Der jüngste der vier Männer ist 82 Jahre alt. Er floh als Vierjähriger. Der älteste ist 98. Wohlgelaunt signieren sie Bücher und erzählen aus ihrem Leben.

Ich bin bei der Vorstellung des großartigen Buchs Vienna - London: Passage to Safety: Emigre portraits in photographs and words der österreichischen Fotografin Marion Trestler. Die Portraits zeigen 21 Überlebende der Kindertransporte – Züge, die jüdische Kinder 1938 und 1939 in Sicherheit nach Großbritannien gebracht haben. Neun der portraitierten sind seit Projektbeginn verstorben. Vier damals gerettete Kinder sind zur Buchpräsentation und der begleitenden Ausstellung in der Gallerie Bellearti gekommen.

Ein Ausstellungsraum im Keller zeigt die Koffer und Gegenstände, mit denen die Kinder ihre Reise antraten. Viele von ihnen haben ihre Eltern nie wieder gesehen und nahezu alle haben Verwandte im Holocaust verloren.

Die Geschichte der Kindertransporte ist beeindruckend. Neun Monate vor dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs leitete die britische Regierung den Transport von rund 10,000 jüdischen Kindern aus Österreich, Deutschland, der Tschechoslowakei und Polen nach Großbritannien ein. Der erste Zug verließ Wien am 10. Dezember 1938 mit 600 Kindern. Insgesamt konnten 2.844 Kinder Österreich auf diesem Weg verlassen.

Heute erinnern Statuen am Wiener Westbahnhof und der Liverpool Street Station in London an die Kindertransporte.

Bei der Buchpräsentation beschrieb Sir Erich Reich, der für seine Wohltätigkeitaktivitäten in UK zum Ritter geschlagen wurde (und als Kinderstatue in der Liverpool Street verewigt wurde) sein Entzücken als er das Buch endlich in Händen halten konnte: „Ich öffnete es und da war ich, im Alter von vier Jahren, gleich auf der ersten Seite“, sagte er. Das Buch zeigt das britische Einreisedokument, das ihm den Aufenthalt „zu Ausbildungszwecken unter der Obhut des Inter Aid Kommittees für Kinder“ erlaubt. „Das Buch zeigt auch eine Stempel“, so Sir Erich weiter, „auf dem steht Einreise in London an diesem Tag erlaubt unter der Bedingung, dass der Berechtigte kein Arbeitsverhältnis begründet, bezahlt oder unbezahlt, während er sich im Vereinigten Königreich aufhält. Aber ich war ja erst vier Jahre alt!“

Es ist sehr berührend mit den Männern zu sprechen. Eric Sanders wurde 1919 geboren und meldete sich als Freiwilliger bei der Special Operations Executive (SOE) in 1942 um gegen den Nationalsozialismus zu kämpfen. Ein Video, das von Marion Trestler begleitend zum Buch produziert wurde, zeigt ihn am Klavier, wie er das von ihm 1939 geschriebene Lied Bring meine Grüße nach Wien spielt und singt. Karl Grossfeld, 91 Jahre alt und ebenfalls bei der Präsentation, sagt im Buch: „Mein Leben war geprägt von Extremen von Glück und Pech, Freude und Tragik."

Die Ausstellung in der Gallerie Bellearti läuft noch bis zum 7. Dezember und ist einen Besuch wert. Auch das Video ist sehr sehenswert. Ich bin ergriffen von einer Aussage von Otto Deutsch, der im Januar 2017 im Alter von 89 Jahren verstorben ist. „Ich glaube, die Botschaft die ich weitergeben möchte“, sagt er, „ist, dass man Hass nicht mit Hass bekämpfen kann. Hass bringt nur noch mehr Hass.“

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