter Unkenntnis ihrer eigenen Lebensanfänge ganz genau, welchen Preis Werte haben.

Und mehr wissen die leider nicht mehr.

Das ist echt traurig.

Wirklich traurig!