Schlafes Schwester ist der Tod?!?

Und wieder einmal plagten sie Schlafprobleme. Aber nicht dass du glaubst sie ergäbe sich kampflos oder gar lethargisch ihrem Schicksal - nein an Eifer und Motivation fehlte es ihr nicht. Schließlich hat sie so gut wie nichts unversucht gelassen um ins Reich der Träume zu sinken: Betthupferl vs. Dinner Cancelling ... Füße wärmen mit Socken - Füße wärmen mit Socken und Öl - Füße in Freiheit lüften ohne Socken ... entspannen im wohlig-warmen Schaumbad - abschalten bei einer schweißtreibenden Laufrunde am Abend ... Milch mit Honig - Milch mit Honig und Rum ... Liebesschnulzen im Fernsehen schauen, die sie zwar einerseits fesseln, aber andererseits die Grenzen zum tranceähnlichen Traumzustand verschwimmen lassen - Wissensdokus einschalten, die sie zwar nicht interessieren, dafür aber fadisieren. Und am nächsten Morgen im Büro kann sie immerhin damit prahlen wie intellektuell interessiert sie nicht ist... Und all jene Bemühungen wurden unter unterschiedlichsten Bedingungen zu jeder Tages- und Nachtzeit getestet: am Abend nach der Arbeit, am Wochenende zum Mittagsschläfchen, nach einer durchzechten Nacht und auch wenn sie krank war und die Augen zwar nicht offen halten, aber eben auch nicht schlafen konnte. Der Doktor meinte körperlich sei alles OK, psychosomatisch wahrscheinlich eher nicht.

Und in einer einsamen schlaflosen Nacht, verlassen - nein eher vertrieben von allen zählbaren Schäfchen der Nacht - war es dann soweit. Fast schon resignierend stand sie aus dem warm-kuscheligen Bett auf, startete eine Rechercheaktion und tauchte ein die ungeahnten Weiten der Psychosomatik. Nicht-Schlafen-Können = Angst vor Kontrollverlust = Proleme mit dem Loslassen und Sich-Hingeben - hingeben dem Schlaf, der Nacht und dem Tod... (what?!?) Die Nacht und der Mond stehen für Weiblichkeit, die weiblichen Schamlippen wären ein Sinnbild für das "Tor zur Unterwelt" und der Orgasmus - ja der ist ja "der kleine Tod". Okay... vielleicht schläft man deshalb nach dem Sex so gut? Weil man ja gerade ein bisschen gestorben ist? Das würde auch erklären, warum meistens nur die Herren der Schöpfung vom postkoitalen Schlaf übermannt werden. Das Resümee der nächtlichen Wissensanreicherung lautete also: Alles weiblich, Liebe, Sex und Tod? Den Zusammenhang hierbei zu finden fiel ihr schwer... Und dann im Kräuterlexikon wieder sowas: Rosmarin - einerseits das Kraut der Aphrodite, Hochzeitskraut, Aphrodisiakum und andererseits traditionell bei Begräbnissen vielfältig verwendet. 2. Resümee dieser so Wissens-Schaffenden Nacht: Kleinste Gemeinsame Nenner sind Loslassen (der Individualität) und Hingeben (zum Gemeinsamen - großen Ganzen). Das soll es also erklären, das verbindet alles?

Immerhin es stimmt schon - neben dem Problem mit dem Schlafen, hat sie auch so ein Problem mit dem Kontrolle abgeben - eben Loslassen und sich (voll Vertrauen) einfach hingeben,... Und der Tod macht ihr Angst. Aber wahrscheinlich ist das auch natürlich und halt menschlich. Alle die so sehr am Leben hängen, haben so ihr Problem mit der Sterblichkeit. Was nun wieder auch klar ist - weil wenn man das Leben loslässt, stirbt man ja. Und manchmal hängen wir so sehr am Leben fest, dass wir unser Problem mit dem Tod zum Problem unserer Sterbenden machen - wir lassen sie nicht los, obwohl sie selbst schon gehen wollen.

Aber wer hat denn keine Angst vorm Tod, fragte sie sich. Menschen mit Nahtoderlebnissen oder Menschen, die schon ein Stückchen des Weges gegangen sind, blicken zumeist nicht gerade mit panischer Abwehrhaltung zurück auf den Tod. Spielt der Schrecken nur in unserer menschlichen Vorstellungskraft eine Rolle? Wurde die Furcht vielleicht auch durch religiöses Fegefeuer geschürt bzw. entfacht? Vielleicht sollte sie ihren Umgang mit dem Tod tatsächlich überdenken. Im Lauf der Geschichte und in unterschiedlichen Kulturen hatten die Menschen einen anderen Zugang zum Tod. Mancherorts wurden an reichlich gedeckten Tafeln Plätze für verstorbene, geliebte Menschen freigehalten und ihnen auch Mahlzeiten serviert. Manchmal in ganz unterschiedlichen Rahmen, zu verschiedensten Zwecken und oft einfach nur so unterhielt man sich mit den Toten. Zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort wurden Gräber mit humorvollen, ja wirklich witzigen Sprüchen verziert und Todestage gefeiert - auch wenn die Verstorbenen keine berühmten Persönlichkeiten und nicht bereits seit 250 Jahren tot waren. Und manchmal denkt sie, haben auch Kinder einen anderen, ursprünglicheren Zugang zum Tod. Und sie fragt sich, ob bei all den Gesprächen mit imaginären Freunden, nicht auch ab und an Schwätzchen mit Verstorbenen darunter sind?

Und im Gedenken an ihre verstorbene Großmutter, die nach der Schule immer mit einem warmen Essen zu Hause auf sie wartete, mit der sie die ersten Hausaufgaben machte und fein-säuberlich altkluge Weisheiten in die Stammbücher der Schulkameraden schrieb. Bei der sie abends immer länger aufbleiben durfte (quasi die ersten Party-Nächte), Eierlikör verkosten durfte (tatsächlich die ersten Erfahrungen mit Alkohol) und mit der sie vorm zu Bett gehen immer abwechselnd Reime aufsagte, bis die Oma endlich einschlief. Bei all diesen und noch vielen weiteren Erinnerungen aus der Kindheit nahm sie sich fest vor die heurigen Allerheiligen aktiv gemeinsam mit ihr zu verbringen - morgens mit ihr zu backen, sie später zu besuchen, mit ihr spazieren zu gehen und abends bei einer Tasse Kakao und dem vormittags Gebackenen sich tiefgründig mit ihr zu unterhalten und vor dem Einschlafen noch einmal mit ihr zu reimen. Und während dieser Gedanken an wohlige Kindheitserinnerungen und mit Ausblick auf zukünftige gemeinsame Tage, schlief sie ein ohne es zu bemerken.

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Sandy

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fischundfleisch

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