Nachdem derStandard.at ja hauptsächlich Männer im Forum hat und unter denen hauptsächlich solche, die sich zwar als links sehen, aber mit Gleichberechtigung nur was anfangen können, so lange diese ja nicht Frauen meint, hat sich die Zeitung offenbar genötigt gesehen, mal einen Kommentar zu bringen, der voll auf Forum Linie war. Geschrieben hat ihn ein Philosoph namens Schildhammer und wow war das Geschreibsel daneben:
Belogen wird er vom Feminismus! Und überhaupt, die Frauen sind mal wieder ganz alleine selber schuld. Sich tatsächlich mal mit Zahlen, Fakten und Hintergründen auseinandersetzen, war dem echauffierten Herren offenbar zu viel verlangt. Hier also warum Herr Schildhammer nicht „vom Feminismus belogen wird“ jedenfalls nicht so wie er glaubt.
Beginnen wir mit seiner lückenhaften Historie der Gleichstellung, die 1971 abrupt mit der Fristenlösung endet. Da war schon einiges danach: Ohne Zustimmung des Mannes arbeiten dürfen Frauen erst seit 1975. Erst 1978 wurde die sogenannte „väterliche Gewalt“ abgeschafft und erst seit 1989 ist Vergewaltigung in der Ehe in Österreich strafbar.
Schenk uns bitte ein Like auf Facebook! #meinungsfreiheit #pressefreiheit
Danke!
Das mit der Zulassung zu den Universitäten war tatsächlich sehr „peu a peu“ und mit der Zulassung zum allgemeinen Studium war es noch lange nicht getan. Bis ins 21. Jahrhundert verweigern einzelne Urgesteine unter den Professoren die Anstellung von Wissenschaftlerinnen an ihren Instituten. Die Zeiten ändern sich, ja, aber von heute auf morgen tun sie es nicht. Angesichts der tagtäglichen Ungleichbehandlungen, die Frauen erleben, finde ich es also verfrüht, ihre Natur zu bemühen oder zu behaupten, sie „wollten“ das „bewusst und freiwillig“ so.
Ungleiche Machtverteilung bedeutet nicht Ungerechtigkeit, erklärt mir der Herr Schildhammer. Aha. Mich würde sehr interessieren, ob er das beispielsweise bei Verteilungsunterschieden zwischen Volkgruppen auch so sieht. Pay Gaps gibt es nicht nur zwischen Frauen und Männern. Denkt der Herr Schildhammer auch „Schwarze ticken einfach anders“? Oder kommt er sich dann doch selber blöd vor, wenn er sowas verbreitet?
Studienwahl
Das erste Argument, das er dafür ins Feld führt, ist die Präferenz von Frauen für eher schlecht entlohnte Studien. Dieses Faktum ist aber nicht die alleinige Ursache für den Gender Pay Gap. Wenn man die Statistiken tatsächlich lesen würde, anstatt sie nur verzweifelt abzuleugnen, würde man sehen, dass der Pay Gap nach Branchen sortiert keineswegs verschwindet. Berufswahl alleine ist es also nicht.
Den Gedanken, dass Frauen vom Patriarchat in ihrer Berufswahl beeinflusst werden findet Herr Schildhammer absurd. Ich finde es eher absurd abzustreiten, dass die soziale Prägung Auswirkungen auf die Berufswahl hat. Es wiederspricht allen Erkenntnissen der Psychologie so etwas zu behaupten. Unzählige wissenschaftliche Publikationen beschäftigen sich mit den Auswirkungen von Vorurteilen auf den Menschen. Ich empfehle das Studium der Fachliteratur (etwa die Forschung von Prof. Cordelia Fine zu dem Thema), anstatt „einfach glauben“.
Vielleicht fällt ihm dann auch mehr ein als, dass Frauen wohl einfach „anders ticken“ (Klartext: wohl ein bisschen dumm sind).
Heim an den Herd loben
Mit alten Apartheitsgedanken werden Frauen schon lange heim an den Herd gelobt. „Ehrlicher und klüger“ seien sie, weil sie sich dann eh für Kinder und ein „erfülltes Leben“ entscheiden anstatt für „Konkurrenz und Machtspiele“. Wie schön, dass Herr Schildhammer uns offenbar kollektiv für das bessere Geschlecht hält.
Tatsache ist, Familienarbeit wird derzeit nicht gerecht aufgeteilt und das nicht auf „Wunsch“ der Frauen. Die unbezahlte Familienarbeit ist auch der einzige Aspekt, wo der frühe Feminismus die Männer tatsächlich belogen hat. Frauen sind nicht in der Lage Beruf und Kinder gleichzeitig alleine zu stemmen und auch der Staat kann die Kinderbetreuung nicht alleine übernehmen. Wenn auch den Männern an ihrer Fortpflanzung gelegen ist, werden auch sie sich im gleichem Maße wie Frauen an dieser unbezahlten Arbeit beteiligen müssen. Rein theoretisch müsste das den Herrn Schildhammer ja freuen, denn dann kann er endlich mal sein ach so „unerfülltes Berufsleben voller Konkurrenz und Machtspiele“ an den Nagel hängen.
Ja, Frauen können sich für besser bezahlte Berufe und für Männer mit ein wenig Gerechtigkeitssinn entscheiden - das tun sie auch zunehmend. In Ländern, in denen mehr Chancengleichheit herrscht, wird auch der Gender Pay Gap kleiner (z.B. Island). Ticken also nur die Österreicherinnen anders? Oder haben wir einfach nur noch keine echte gesellschaftliche Gleichbehandlung erreicht?
Zu guter Letzt die echten und angeblichen Benachteiligungen für Männer: Das Pensionsalter wird erst bis 2030 angeglichen, weil man sich vor noch mehr Platzmangel am Arbeitsmarkt fürchtet. Gerade gebildeten Frauen gehen dadurch oft die besten Jahre für ihre Pension ab. Toller Vorteil! Die Wehrpflicht ist tatsächlich ein waschechter Nachteil für Männer (Frauen haben übrigens bei der Befragung 2013 mehrheitlich für ein Berufsheer gestimmt), allerdings fragt man sich warum Männerrechtler sich nie dagegen einsetzen. Aber nein, die sind ja voll damit beschäftigt Backlash gegen den Feminismus zu machen. Eigenverantwortung, wozu denn? Das sollen bitte die Feministinnen machen.
Solange hanebüchene Vorurteile, wie die, die Herr Schildhammer verbreitet, so viel Zuspruch finden, wie sie das im Standard Forum getan haben, so lange braucht sich der Feminismus wahrlich keine Aufgaben erfinden. Er hat genug zu tun.