Ja, es gibt sie noch die Erfolgsmeldungen. "Nur mehr" 1,5 Million Österreicher waren 2015 armutsgefährdet – 148.000 weniger als noch 2008. So zumindest vermeldete eben erst "der Standard".
Mich hat das etwas stutzig gemacht, denn 1,5 Mio. ist eine ziemlich hohe Zahl, wesentlich höher als das, was ich im Hinterkopf hatte. Waren es früher nicht 800.000, oder grad mal eine 1 Million gewesen? Wie konnte die Zahl dann sinken? Das wollte ich verstehen.
Also schlage ich in der Presseaussendung der Statistik Austria nach und sehe, dass es tatsächlich 1,551 Millionen sind, die armuts- und/oder ausgrenzungsgefährdet sind.
Ausgrenzungsgefährdet? Das beschreibt soziokulturelle Faktoren wie Bildung und Teilhabe an der Gesellschaft.
Mit diesem Kriterium fange ich wenig an und konzentriere mich daher alleine auf die Armutsgefährdeten. Deren Zahl sank von 1,252 auf 1,178 Millionen, also um 74.000. Immerhin.
Jetzt stellt sich nur die Frage, wie das denn gegangen sein soll. Sind die Reallöhne gestiegen? Nein! Ging die Lohnspreizung zurück? Im Gegenteil! Stiegen die Pensionen stärker als die Inflation? Auch nicht. Brachte die Mindestsicherung vielleicht eine Verbesserung? Geht nicht, da deren Bezieher deutlich zugenommen hat und jeder Einzelne davon per Definition arm ist. Die Familienbeihilfe wurde gar nicht an die Inflation angepasst. Und was die Arbeitslosigkeit angeht muss ich nichts erklären..
Wie genau konnte die Armut nun also sinken? Ausgerechnet ein Artikel im "dieStandard" liefert die Antwort:
http://derstandard.at/1259282032462/Statistik-Ueber-eine-Million-OesterreicherInnen-armutsgefaehrdet
1,018 Mio. waren demnach 2008 armutsgefährdet. Wie jetzt? Was stimmt denn nun?
Des Rätsels Lösung: die Erhebungsmethode wurde umgestellt. Die oben genannte um ein Viertel höhere Zahl des Jahres 2008 wurde erst viel später ermittelt und daher auch nie über die Medien kommuniziert. So stieg die Zahl der Armutsgefährdeten zuerst und ganz diskret um 234.000, um dann ganz offiziell und lautstark um 74.000 zu sinken.
Das ist das (Balsa-)Holz aus dem die guten Nachrichten heute so geschnitzt sind. Etwas dünn, aber immerhin. Und so ernst sollte man das Thema sowieso nicht nehmen. Denn niemand ist arm, sondern bloß höchst theoretisch "gefährdet".