Placebos – Wie die Psyche bei der Heilung mitspielt.

Der Glaube versetzt Berge: Eine Tablette kann selbst dann wirken, wenn sie keinen Wirkstoff enthält. Dieses Phänomen ist ein typischer Placeboeffekt. Er spielt eine wichtige Rolle in der Therapie – und ist in der Forschung ein Dauerbrenner. Wie lässt sich der Placeboeffekt erklären? In der Medizin versteht man unter Placebo ein wirkstofffreies Präparat, das statt eines Wirkstoffs beispielsweise nur Milchzucker enthält und dennoch bei Kranken positive Wirkungen, manchmal sogar unerwünschte Wirkungen auslöst. Es gibt viele Beispiele für Placeboeffekte: PatientInnen mit Arthrose, deren Schmerzen durch das Scheinmedikament abnahmen, fühlten sich wieder beweglicher. Placebos können sogar den Blutdruck senken und das Wohlbefinden bei Erkältungen bessern.

Farben haben einen Effekt

Schon lange weiß man, dass Farben einen Placeboeffekt haben: Grün ist eine bevorzugte Farbe für Schlafmittel und entspannt, sofern man als Patient weiß, dass man ein Beruhigungsmittel erhält, Rot wirkt dagegen anregend wie ein Aufputschmittel. Die Form des Präparats kann ebenso eine Rolle spielen wie die Art der Anwendung: Spritzen sind wirkungsvollere Placebos als Tabletten.

Wie kann man sich diese Effekte erklären?

Dem Placeboeffekt liegt eine (weitgehend bewusste) positive Erwartungshaltung gegenüber den Medikamenten zu Grunde, die durch ein gutes Verhältnis von Patient und Arzt noch besser wird. Vertrauen stärkt die Hoffnung – genauso wie sich Angst gegenteilig auswirken kann (Nocebo-Effekt). Eine Hoffnung auf Linderung von Beschwerden wird erstaunlicherweise selbst dann kaum getrübt, wenn dem Kranken bekannt ist, dass er ein Placebo einnimmt. Übrigens spielen selbst die Kosten eine Rolle: Teure Medikamente haben einen stärkeren Placeboeffekt als billige.

Placeboeffekt auch bei Psychopharmaka?

Für Antidepressiva hat man ermittelt, dass positive Effekte durch „echte“ Arzneimittel zu je einem Viertel auf der Wirkung des Antidepressivums und spontaner Besserung beruhen. Aber zur Hälfte basieren sie auf dem Placeboeffekt. Manchmal werden Schlafprobleme mit Placebos behandelt, weil hier der Effekt hoch ist und sich so eine drohende Abhängigkeit von echten Schlafmitteln verhindern lässt.

Wie auch immer ein Placebo genutzt wird, ob im Rahmen einer Arzneimittelstudie oder zur Therapie, die Verantwortung trägt der behandelnde Arzt. Er muss die Patientin oder den Patienten über die Wahrscheinlichkeit eines Nutzens und die möglichen Risiken aufklären. Und der Patient muss in die Behandlung einwilligen.

Zwillingsbruder Nocebo-Effekt

Es geht offenbar auf sein Konto, dass bei Medikamenten so manche Nebenwirkung deshalb auftritt, weil sie erwartet wird. Das lateinische Nocebo bedeutet: Ich werde schaden. Der Autor Magnus Heier, praktizierender Facharzt für Neurologie schreibt in seinem Buch über den Nocebo-Effekt, wie negative Erwartungen die eigene Wahrnehmung und das Wohlbefinden beeinflussen. Der Autor berichtet von Menschen mit heftigen Darmkrämpfen, die unter einer vermeintlichen Laktoseintoleranz litten, aber medizinisch nachweislich keine Laktoseintoleranz hatten. Dramatisch verlief die Situation eines jungen Mannes, der in Selbsttötungsabsicht dutzende (angeblicher) Antidepressiva schluckte, dann zusammenbrach und auf die Intensivstation kam, wo sich seine Tabletten als Placebos entpuppten.

Wer's glaubt, wird krank

Wenn zwischen einer belastenden Diagnose und einem ausführlichen Arztgespräch viel Zeit verstreicht, kann das dem Patienten schaden. Er macht sich zu viele pessimistische Gedanken. Und wenn der Apotheker seiner Kundin verkündet, er müsse leider ein billigeres Generikum abgeben, sinkt das Vertrauen der Patientin in das Medikament – obwohl beide Präparate einen identischen Wirkstoff enthalten.

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