Wien: Moderne Sklaverei bekämpfen – Konkrete Maßnahmen

In meinem Blog über moderne Sklaverei vom Januar schrieb ich, es gebe sie “überall auf der Welt, auch in Europa, in großem Maßstab”.

Was also tun wir dagegen?

Schmid-Reportagen/Pixabay

Vor über 200 Jahren rief William Wilberforce in Großbritannien zum Kampf gegen die Sklaverei auf – er öffnete der Welt die Augen für die Gräuel und die Würdelosigkeit menschlicher Knechtschaft. Auch heute noch kämpft die Welt gegen Formen der Sklaverei. In Europa finden wir ihre Opfer in Nagelstudios, in Autowaschanlagen, in Schuppen, auf Feldern, in Bordellen.

Ausbeutung findet Tag für Tag statt. Nach jüngsten Schätzungen leben allein in Großbritannien zwischen 10.000 und 13.000 Opfer, weltweit sind es 45 Millionen. Es sind hilfsbedürftige Menschen, die eine Reise auf sich genommen haben im Glauben, dass sie legale Arbeit finden werden, und dann feststellen müssen, dass sie getäuscht wurden, Zwangsarbeit verrichten müssen, eingesperrt und missbraucht werden. Unschuldige werden zur Prostitution gezwungen, oft von Menschen, denen sie gutgläubig vertraut haben.

Vor kurzem wurde in Nord-London ein siebenjähriger Junge aufgefunden und gerettet, der als Haussklave gehalten worden war. Andere Kinder werden vergewaltigt, geschlagen und aus Profitgier von Kinderschänder zu Kinderschänder weitergereicht.

Die britische Premierministerin Theresa May hat sich dies zu ihrem persönlichen Anliegen gemacht. Als Innenministerin war sie für die Verabschiedung des neuen Modern Slavery Act in Großbritannien verantwortlich, des ersten Gesetzes seiner Art in Europa. Es sieht harte Strafen vor, damit Sklavenhalter hinter Gitter gebracht werden, wo sie hingehören, die übelsten Täter lebenslänglich. Außerdem erhalten die Opfer einen besseren Schutz und mehr Unterstützung. Der Wirtschaft wird eine weltweit beispielhafte Transparenzpflicht auferlegt: Die Unternehmen müssen jetzt beweisen, dass moderne Sklaverei weder in ihren eigenen Betrieben noch in ihren Lieferketten vorkommt.

Aber so wichtig es auch ist, die richtigen Gesetze zu haben – sie sind doch nur ein Teil des Puzzles zur Beendigung der modernen Sklaverei. Moderne Sklaverei ist ein weltweites Phänomen, das keine geographischen Grenzen kennt und auf internationaler Ebene angegangen werden muss. Wir brauchen also eine neue, breit angelegte Initiative, eine Zusammenarbeit mit internationalen Partnern, um dieses schändliche internationale Geschäftsmodell in den Herkunfts- und Transitländern zu zerschlagen.

Deshalb verstärkt Großbritannien seine diesbezügliche Zusammenarbeit mit anderen Regierungen, Strafverfolgungsbehörden und zivilgesellschaftlichen Gruppen in Mittel- und Osteuropa. Wir überlegen, wie wir Erkenntnisse über die Verbrecher, die vom Elend der Menschen leben, austauschen können, wie wir gegen die Nutzung des Internets zur Rekrutierung und Ausbeutung von Opfern vorgehen und wie wir dafür sorgen, dass Opfer so unterstützt werden, dass keine Gefahr einer Retraumatisierung besteht.

Daher hat es mich gefreut, am 1./2. Februar in Wien den ersten einer Reihe von Workshops in Wien, Sofia und Warschau zu veranstalten, mit denen wir Praktiker miteinander ins Gespräch bringen: Polizisten, Innenministerien, Grenzschutzpersonal und internationale Polizeiorganisationen, darunter Europol und SELEC. Mit anderen Worten: diejenigen, die an vorderster Front gegen die moderne Sklaverei kämpfen.

Die Teilnehmer des Workshops stammten aus ganz Mitteleuropa – Österreich, Slowakei, Polen, der Tschechischen Republik – sowie aus Großbritannien. Zu den Themenschwerpunkten gehörten die Bekämpfung krimineller Finanztransaktionen, Opferbetreuung und –befragung sowie Verbesserung des Informationsaustauschs zu diesem Verbrechen.

Das österreichische Bundeskriminalamt hielt eine beeindruckende Präsentation über seine Maßnahmen zur Bekämpfung von Zwangsprostitution, Ausbeutung von Arbeitskraft und anderen Formen moderner Sklaverei. Zusammen mit meiner Kollegin Emma Hopkins aus Sofia und Beamten der britischen Strafverfolgungsbehörden durfte ich auch die Zentralstelle des Innenministeriums zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität und des Menschenhandels besuchen, wo wir einen imponierenden Vortrag über Österreichs Arbeit in diesem Bereich hörten und die hervorragenden Einrichtungen sahen, die die Regierung hierfür bereitstellt.

Ich bin sicher, dass wir im Rahmen unseres geplanten Austauschs bester Praktiken mit unseren Partnerländern viel von Österreich lernen können.

Großbritannien ist dabei, sein Engagement gegen moderne Sklaverei in Europa und anderen Teilen der Welt zu verstärken und – gemeinsam mit Vertretern der betreffenden Regionen – die Hindernisse zu beseitigen, die einem effektiveren Vorgehen gegen die Menschenhändler im Wege stehen. Solche Hindernisse sind etwa eine schwache Erkenntnislage, Korruption an den Grenzen, legislative Defizite, mangelndes Wissen über die Nutzung des Internets durch organisierte Verbrecher und festsitzende Vorurteile gegen potenzielle Opfer, die zu einer mangelnden Bereitschaft führen, Vorfälle zu untersuchen.

Das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung wird ein wichtiger Partner für unsere Arbeit in der UN sein, das UN Global Goal 8.7-Ziel zu erreichen und der modernen Sklaverei bis spätestens 2030 ein Ende zu setzen.

#SlaveryIsNotModern

7
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 11.02.2017 19:28:25

irmi

irmi bewertete diesen Eintrag 11.02.2017 13:26:53

Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 11.02.2017 09:24:23

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 11.02.2017 08:47:57

Paradeisa

Paradeisa bewertete diesen Eintrag 10.02.2017 22:56:25

Margaretha G

Margaretha G bewertete diesen Eintrag 10.02.2017 19:46:09

philip.blake

philip.blake bewertete diesen Eintrag 10.02.2017 18:07:11

8 Kommentare

Mehr von Leigh Turner