Am Bahnhof Völs steigt ein junges Paar aus dem Zug aus und nimmt den Postbus das Tal hinauf. Sein Ziel ist das Dorf Gries im Sellrain in Tirol, wo die beiden ihre romantischen Flitterwochen verbringen werden.

Es sind meine Eltern, und wir befinden uns im Jahr 1951.

Nach dem Tod meines Vaters 2013 zog meine Mutter in eine kleinere Wohnung. Dabei kamen viele interessante Dinge zum Vorschein, zum Beispiel das Notizbuch meiner Mutter von 1951. Die Seiten aus Gries im Sellrain sind hier abgebildet.

Meine Eltern besuchten das talaufwärts gelegene St. Sigmund, unternahmen einen Ausflug nach Innsbruck und bestiegen die umliegenden Berge (meine Mutter schrieb: “mehrere glückliche Tage”).

Nachdem ich diese Bilder gesehen hatte, wollte ich mir Gries in diesem Sommer selbst anschauen. Von Innsbruck führt eine Bergstraße hinauf in das Dorf, das so malerisch und abgeschieden ist, wie man es sich nur wünschen kann. Herr Hans Motz, der Gemeindeamtsleiter, war so freundlich, mir in Vertretung des Bürgermeisters das Dorf zu zeigen und auch den Grieserhof, in dem meine Eltern 1951 abgestiegen waren. Außerdem besichtigten wir die hübsche Kirche mit ihrem radikal umgestalteten Innenraum – bei den Einheimischen, wie ich erfahre, ein umstrittenes Projekt, für mich aber Ausdruck der genialen Fähigkeit der Österreicher, Altes und Neues auf fantasievolle Weise zu kombinieren.

Der Gedanke, dass meine Eltern hier in Gries zusammen Urlaub gemacht haben, hat mich zutiefst gerührt. Vielen Dank an Herrn Motz, der diese 67 Jahre zurückliegende Zeit für mich wieder lebendig gemacht hat.

Sollten Sie einen Urlaub in Tirol in Betracht ziehen, empfehle ich Ihnen Gries im Sellrain, das friedlichste und unverdorbenste Ferienziel, das man sich vorstellen kann. Natürlich kann man auch in Großbritannien gut Urlaub machen. Dem Notizbuch ist zu entnehmen, dass meine Eltern nach ihrer Hochzeitsreise 1951 (“fuhren im Mondlicht am Bodensee entlang … froh, als jemand ausstieg und wir einen Eckplatz bekamen … sind um 7 Uhr morgens in Boulogne angekommen”) das Festival of Britain in London besuchten. Manches ändert sich nie.