Böse Leute, böse Mächte wollen die Gesellschaft spalten, hört man immer wieder von Medien und Politikern. Was genau das bedeuten soll, wie diese Delinquenten die Gesellschaft spalten könnten und welche Ziele damit verfolgt werden sollen, bleibt darüber etwas nebulös. Bei solchen Neusprech-Schlagworten trifft das allerdings häufig zu.

Ungeachtet der Sinnhaftigkeit des Gesellschaft-spaltens handelt es sich zunächst mal um eine technische Herausforderung, also die Frage WIE man eine Gesellschaft spaltet. Um nicht schon im Ansatz der bösen Absicht zu scheitern, sei hier daher ein schlichter Leitfaden für solcherlei Vorhaben geliefert.

Das Grundproblem liegt erst mal darin, dass der Mensch ein soziales Wesen ist mit gewisser Flexibilität. Er passt sich also an, kommuniziert mit seinen Mitmenschen, sucht den Konsens. Er nimmt Gegebenes als gegeben an, erkennt Autoritäten an, geht Kompromisse ein, arrangiert sich und hält sich grosso modo an Gesetze. Der Mensch ist Konformist!

Aus dieser natürlichen Veranlagung heraus entsteht in weiterer Folge genau das was wir Gesellschaft nennen. Viele, viele Menschen leben unter Befolgung impliziter Regeln friedlich zusammen. Gerade diese Regeln bzw. deren selbstverständliche Befolgung ist dabei das Fundament einer Zivilisation, der Zivilgesellschaft wenn man so will.

Wenn ich nicht davon ausgehen muss, dass mich der Nachbar eines Tages erschlagen wird, dann muss ich ihn nicht vorher erschlagen. Wenn ich erwarten darf, dass die Lebensmittel im Supermarkt nicht vergiftet sind, dann ich sie kaufen und sorglos konsumieren. Wenn ich darauf vertraue, dass mein Mitarbeiter nicht die Kasse stiehlt, dann kann ich ihn auch mal allein im Laden lassen. Und wenn ich nicht befürchten muss nachher wegen Vergewaltigung angeklagt zu werden, kann ich einfach mal so mit einer Frau einvernehmlich schlafen.

Diese Regeln setzen in Summe enormes Potential frei, das uns einerseits Freiheiten gewährt und welches wir andererseits produktiv nutzen können. Dadurch, dass wir die Regeln kennen, nicht ständig neu verhandeln oder erkämpfen müssen, gewinnen wir Sicherheit und Effizienz im Rahmen der bestehenden Ordnung. Natürlich empfinden wir eine solche Ordnung daher auch als erstrebenswert, sanktionieren Menschen die sich nicht daran halten und gruppieren uns nach dem Kriterium der Kompatibilität. Der Nationalstaat ist eine logische Konsequenz daraus.

Böse Leute die eine solche Gesellschaft nun spalten wollen haben also gar keine so leichte Aufgabe vor sich. Es sind viele Baustellen zu bearbeiten soll das Spalten funktionieren.

1. Wäre mal der Konsens an sich zu ächten. Das was gewöhnliche Leute als Kultur, Tradition oder als gesellschaftliche Grundlage betrachten hat schlecht zu sein, Punkt.

2. Analog ist jeder zu verdammen der versucht sich schützend vor diese Ordnung zu stellen.

3. Sind Gruppen anhand oberflächlicher Merkmale zu definieren und gegeneinander aufzuhetzen. Also etwa..

a) Mann gegen Frau

b) Arm gegen Reich

c) Rasse gegen Rasse

d) Religion gegen Religion

e) Sexuelle Orientierung gegen sexuelle Orientierung

f) Fussgänger gegen Autofahrer

g) Raucher gegen Nichtraucher

h) Vegetarier gegen Fleischesser, usw.

Wer das Prinzip mal verstanden hat, wird endlos weitere Beispiele finden wo er hetzerisch intervenieren kann.

4. Um diese Unterschiede effektiv hetzerisch zu nutzen, empfiehlt es sich jedes potentiell emotionalisierende Detail extrem zu überzeichnen und endlos zu dramatisieren. Behaupten Sie einfach Raucher würden zigtausende Nichtraucher töten, spielen sie einen einzelnen Vergewaltigungsfall zu einer Verschwörung aller Männer gegen alle Frauen hoch, oder machen Sie ein ertrunkenes Kind zum Sinnbild eines passiven Genozids, oder so. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt!

5. Es könnte natürlich sein, dass eine Gesellschaft viel zu homogen und befriedet ist, als dass sich die Hetze effektiv implementieren ließe. Scheuen Sie in solchen Fällen nicht davor zurück Gegensätze zu importieren. Terror dort, ein Mord da, Kriminalität überall - sowas bringt auch die ruhigsten Gemüter in Wallung.

6. Nutzen Sie den generierten Unfrieden umgehend um noch mehr Bedrohung zu erzeugen. Ermutigen Sie Minderheiten zu sanktionsbefreiter Gewalt und erzählen Sie ihnen zugleich, sie seien überall durch die Mehrheit bedroht, was die Gewalt zugleich legitimiert wie auch motiviert. Schleußen Sie wenn möglich Agenden ein um die Stimmung anzuheizen.

7. Seien Sie ungerecht! Bevorzugen Sie grundlos eine Gruppe und benachteiligen eine Andere ohne dafür einen nachvollziehbaren Grund zu nennen. Tun Sie vielmehr so, als sei es Gott gegeben, alternativlos, verdient, auf jeden Fall aber gerecht. Auf keinen Fall dürfen Sie dabei eine Miene verziehen oder auch nur im Ansatz ihre Willkür durchblicken lassen. Vielmehr ist jeder der darüber spricht sofort zu denunzieren.

8. Lügen Sie, dass sich die Balken biegen! Erzeugen Sie eine ganze Welt aus Lügen, und hören Sie niemals auf zu lügen. Begründen Sie Lügen mit Lügen, lügen Sie einfach den ganzen langen Tag, delegieren Sie das Lügen, und lügen Sie im Chor. Mit einer solchen Armada an Lügen ausgestattet, schadet es Ihrer Sache auch nicht mehr wenn einzelne Lügen auffliegen.

9. In dem Sinne empfiehlt es sich grundsätzlich Tatsachen um 180° ins Gegenteil zu verkehren. Nein, nicht Sie spalten die Gesellschaft, ihre Gegner tun das. Nicht Sie haben die Gewalt zu verantworten, nein Ihr Gegner hat das. Nicht Sie sind böse, nein der Gegner ist das, wer auch immer es sein mag. Und da Sie grundsätzlich für jede eigene Missetat den Gegner beschuldigen, gewinnen Sie sogar noch den Status eines Propheten. Sie wissen nämlich schon wessen Sie den Gegner beschuldigen müssen, noch bevor dieser nichts getan haben wird.

10. Leiten aus dem von Ihnen erzeugten Chaos die Notwendigkeit einer totalitären Herrschaft ab und installieren Sie eine Gesellschaftsordnung Ihrer freien Wahl.

Gutes Gelingen!