Das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU ist in Österreich in aller Munde – zurecht. Weil der Abschluss der Verhandlungen noch lange nicht das dicke Ende sein wird.
Lebensmittelsicherheit und mehr: Unser Schutz zieht den Kürzeren
Am Freitag ging in Brüssel die insgesamt 8. Verhandlungsrunde zu Ende, dieses Mal auf der Agenda standen die gerade in Österreich so wichtigen Themen Lebensmittelsicherheit, Tier- und Pflanzenschutz. Gemeinsam mit unserem europäischen Netzwerk „Friends of the Earth Europe“ haben wir bei der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 diese Woche eine Analyse des von der EU vorgelegten Verhandlungsvorschlages veröffentlicht, der unsere Befürchtungen bestätigt. (Friends of the Earth Analyse „How TTIP undermines food safety and animal welfare“ http://www.foeeurope.org/how-TTIP-undermines-food-safety-animal-welfare-040215) Interessen der Gesellschaft, wie Lebensmittelsicherheit oder der Tierschutz in der Lebensmittel-Produktion ziehen in diesem Abkommen den Kürzeren – die Handels- und Wirtschaftsinteressen gewinnen. Und das nicht nur bis zum Abschluss der Verhandlungen sondern auch danach.
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Warum? Nach jetzigem Verhandlungsstand soll am Ende nicht nur durch den Vertragstext eine möglichst weitreichende Liberalisierung des gegenseitigen Handels erreicht werden, sondern es sollen auch nach Abschluss der Verhandlungen noch möglichst viele Türen offen stehen, um gegenseitige Handelsinteressen durchzusetzen. Geplante Regulierungen neuer Entwicklungen in den USA oder in Europa – ob es um Fragen des Tierschutzes in der Fleischproduktion oder Standards für Pestizidrückstände im Obst- und Gemüseanbau geht – würden nach den Wünschen der TTIP-Verhandler in Zukunft also zuerst unter dem Blickwinkel betrachtet, ob sie den Handel fördern oder beeinträchtigen – ob sie also ein Handelshemmnis darstellen könnten. Zu diesem Zweck soll ein neues, intransparentes Gremium geschaffen werden, der sogenannte „Regulatory Cooperation Body“.
Black Box: Regulatorische Kooperation
Amerikanische und europäische Verwaltungs-ExpertInnen sollen ein Komitee bilden, den sogenannten Regulatory Cooperation Body, dessen Aufgabe es wäre noch vor den Gesetzgebungsprozessen geplante neue Produktstandards auf „TTIP-Tauglichkeit“ zu prüfen. ExpertInnen aus den jeweiligen Branchen, zum größten Teil die Vertreter der Industrie-Interessen, hätten Zugang zu den Diskussionen in dieser regulatorischen Kooperation – es geht ja „nur“ um technische Standards ihre Produkte betreffend. KonsumentInnenschutz-, Umwelt-, und Gesundheitsinteressen, aber wohl auch die Interessen von kleinen und mittleren Betrieben oder Nischenmärkten, blieben lieber draußen. Aus der Black Box Regulatorische Kooperation käme dann eine Meinung zu den anstehenden Regulierungen. Der Druck auf einzelne Staaten, Regulierungen, die zwar positiv für die Gesellschaft sind, jedoch Auswirkungen auf den Handel haben könnten, erst gar nicht zu erlassen, wird dadurch enorm steigen – auf beiden Seiten des Atlantiks.
Ein Beispiel: Wollte einer der Partner ein aufgrund neuer Erkenntnisse in Zukunft als gefährlich eingestuftes Pestizid zur Anwendung verbieten oder die relevanten Grenzwerte senken, würde diese Maßnahme damit zuerst unter Handelskriterien betrachtet. Durch die Brille „Maximierung der Handelsbeziehungen“ gesehen, könnten strengere Regeln für die Behandlung von Obst und Gemüse natürlich immer den Handel einschränken. Sollen die gesundheitlichen Grenzwerte nun deswegen nicht gesenkt werden, weil es zwischen den USA und Europa unterschiedliche Sichtweisen zum Thema gibt? Handel über Gesundheit zu stellen - das wäre wirklich ein schlechter Deal.
Dazu kommt dann noch das Drohpotential der privaten Schiedsgerichte – schließlich könnten ja Konzerne am Ende des Gesetzgebungsprozesses auch noch die Staaten klagen, fühlten sie sich durch die neue Regulierung um die Gewinnchancen aus ihren Investitionen gebracht.
Übrig bleibt, dass die Frage ob in einem einzelnen Fall KonsumentInnenschutz oder der Freihandel als wichtiger gewertet werden, nach Abschluss von TTIP noch mehr unter wirtschaftlichen Druck geraten wird. Sie wird auch nicht mehr nur in unseren gewählten Parlamenten entschieden werden, wenn entscheidende Fragen unseres Gemeinwesens in zwischenstaatliche Beratungsgremien verlegt werden. Europäische und nationale Demokratie? Sie ziehen hier den Kürzeren.
Einmischen possible!
Ob das alles am Ende so kommt? Noch wird ja verhandelt, ist hier das gängige Argument, warten wir doch ab. Aber, ganz im Gegenteil. Einmischen ist gefragt, wann immer möglich. Interessen der Handelstreibenden werden derzeit bei den Verhandlungen zu Freihandelsverträgen vor den Schutz der KonsumentInnen und der Umwelt gestellt. Handelsverträge bleiben Handelsverträge und werden eben so einfach keine Umweltschutz- oder KonsumentInnenschutzverträge. Daran ändert sich durch Abwarten nichts. Daran ändert sich nur etwas wenn wir nicht müde werden, unsere Stimme hören zu lassen. Für ein anderes Handelsmandat und eine andere transatlantische Partnerschaft - denn verhandelt wird in unserem Namen.
Was du persönlich tun kannst? Bei GLOBAL 2000 andocken und unsere TTIP stoppen-Koalition bei Ihrer nächsten großen Aktion im April unterstützen. Einfach ein E-mail schreiben an office@global2000.at - und wir halten dich auf dem Laufenden.