finisnoxx

Sicherlich kennen Sie die Bilder vom Storch, der ein Körbchen mit einem Baby trägt – blaues Schleifchen für Jungs - rosa für Mädchen? Ja? Na ja. Alles hin. Die guten alten Zeiten des Klapperstorchs, der sich mühsam beladen durch die Luft kämpfte, sind Vergangenheit. Hinweg genagt vom Zahn der Zeit, zusammen mit Bienchen und Blümchen.

Schon als wir uns ein Kind wünschten (mein Mann und ich, was dachten Sie denn) hatten die Störche das Baby-Geschäft längst aufgegeben. Vermutlich wegen der weitverbreiteten Undankbarkeit. Denn schließlich, wer hat ihnen jemals gedankt?

Aber was hieß das nun für uns? Was wohl. Üben, üben, üben! Sagte jedenfalls unser Hausarzt damals kumpelhaft zu meinem Mann, der damit kein Problem hatte. Offenbar haben wir so gut geübt, dass es am Ende sogar Zwillinge wurden. Ich will mal nicht behaupten, dass uns das Training missfallen hätte. Es war jedenfalls allemal besser als japsend zu joggen oder im Fitness-Studio Jane-Fonda-mäßig rum zu hampeln. Ich will nicht ungerecht sein – schließlich erinnere ich mich noch an die begeisterten Berichte vieler Aerobic-Fanatikerinnen; also was ich sagen wollte: Wer weiß schon wie viele Kinder am Rand dergleichen Aktivitäten zustande kamen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Woraus ich hinaus will?

Nun, um es mal vorsichtig auszudrücken: Kinderkriegen war für die meisten von uns eine (gelegentlich auch sehr ungewollte) Folge von gewissen Aktivitäten. Über die damals Frauen untereinander genauso oft sprachen wie die Jüngeren heutzutage, die immer (vermutlich seit der Steinzeit) denken, sie hätten in der Beziehung das Rad erfunden. Nur mal so nebenbei, in der Beziehung gab es schon seit damals nichts bemerkenswert Neues mehr. Ok. Bis vor ein paar Jahren hat vermutlich niemand dabei ge-whatsAppt.

Aber ich schweife ab. Was ich sagen wollte war eigentlich, dass es auch zu damaligen Zeiten (als noch Dinosaurier lebten) für jene Paare, die keine Kinder bekommen konnten, Alternativen gab. Zum Beispiel die In-vitro-Methode. Das war etwas Besonders und wurde deshalb in allen Medien als großer Durchbruch gefeiert. Ja wirklich. Diese uralte Methode war mal was total Neues, das alle erstaunte und die merkwürdigsten Bedenken hervorrief. Denn Kinder, da war sich die Mehrheit einig, mussten auf die altbekannte Art gezeugt werden. Ansonsten fehlte ihnen gar noch irgendwas. Zum Beispiel eine Seele. So war das eben als unsere tapferen Männer einmal die Woche zur Mammutjagd gingen. Damit wir was zu essen hatten.

Aber das alles könnte bald schon Vergangenheit sein. Ich weiß, Sie vermissen es jetzt schon, aber da müssen Sie halt durch. Die Moderne macht vor niemanden Halt. Beschweren Sie sich bei Professor Henry Greely von der Universität Stanford, der sich ganz sicher ist, dass Sex zum Zwecke der Fortpflanzung in 20 bis 40 Jahren gänzlich unnötig sein wird. Das zumindest behauptet er in seinem Buch ‘The End of Sex and the Future of Human Reproduction’.

Keine Ahnung welche Probleme der Mann hat.

Jedenfalls ruft der gute Professor begeistert eine Zeit aus, in der jeder ganz ohne Sex so viele Babys haben kann, wie er oder sie will. Hm. Und wie soll ich mir das vorstellen? Ist Professor Greely ein durchgeknallter Esoteriker? Der zum ultimativen Fruchtbarkeitstanz rät? Nein. Seine total politisch korrekte, ganz leichte und überall und praktisch von jeder Paar-Konstellation anwendbare Methode besagt, Mann und (leider noch) Frau sollen einfach Haut und Sperma abgeben.

