Letztlich hat die Diskussion was von Haarspalterei, denn die Lohnsteuer ist ein relativ kleiner Posten unter den Abgaben auf Arbeit.

http://statistik.at/web_de/services/publikationen/20/index.html

"Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen 1995 - 2014"

Seite 51

2014 machte die Lohnsteuer (auf Arbeit!) 20,88 Mrd. aus. Darin ist aber noch die AK Umlage inkludiert (1,1 Mrd.), weshalb es eher nur 19,8 Mrd. sein werden.

19.93 Mrd. machten die Sozialbeiträge der Arbeitnehmer aus.

28 Mrd. kommen arbeitgeberseitig hinzu.

Darin nicht enthalten sind nun aber Abgaben wie FLAF Beiträge oder Kommunalsteuer. Die machen nochmals knapp 9 Mrd. Euro aus. Über den Daumen gerechnet schaut das so aus:

19,8 Mrd Lohnsteuer

19,93 Mrd SV Beiträge AN

28 Mrd SV Beiträge AG

8,8 Mrd "Produktionsabgaben auf Löhne"

1,1 Mrd. Kammerumlage

----------------------

77,63 Mrd. Euro

2014 entfielen also 25,5% der gesamten Abgaben (auf Arbeit) auf die Lohnsteuer. Dank Steuerreform werden es 2016 nur mehr 22% sein. Diese 22% in den Mittelpunkt zu stellen, bzw. deren marginale Anpassung an die Inflation, die übrigen 78% dagegen außen vor zu lassen, geht ein wenig an der Sache vorbei. Auch ist das subjektive Empfinden, dass von einer Steuerreform kaum Erleichterung zu erwarten ist (von Gegenfinanzierungen ganz abgesehen), natürlich völlig richtig.

Lustig ist die Diskussion auch vom Aspekt "Verteilungsgerechtigkeit" her. Jene 22% der Abgaben die nun auf die Lohnsteuer entfallen, sind die Einzigen mit progressiven Charakter. Nur die Lohnsteuer belastet hohe Einkommen stärker als niedrige. Jede Nivellierung in Form einer Steuerreform schwächt diese soziale Komponente zwangsläufig.

Die "restlichen" 78% haben hingegen in Summe stark degressiven Charakter, belasten niedrige Einkommen also weit stärker als hohe. Das setzt sich im Detail aus den kleineren Komponenten mit konstanten Steuersätzen (FLAF, Kommunalsteuer..), und den SV Beiträgen, die nur bis zur Höchstbemessungsgrundlage reichen, zusammen.

Summiert man beide Faktoren auf, dann haben wir im Endeffekt eine Art Flat-Tax auf sehr hohem Niveau, mit einem Bäuchlein rund um mittelhohe Einkommen, wo die Belastung am höchsten ist. Man könnte auch von einer Fat-Tax sprechen ;).

Das Grundproblem liegt im System. Zwar haben wir einen aufgeblähten Sozialstaat (mit geringer Treffgenauigkeit), der aber nicht wie in Skandinavien großteils über Steuern finanziert wird, sondern über SV Beiträge. Das heißt, es überwiegt der Versicherungscharakter, die niedrigeren Einkommen finanzieren sich ihre Sozialleistungen weitgehend selbst, mit dementsprechend hohen Beiträgen.

Um die soziale Komponente zu stärken, niedrige Einkommen zu entlasten, und Leistungsanreize zu erhöhen (in Hinblick auf die "Alternative" Mindestsicherung), müsste man paradoxer Weise die Lohnsteuer deutlich erhöhen, und im Gegenzug SV Beiträge senken.

Andererseits verschlingt die Bürokratie unter dem Titel "Sozialaufwand" enorme Summen. Man denke an das Geschäft mit AMS Kursen, Zuteilung von Sozial/Gemeindewohnungen nach dem Kriterium Parteibuch, oder Primarii deren Grundgehalt zwar unter Sozialaufwand verbucht wird, die aber weit üppigere Einkommen anderweitig erarbeiten und für ihr pragmatisiertes Gehald kaum einen Finger rühren.

Ja es ist ein unsoziales System, welches in Österreich installiert wurde. Ein System das sich aus der Klientelpolitik der GroKo entwickelt hat. Aus Sicht der ÖVP mag es attraktiv sein, ein Steuersystem zu haben, welches nur fordergründig sozial ist. Ihre Beamtenklientel wird ohnehin bestens versorgt.

Der SPÖ hingegen reicht diese Fordergründigkeit völlig um ihre Image damit zu pflegen. Ihr scheint eher wichtig über ein großes Sozialbudget möglichst frei zu verfügen um ihre Parteiklientel versorgen zu können.

Diese grundlegende Struktur wird von daher nicht in Frage gestellt, da sich beide Seiten darin bestens eingerichtet haben. Stattdessen erleben wir zum gefühlten 1000ten mal eine nebelwerferische Diskussion über Oberflächlichkeiten. Ersparen wir sie uns!

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