Wie bitte? Habe ich nicht vor kurzem etwas über eine Hand gelesen, die schwanger werden kann? Kleiner Scherz. Natürlich meint es der Professor todernst. Und er hat einen Auftrag. Allen Menschen zu Kindern zu verhelfen. Ganz ohne Eier. Nein. Ich habe NICHT das Thema gewechselt. Ei – so wie Ei-Zellen. Von Frauen. Nicht von Hühnern.

Ei-Zellen von Frauen sind teuer. Und nicht leicht zu ergattern für jederMann. (Außerdem kommt in DIESEM VERALTETEN Szenario den Frauen viel zu viel Wichtigkeit zu!) Also soll nun das Kinder-Wunschpaar in ein Reproduktionslabor gehen und dort ein Stück ausgestanzte Haut (im Moment noch von einer Frau, ja, da steht wirklich ausgestanzt) abgeben. Während der Mann ganz retro lediglich sein Sperma zur Verfügung stellt. Aus der Haut sollen dann Stammzellen produziert werden, die anschließend mit dem Sperma vereint werden sollen. Sie lesen richtig. Da steht ‚vereint‘. Professor Greely ist wohl, trotz seiner innovativen Ideen, ein altmodischer Romantiker.

Nach der Vereinigung allerdings ist Schluss mit Romantik. Die gezüchteten Dreizeller werden (sind sie lebensfähig) zunächst auf Krankheiten und Erbmerkmale getestet. Informationen über Haar- und Augenfarbe, Geschlecht oder über Verhaltensweisen können ausgelesen werden. In Kürze, da ist sich Greely sicher, schafft er das. Ungeachtet des Hohns seiner Kollegen, die darauf hinweisen, dass die meisten der von ihm als Wunschanlagen aufgeführten Eigenschaften bislang nicht einmal ansatzweise einzelnen Genen zugeordnet werden können. Im Moment scheinen die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf diesem Gebiet eher darauf hinzudeuten, dass sich die meisten Eigenschaften aus ganzen Strängen DNS bilden. Was ein Herumpfuschen ziemlich gefährlich erscheinen ließe. Greely ist da zuversichtlicher. Und prophezeit den zukünftigen Eltern die alleinige Entscheidungshoheit über die Erbanlagen der Wunschkinder.

Dem Zufall oder gar der mangelhaften Natur wird da nichts mehr überlassen. Womit dann endlich auch die schönste Nebensache der Welt überflüssig wird. Was der Professor wiederum – wie er in einem Interview mit der britischen „Times“ stolz verkündete - als Evolutionssprung ansieht.

Herkömmliche Befruchtungen und Schwangerschaften würden in der Gesellschaft bald mit Ekel angesehen und dergleichen Nachwuchs würde stigmatisiert! So wie Sex mit Frauen. Klar. Mir scheint, das arme Würstchen* hat zu viele schlechte Filme gesehen. In denen seine speziellen Wunschträume irgendwie geregelt wurden. Mit so richtig toll aussehenden Zukunftsmaschinen. Immerhin träumt er tapfer seinen Traum vom Kinderkriegen ohne Frauen, beziehungsweise ohne Beteiligung von Frauen. Und das mit der Haut ist sicher auch noch ausbaufähig.

Frauen könnten in anonymen Prozeduren Haut abgenommen bekommen. Und wenn sie nicht wollen? Oder wenn die meisten – wie Professor Greely sicherlich hofft – in der Zukunft alle sterilisiert wurden, damit keine Gefahr besteht, dass natürliche Schwangerschaften entstehen? Dann gibt es sicher einen blühenden Schwarzmarkt für Frauenhände.

Was ist mit Sex? Haben die Menschen dann noch Sex miteinander? Und wenn ja, welche Art Sex ist dann erlaubt? Wer darf mit wem? Und ist die altmodische Variante dann gänzlich verboten? Professor Greely hofft das. Prophezeit das. Jubelt schon in Gedanken an diese schöne neue Zeit.

Ich dagegen mag es mir nicht vorstellen. Und wie das Leben so spielt, Professor Greely, ich bin fest davon überzeugt, dass ich das auch nicht muss.

Denn das Leben ist gemein zu durchgeknallten Professoren.

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* Sie lasen ein satirisches Wort

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bianka.thon

bianka.thon bewertete diesen Eintrag 11.04.2016 21:53:36

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